Für Menschen, die eine psychische Erkrankung hinter sich haben, kann eine Aktion mit vereinfachten Gesundheitsfragen in der Berufsunfähigkeitsversicherung eine gute Sache sein. © Freepik
  • Von Jens Lehmann
  • 15.08.2024 um 16:25
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Eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit abgespeckten Gesundheitsfragen für bestimmte Zielgruppen: Mit immer neuen Aktionen mischen Versicherer den BU-Markt kräftig auf. Vermittler und Kunden können von dem Trend profi­tieren – wenn sie es richtig angehen.

Mit immer neuen Sonderaktionen bauen Versicherer ihre Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) immer weiter aus. Ziel der Angebote: Sie sollen den Zugang zum BU-Schutz durch vereinfachte Gesundheitsfragen erleichtern. Vor der Aufnahme in die Versicherung müssen Kunden meist nur wenige Fragen zu ihrer Krankengeschichte beantworten, und auch die Abfragezeiträume sind auf drei bis maximal fünf Jahre verkürzt. Manche Versicherer verzichten gar auf Fragen nach Auslandsaufenthalten oder riskanten Hobbys.

Für Kunden klingt das super. Doch profitiert nicht jeder, der BU-Schutz benötigt, von solchen Aktionen. Denn sie gelten jeweils nur für ausgewählte Berufs- und Altersgruppen. Versicherer haben neben jüngerer Kundschaft vor allem Akademiker, Beschäftigte aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT-Berufe), Selbstständige, aber auch Schülerinnen und Schüler sowie Studierende im Blick.

„Im Fokus der Aktionen stehen attraktive Zielgruppen, die jeder im Kundenbestand haben möchte“, sagt der Regensburger Versicherungsmakler und BU-Spezialist Tobias Bierl. Mit regelmäßigen BU-Aktionen tauchten die Versicherer zudem stetig auf dem Radar von Vermittlern und potenziellen Kunden auf. „Es geht immer auch um Marktpräsenz – und das Neugeschäft.“

Maßgeschneiderte Lösungen gefragt

Dem widersprechen auch die Versicherer nicht. Doch sei die immer stärkere Ausdifferenzierung des BU-Marktes auch eine Reaktion der Branche auf die immer komplexer werdende Arbeitswelt, argumentiert Jennifer Suttrup von der LV 1871. „Darum brauchen wir maßgeschneiderte Lösungen für die Absicherung bestimmter Zielgruppen“, so die Biometrie-Expertin.

Die LV 1871 hat beispielsweise BU-Konzepte speziell für Schülerinnen und Schüler, Beschäftigte in MINT-Berufen oder Handwerker im Portfolio. „Schüler sichern sich mit dem frühzeitigen Abschluss eine günstige Risikobewertung und maximale Flexibilität, wie beispielsweise die Zukunftsgarantie für künftige Anpassungen und Erweiterungen.“ Bei MINT-Berufen lasse sich die BU durch die Karrieregarantie flexibel an Gehaltssprünge anpassen, so die BU-Spezialistin. Auch Handwerker sowie industrielle Fachkräfte profitierten von passgenauem Versicherungsschutz.

Keine „Aktionen“

Auch der HDI bietet für eine ganze Reihe von Zielgruppen Berufsunfähigkeitsversicherungen mit vereinfachter Gesundheitsprüfung an. Das Versicherungsunternehmen möchte seine ausdifferenzierten BU-Konzepte jedoch nicht als „Aktionen“ verstanden wissen: „Innerhalb unserer Zielgruppenkonzepte arbeiten wir teilweise mit vereinfachten Gesundheitsprüfungen. Diese sind jedoch als kalkulierter Bestandteil des Tarifs grundsätzlich zeitlich unbefristet und daher nicht mit klassischen BU-Aktionen gleichzusetzen“, erklärt eine HDI-Sprecherin.

Der BU-Markt differenziert sich auf jeden Fall immer weiter aus und hält eine Vielzahl von Versicherungsangeboten mit schneller und einfacher Zugangsmöglichkeit bereit. „Das ist durchaus eine Chance für Makler, ihre Kundinnen und Kunden unkompliziert mit einem BU-Schutz zu versorgen“, sagt Experte Bierl. Doch ganz so einfach sei es dann doch nicht.

Denn der Teufel von Aktionen steckt im Detail. Zwar bietet eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit vereinfachter Gesundheitsprüfung in der Regel einen guten Basisschutz, und zwar zu den Kosten einer „normalen“ BU. Kunden müssen wegen der sehr schlank gehaltenen Fragen zum körperlichen und seelischen Befinden keinen höheren Beitrag als üblich zahlen. Doch die monatliche Berufsunfähigkeitsrente liegt bei Aktionen im Regelfall je nach Versicherer nur zwischen 1.000 und 2.000 Euro.

„Das reicht im Normalfall nicht aus, um die notwendigen 60 Prozent des Bruttogehalts abzusichern“, so Bierl. Kunden aus den unter Versicherern begehrten Berufsgruppen, wie zum Beispiel aus dem Bereich Medizin, könnten das „Deckel-Problem“ allerdings lösen, indem sie einfach zwei BU-Verträge abschließen – doppelte Versicherungspower gegen Berufsunfähigkeit.

Seite 2: „Keine Freifahrtscheine für Halbtote“

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Jens Lehmann

Jens Lehmann ist diplomierter Publizist und Betriebswirt und arbeitet als freier Journalist und Autor in Hamburg. Er ist thematisch auf Wirtschafts-, Finanz- und Mobilitätsthemen spezialisiert. Seine Beiträge erscheinen in Publikationen großer Zeitungsverlage, Unternehmensveröffentlichungen sowie bei Pfefferminzia.

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