Baufi24-Geschäftsführer Oliver Kohnen: „Nicht selten entstanden regelrechte Bieterverfahren“ © Baufi24
  • Von Andreas Harms
  • 23.04.2024 um 11:44
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Während vor allem die Anlegerwelt sinkende Zinsen kaum erwarten kann, scheinen sich Baufinanzierer in dem aktuellen Umfeld recht wohlzufühlen. Wie der Geschäftsführer von Baufi24, Oliver Kohnen, im Interview erklärt, hat sich der Markt abgekühlt, und die Preise sind stabil. Vor allem Käufer haben jetzt im Vergleich zum Niedrigzinsniveau einen dicken Vorteil.

Pfefferminzia: Die Zinswende vor zwei Jahren hat das Geschäft mit Immobilienkrediten stark einbrechen lassen. Wie läuft es heute?

Oliver Kohnen: Es läuft wieder stark an.

Das verwundert, weil doch die Zinsen bei weitem nicht mehr da sind, wo sie mal waren.

Kohnen: Das stimmt. Wir kommen aber von einem Niveau im vergangenen Jahr, das deutlich über 4 Prozent lag. Die Medien waren in der Zeit voll mit Nachrichten, die die Menschen bewegten: hohe Inflation, Neubauaktivität gleich null, viele Sorgen und Ängste wegen der geopolitischen Entwicklung. Außerdem hatten wir davor ein Zinsniveau, das mit Zinsen bei etwa einem Prozent und hohen Immobilienpreisen einfach nicht gesund war. Heute hat sich der Markt abgekühlt, die Preise haben sich stabilisiert.

Und deshalb läuft er wieder?

Kohnen: Ja, dieses ganze Umfeld aus wieder stabilen Preisen, bei etwa 3 Prozent eingependelten Zinsen, stark gefallener Inflation und in den vergangenen Monaten gestiegenen Löhnen führt dazu, dass die Nachfrage am Markt wieder da ist.

Ist das ein bundesweiter Trend oder eher regional?

Kohnen: In den Metropolen ist sicherlich noch Luft in den Preisen. Es kann also dort noch ein Stück tiefer gehen. Aber deutschlandweit betrachtet gibt keine besonders auffälligen Regionen.

Ist die Nachfrage mit der Zeit vor der Zinswende schon wieder vergleichbar?

Kohnen: Nein, das nicht. Die war aber auch ungesund. Im Vergleich zu vor einem Jahr ist die Kreditnachfrage bei uns um etwa 30 Prozent gestiegen. Damit meine ich Anträge von Kunden, um eine Immobilie zu finanzieren. Das ist schon beachtlich. Wir befinden uns jetzt in einem wirklich gesunden Markt.

„Zinsen bei einem Prozent waren nicht gesund“

Warum verlangt dann alle Welt wieder nach sinkenden Zinsen?

Kohnen: Schwer zu sagen. Wir warten erst einmal ab, was dieses Jahr noch bringt. Ich kann einfach nur sagen, dass Zinsen bei einem Prozent nicht gesund waren. Aber auch Sätze von über 4 Prozent im vergangenen Jahr waren nicht ganz in Ordnung.

Hat sich das Kreditgeschäft in irgendeiner Form verändert?

Kohnen: Ja, das hat es. Als der Zinssatz bei einem Prozent lag, verlangten Banken höhere Tilgungssätze (Anm. d. Red.: Die Formel dafür erklären wir hier). Damit wollten sie Kreditlaufzeiten und ihre eigenen Risiken im Griff behalten. Sie erhöhten die Sätze also auf 2 oder 3 Prozent. Heute sehen wir auch in dieser Hinsicht wieder eine Balance. Manche Banken lassen schon wieder Tilgungssätze von einem Prozent zu. Damit bekommen Käufer wieder Spielraum bei der Ratenhöhe. Durch den niedrigen Tilgungsanteil, aber auch gesunkene Inflation und gestiegene Löhne wird die ganze Sache wieder machbarer. Und Machbarkeit und Leistbarkeit sind immer ein Thema.

Hatten die Banken die Tilgung nicht auch erhöht, um die Kunden zu schützen? Schließlich waren die niedrigen Zinsen ziemlich verführerisch.

Kohnen: Das stimmt, die Raten sollten damit ein bestimmtes Mindestniveau erreichen. Ein Prozent Zins und ein Prozent Tilgung hat einfach niemand gemacht. Damit hätte sich wirklich jeder hoch verschulden können. Insofern war das tatsächlich eine Art Verbraucherschutz. Aber auch so hatten die niedrigen Zinsen dazu geführt, dass die Leute gefühlt blind Immobilien gekauft hatten. Für Makler war das natürlich eine tolle Situation, wenn auf eine Immobilie 30 oder 50 mögliche Käufer kamen. Nicht selten entstanden regelrechte Bieterverfahren mit am Ende völlig unrealistischen Preisen. Aber die Menschen konnten sie wegen der Zinsen bezahlen. Das ist heute alles durch.

„Kunden können sich ein Objekt ohne Stress genau anschauen“

Die erwähnte Balance?

Kohnen: Genau. Wir haben eine Vielzahl an Immobilien am Markt. Kunden haben nicht mehr diesen Druck, sondern können sich ein Objekt ohne Stress genau anschauen und auf Herz und Nieren prüfen. Sie können Sachverständige und Energieberater hinzuziehen, das ist alles kein Problem mehr. Und die Makler können nicht mehr jeden Preis durchsetzen. Das ist gut so. Außerdem spielt die Energieeffizienzklasse neuerdings eine große Rolle.

Wegen der Energiepreise?

Kohnen: Und wegen des Heizungsgesetzes. Je schlechter die Energieeffizienz ist, desto mehr Verhandlungsspielraum hat man heute als Käufer. Desto günstiger kann man die Immobilie bekommen.

Desto höhere Kosten kommen aber hinterher.

Kohnen: Die Modernisierungskosten liegen in der Tat deutlich höher.

„A+ oder A ist einfach teuer zu bauen“

Wie groß sind denn die Unterschiede zwischen gut isoliert und energetisch durchlässig?

Kohnen: Da können schon mal Diskrepanzen bis zu 25 Prozent auftauchen. Das ist auch ganz logisch. Denn ein A+-Haus liegt von den Baukosten her deutlich höher als eines mit Siebzigerjahre-Standard wie zum Beispiel Doppelverglasung und Ölheizung. Damit sehen wir eine ziemlich große Diskrepanz im Markt, die übrigens auch dazu führt, dass die Neubautätigkeit derzeit so schwach ist. A+ oder A ist einfach teuer zu bauen.

Energie, Energie, Energie statt Lage, Lage, Lage?

Kohnen: Durchaus. Das Thema Lage bezog sich früher vor allem auf Ballungszentren. Heute ist die City aber gar nicht mehr so wichtig. Wegen Corona sind die Menschen verstärkt aufs Land gezogen. Dort konnten sie sich Häuser noch leisten und bekamen sogar noch einen Garten dazu. Und der zeigte seine Vorzüge vor allem im Lockdown. Verkehrsanbindung und das direkte Umfeld mit Einkaufsmöglichkeiten, Schulen, Ärzten und Kindergärten sind heute zwar wichtig. Aber es muss eben lange nicht mehr die City sein, es reicht eine gute Verbindung dorthin.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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