Wie mächtig sind Berater und Beiräte bei Anlageentscheidungen? © Freepik
  • Von Jens Lehmann
  • 17.09.2024 um 10:19
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Anlageausschüsse und Beiräte können eine zentrale Rolle bei der Gestaltung nachhaltiger Investmentfonds spielen. Wie groß ist ihr Einfluss auf die Auswahl von Unternehmen für die Anlageuniversen, wie setzen sie sich zusammen – und welche Vorteile bringen sie den Fondsgesellschaften? Ein Überblick.

Investmentfonds sind zwar gesetzlich nicht verpflichtet, Anlageausschüsse oder Beiräte für Nachhaltigkeit einzurichten. In der Praxis lassen sich aber vor allem strenge Fonds bei der Auswahl ihrer potenziellen Investments beraten. Einige dieser institutionellen Investoren beziehen sie auch in Entscheidungen über ihre Anlagestrategie oder die konkrete Zusammensetzung des Fondsportfolios ein.  

Der Ausschuss entscheidet

Häufig haben Anlageausschüsse keine echte Entscheidungskompetenz, sondern nur beratende Funktion. Anders bei der Ökoworld: „Unser Anlageausschuss ist ein echtes Entscheidungsgremium“, sagt Mathias Pianowski, Head of Sustainability Research. „Der Ausschuss entscheidet unabhängig und frei nach ethisch-ökologischen Grundsätzen über die Zusammensetzung unseres Fonds-Portfolios.“ 

Basis für Diskussionen und Entscheidungen des Ausschusses sind Vorschläge des zehnköpfigen Ökoworld-Research-Teams. Es arbeitet tiefgehende, fachlich fundierte und sehr aussagekräftige Bewertungs-Dossiers über Unternehmen aus, die aus seiner Sicht für ein nachhaltiges Investment infrage kommen und leitet sie zur Diskussion und Entscheidung an den Ausschuss weiter. Das mit externen Fachleuten besetzte Gremium setzt sich daraufhin intensiv mit jedem einzelnen Vorschlag auseinander.

Manchmal trifft es eine schnelle Entscheidung, in anderen Fällen „geht es richtig zur Sache. Da wird diskutiert und abgewogen, bis sich ein belastbares Ergebnis herauskristallisiert“, so Pianowski. Besonderheit: „Wir stellen keine Entscheidung des Gremiums infrage. Alle Entscheidungen über Aufnahmen oder Nichtaufnahmen neuer Unternehmen sowie Bestätigungen oder Ausschlüssen uns bereits bekannter Unternehmen müssen von den Kollegen im Portfoliomanagement umgesetzt werden.“ 

Kein Rederecht

Während der Ausschusssitzungen – angesetzt sind jährlich drei jeweils dreitägige Konferenzen – sind Vertreter vom Research anwesend. Doch haben sie kein Rede- und schon gar kein Stimmrecht und kommen nur auf konkrete Verständnis-Nachfragen der Ausschussmitglieder zu Wort. Pro Jahr durchlaufen etwa 180 Unternehmen das Auswahlverfahren des Gremiums. Mindestens alle drei Jahre kommt auch jedes Unternehmen aus dem Portfolio erneut auf den Prüfstand. Eine regulatorische Überprüfung wird davon unabhängig zwar weit regelmäßiger vorgenommen, aber die Arbeit des Anlageausschuss ist die weit strengere Kür, mit der sich die Ökoworld differenziert.

Aktuell besteht der Ausschuss aus zehn externen Expertinnen und Experten von Umwelt-, Menschenrechts- und Verbraucherschutzorganisationen sowie Fachleuten für ökologische und sozialverträgliche Wirtschaft. Die Expertengruppe organisiert sich selbst und entscheidet frei über ihre Zusammensetzung. Scheidet ein Mitglied aus, bestimmen die verbliebenen über die Nachfolge. Auch personelle Ergänzungen nimmt der Ausschuss selbst in die Hand. Sie sind wichtig, um das Gremium stets mit der nötigen Kompetenz auszustatten, beispielsweise mit Blick auf innovative Technologien und Themen. 

„Das Expertenwissen des Anlageausschusses ist extrem wertvoll für uns“, sagt Ökoworld-Vorstandsmitglied Torsten Müller. „Einerseits stärkt er unsere Glaubwürdigkeit, weil er ausschließlich mit Fachleuten besetzt ist, die außerhalb der Ökoworld stehen.“ Zusätzlich bringe er weitere Erfahrung aus den unterschiedlichsten Bereichen ins Unternehmen ein und schaffe gemeinsam mit dem Research-Team ein sehr solides Fundament für alle Investitionsentscheidungen. 

Diese Basis ist auch bei kurzfristig notwendigen Entscheidungen tragfähig. Nicht alle Beschlüsse können bis zur nächsten Ausschusssitzung warten. Aktueller Fall: Die Ausschussvorsitzenden haben kurzfristig über ein Unternehmen beraten, das einen Impfstoff gegen Mpox herstellt, besser bekannt als Affenpocken. In seiner nächsten regulären Sitzung wird der Ausschuss diese Entscheidung dann entweder bestätigen oder revidieren. „Das Verfahren stellt sicher, dass wir sogar tagesgenau auf aktuelle Entwicklungen reagieren können“, so Sustainability-Chef Pianowski. 

Beirat blickt in die Zukunft

Neben dem Ausschuss gibt es mit dem wissenschaftlichen Beirat für Themenfonds ein weiteres, mit externen Fachleuten besetztes Gremium bei der Ökoworld. Es bringt das Nachhaltigkeitsresearch dank seiner Detailkenntnis auf Augenhöhe mit zukunftsweisenden Technologien von Künstlicher Intelligenz bis hin zum Thema Wasserstoff. „Deshalb ist der Beirat absolut unverzichtbar für uns“, sagt Müller. Mit dem zusätzlichen Spezialwissen könne sich das Research-Team sehr viel tiefer und schneller in Unternehmen, Geschäftsmodelle, Produktionsverfahren und Lieferketten hineinarbeiten und am Ende die richtigen Unternehmen selektieren, um sie dem Anlageausschuss für ein Investment vorzuschlagen. 

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Jens Lehmann

Jens Lehmann ist diplomierter Publizist und Betriebswirt und arbeitet als freier Journalist und Autor in Hamburg. Er ist thematisch auf Wirtschafts-, Finanz- und Mobilitätsthemen spezialisiert. Seine Beiträge erscheinen in Publikationen großer Zeitungsverlage, Unternehmensveröffentlichungen sowie bei Pfefferminzia.

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