Ein Kampfjet als Deko unter der Decke bei der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung in Berlin. © picture alliance / Geisler-Fotopress | Bernd Elmenthaler/Geisler-Fotopr
  • Von Jens Lehmann
  • 13.08.2024 um 09:39
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Investitionen in Rüstung sind für einige Fondsgesellschaften tabu. Doch wie steht es um Aktien von Unternehmen, deren zivile Produkte auch militärisch genutzt werden, also sogenannte Dual-Use-Güter? Sind solche Investments tolerierbar? Wo verläuft die Grenze? Hier sind Praxisbeispiele.

Spätestens seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ist der Umgang mit so genannten Dual-Use-Gütern in den Fokus der deutschen Öffentlichkeit gerückt. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat den Export aller zivilen Produkte nach Russland verboten, die auch militärisch eingesetzt werden könnten. Auch bei Fondsanlagen stellen sich Aktionäre immer häufiger die Frage, ob sie mit ihrem Geld indirekt Kriege oder autokratische Regime unterstützen.  

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Einige Fondsgesellschaften schließen Investments in Unternehmen aus, die Militärgüter wie Munition, Waffen oder wichtige Komponenten dafür herstellen. Bei vielen anderen Produkten lässt sich die Trennlinie zwischen ziviler und militärischer Nutzung jedoch nicht so eindeutig ziehen. Dazu zählen auch Güter aus hochinnovativen Bereichen, wie Künstlicher Intelligenz (KI), Software, Cyber Security oder Halbleitertechnologie. Einerseits spielen sie häufig eine wichtige Rolle beim ökologischen Umbau unseres Energiesystems oder des Verkehrssektors. Andererseits sind sie auch fürs Militär unverzichtbar.  

Kommen deshalb Unternehmen, die solche Dual-Use-Produkte herstellen, für Investments nachhaltiger Fondsgesellschaften nicht infrage? „Wir haben hier eine klare Grenze gezogen“, sagt Mathias Pianowski, Head of Sustainability Research beim nachhaltigen Investor Ökoworld. „Wir investieren in Unternehmen mit ökologisch und gesellschaftlich verträglichen Geschäftsmodellen und damit in Produkte mit zivilen Zwecken. Militärtechnologie ist tabu. Wir müssen zuweilen allerdings akzeptieren, dass einige meist technische zivile Produkte in geringem Umfang auch im militärischen Bereich genutzt werden, obwohl sie dafür nicht konzipiert wurden. Dagegen verbietet sich ein Investment in ein Unternehmen, das Güter gezielt für militärische Anwendungen entwickelt hat. Da ist der Umsatzanteil auch egal. Eine feine, aber wichtige Unterscheidung.“ 

Dual Use: Grünes Licht für Investitionen

An zwei Praxisbeispielen wird deutlich, wo die Grenze für nachhaltige Investments verläuft. Im Fall eines deutschen Brennstoffzellenherstellers hat sich die Ökoworld gegen ein Investment entschieden, obwohl Brennstoffzellen grundsätzlich als klimafreundlich gelten, weil sie dazu beitragen, Treibhausgase zu reduzieren. Der Grund für das Ökoworld-Nein ist eine Produktlinie, die das Unternehmen speziell für den militärischen Einsatz entwickelt hat: eine brennstoffzellenbasierte Energieversorgung für Soldaten im Hightech-Kampfeinsatz. Kein ziviles Produkt, kein Dual Use – und folglich kein Investment.  

Anders liegt der Fall bei Cargotec. Das finnische Unternehmen stellt Kransysteme für den Umschlag von Schwerlastgütern auf der Schiene her. Wie die Brennstoffzelle ist auch dieses Produkt grundsätzlich eine gute Sache. Denn der Gütertransport mit der Bahn verursacht im Vergleich zur Beförderung auf der Straße nur etwa ein Zehntel der CO2-Emissionen.

Der Haken: Ein kleiner Teil der Cargotec-Kräne kann auch für das Verladen von Panzern eingesetzt werden. „Ein klassischer Fall von Dual Use – das bedeutet grünes Licht für eine Investition“, wertet der Ökoworld-Experte. „Denn Cargotec stellt im Grundsatz Kräne für die zivile Nutzung her, die lediglich für andere Anwendungen wie den Umschlag von Kriegsgerät modifiziert werden können. Wir schließen ja auch keine Schienentransportunternehmen aus, obwohl auch Kriegsgerät damit transportiert werden kann.“  

Schmaler Grat für Investoren

Die Praxisbeispiele zeigen, wie schmal der Grat zwischen Dual-Use-Gütern und rein für militärische Zwecke designte Produkte ist. Für eine fundierte Beurteilung benötigen Investoren viele Detailinformationen. Die liefern beispielsweise auch externe Dienstleister. Bei der Ökoworld checkt aber hauptsächlich ein zehnköpfiges Inhouse-Team, wie nachhaltig ein Unternehmen arbeitet und wie die Lieferketten aussehen. Pianowski: „Die Beurteilung bleibt immer bei uns. Wir steigen sehr tief ins Unternehmen ein, nutzen alle Engagement-Möglichkeiten, stellen Anfragen und klären Kontroversen im Dialog mit dem Management.“ 

All dies hat zum Ziel, Unternehmen und seine Produkte genau zu verstehen, Risiken und mögliche Verletzungen von Ausschlusskriterien zu identifizieren. Oder den Weg freizumachen für ein sauberes Investment in innovative Unternehmen, die in den dynamisch wachsenden Zukunftsbranchen wie KI oder Software erfolgreich sind. Pianowski: „Enorm viel Arbeit ist das. Aber schließlich geht es für die Ökoworld darum, im Interesse der Anlegerinnen und Anleger Chancen zu nutzen. Mit Investitionen in nachhaltige Geschäftsmodellen wirtschaften wir ökologisch klug und verdienen Geld. Beides muss also stimmen – Öko und Rendite!“ 

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Jens Lehmann

Jens Lehmann ist diplomierter Publizist und Betriebswirt und arbeitet als freier Journalist und Autor in Hamburg. Er ist thematisch auf Wirtschafts-, Finanz- und Mobilitätsthemen spezialisiert. Seine Beiträge erscheinen in Publikationen großer Zeitungsverlage, Unternehmensveröffentlichungen sowie bei Pfefferminzia.

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