Eine Familie, die ein Selfie schießt: Die gesetzliche Erbfolge kann undurchsichtig sein. © Freepik
  • Von Sabine Groth
  • 14.08.2024 um 09:50
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Die Ehefrau kann nach dem Tod ihres Gatten nicht im geliebten Eigenheim bleiben, weil sie die Schwägerin auszahlen muss? Die gesetzliche Erbfolge kann ihre Tücken haben. Diese sollte man kennen. Meist ist ein Testament die beste Lösung.

Über den Tod sprechen die meisten nicht gern. In der Ruhestandsplanung ist das Thema aber ein Muss. Dabei geht es zum einen um die Absicherung von Hinterbliebenen, beispielsweise Ehepartnern. Gerade wenn größere Vermögen vorhanden sind, geht es aber auch um die möglichst (steuer-)optimale Übertragung des Vermögens an die Erben. Dazu muss zunächst einmal sichergestellt sein, dass im Todesfall das Kapital an die Personen fließt, die es bekommen sollen.

Wenn kein Testament oder Erbvertrag vorliegt, gilt in Deutschland die gesetzliche Erbfolge. Sie legt fest, welche Nachkommen und Verwandten in welcher Reihenfolge erben. Da Ehepartner eine gesonderte Stellung einnehmen, kann es in manchen Fällen zu ungewollten Überraschungen kommen. Vor allem kinderlose Ehepaare sind sich oft nicht bewusst, dass sie mögliche Miterben haben. 

Das Gut rinnt wie das Blut 

Im deutschen Erbrecht werden die Nachkommen in mehrere Gruppen eingeteilt. Zu den Erben erster Ordnung zählen die direkten Nachkommen der Verstorbenen, also der Erblasser. Das sind die Kinder und deren Nachkommen (Enkel, Urenkel der Erblasser). Innerhalb einer Ordnung gilt „alt vor jung“. Beispiel: Eine verwitwete Mutter stirbt und hinterlässt einen Sohn und eine Tochter. Beide erben zu gleichen Teilen, die Enkel erben nichts. Wäre die Tochter jedoch bereits verstorben, ginge ihr Erbteil an ihre Kinder, also an die Enkel der Erblasserin. 

Erst wenn keiner aus der ersten Ordnung mehr am Leben ist oder es überhaupt keine Kinder gibt, kommen die Erben der zweiten Ordnung ins Spiel. Das sind die Eltern und deren Nachkommen (Geschwister, Nichten und Neffen der Erblasser). Findet sich auch hier niemand, kommt die dritte Ordnung zum Zuge: die Großeltern und ihre Abkömmlinge (Tanten und Onkel, Cousins und Cousinen des Erblassers). 

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Die Sonderstellung von Ehepartnern

Eine Sonderrolle in der gesetzlichen Erbfolge nehmen Ehepartner ein. Haben sie ohne Ehevertrag in einer Zugewinngemeinschaft gelebt, teilen sie sich die Hinterlassenschaft mit den Erben erster Ordnung. Beispiel: Stirbt die Ehefrau, gehen 50 Prozent an den Ehemann (25 Prozent Erbe plus 25 Prozent pauschaler Zugewinnausgleich) und 50 Prozent zu gleichen Teilen an die Kinder – dazu zählen alle leiblichen Kinder der Verstorbenen, auch die aus früheren Beziehungen. Alle zusammen bilden eine Erbengemeinschaft. Das ist relativ unproblematisch, soweit die Verstorbene leicht teilbares Geldvermögen hinterlassen hat. Bei Immobilien kann es schon schwieriger werden.  

Das gilt bei auch kinderlosen Ehepaaren. Denn hier erhalten die Ehepartner nicht, wie viele irrtümlich annehmen, automatisch die gesamte Hinterlassenschaft. Stattdessen erbt der überlebende Ehepartner neben den Erben zweiter Ordnung. Beispiel: Stirbt der Ehemann, bekommt die Ehefrau 3/4. 1/4 muss sie den Schwiegereltern überlassen beziehungsweise den Geschwistern oder Nichten und Neffen ihres verstorbenen Mannes. Gibt es die alle nicht, kommen auch noch die Großeltern des Verstorbenen als Miterben infrage. Die dürften in den meisten Fällen allerdings schon verstorben sein. Alleinerbin wird die überlebende Ehegattin nur, wenn weder Verwandte erster oder zweiter Ordnung noch Großeltern vorhanden sind (Paragraf 1931, BGB).

Selbstbestimmung per Testament

Die gesetzliche Erbfolge ist für viele nicht die gewünschte Lösung. Das gilt nicht nur für Ehegatten, sondern noch viel mehr für unverheiratete Paare oder Alleinstehende. Sie lässt sich allerdings leicht mit einem Testament aushebeln. Jeder kann dann völlig frei entscheiden, wie er sein Erbe verteilen möchte, nur Pflichtanteile (berechtigt sind Abkömmlinge, Ehegatte und Eltern – NICHT Geschwister) müssen berücksichtigt werden. So können beispielsweise auch Enkel und Urenkel direkt bedacht werden, aber auch Freunde oder Organisationen. Durch die breitere Verteilung auf mehrere Erben können eventuell Freibeträge für die Erbschaftsteuer besser genutzt werden. Ein Testament ist in vielen Fällen dringend empfehlenswert und sollte Teil einer guten Ruhestandsplanung sein – auch wenn es das Tabu-Thema Tod betrifft. 

Die weiteren Beiträge der Artikelserie zum Thema „Ruhestandplanung“ finden Sie hier:

Teil 1 – Kann künstliche Intelligenz Ruhestandsplanung?

Teil 2 – Von Anfang an auf Flexibilität achten

Teil 3 – Auf den Zins kommt es an

Teil 4 Wenn die Risikotoleranz nicht zum Anlageziel passt

Teil 5 – Welche Kosten auf die Rendite drücken

Teil 6 – Arbeitskraft ist Basis für Altersvorsorge

Teil 7-  Wie Arbeitskraft abgesichert werden kann

Teil 8 – Inflation: amtlich, individuell oder lieber gefühlt

Teil 9  Fondspolicen bereichern den Vorsorge-Mix

Teil 10 – Wann geht es in Rente? Mit 63, 67 oder erst mit 70 Jahren?

Teil 11 – Wie viel Mehrwert ein flexibles Ablaufmanagement bringt

Teil 12 – Flexibles Ablaufmanagement – in doppelter Hinsicht

Teil 13 – Wie sich das Monatseinkommen im Alter aufstocken lässt

Teil 14 – Verrentung versus Auszahlplan

Teil 15  Wie sich Auszahlpläne in der Vergangenheit entwickelt hätten

Teil 16 – Wenn sich die geschlossene Rentenlücke wieder öffnet

Teil 17 – Wie Verrentung und Flexibilität zusammenpassen

Teil 18 –  Unsicherheitsfaktor Lebenserwartung

autorAutorin
Sabine

Sabine Groth

Sabine Groth schreibt seit über 20 Jahren schwerpunktmäßig über Geldanlage sowie weitere Finanz- und Wirtschaftsthemen, seit 2009 als freie Journalistin. Zu ihren Auftraggebern zählen vor allem Fachmagazine und -portale.

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