Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe urteilte in einem Verfahren der Verbraucherzentrale Hamburg gegen die Allianz Leben © picture alliance / Rupert Oberhäuser
  • Von Andreas Harms
  • 18.09.2024 um 17:39
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 02:05 Min

Die Allianz Leben bediente die Verträge ihres „Vorsorgekonzept Perspektive“ mit einheitlicher Gesamtverzinsung, trotz unterschiedlichem Garantiezins. Dagegen ging die Verbraucherzentrale Hamburg vor – und scheiterte nun vor dem Bundesgerichtshof. Doch sie bleibt bei ihrer Ansicht.

Die Allianz Leben darf die Überschüsse auf die Verträge ihrer Rentenversicherung „Vorsorgekonzept Perspektive“ weiter wie gehabt aufteilen. Der Bundesgerichtshof (BGH) beendete einen seit über sechs Jahren laufenden Rechtsstreit mit der Verbraucherzentrale Hamburg zugunsten des Versicherers (Aktenzeichen: IV ZR 436/22).

Was war geschehen? Die Allianz Leben teilte allen Verträgen eine einheitliche Gesamtverzinsung zu. Allerdings enthalten die älteren Verträge, in diesem Falle alle bis 2016 abgeschlossenen, einen höheren Garantiezins als die danach abgeschlossenen. Daraus folgt, dass die älteren Verträge einen niedrigeren Überschussanteil erhalten – denn die Summe der Erträge ist ja für alle gleich.

Daran störten sich die Verbraucherschützer aus Hamburg. Nach ihrer Ansicht verstößt diese Praxis gegen Paragraf 6 Absatz 1 Satz 1 der Mindestzuführungsverordnung (MindZV). Zumal weil die Überschüsse hauptsächlich aus den älteren Verträgen kommen, so der weitere Vorwurf.

Nachdem die Verbraucherzentrale Hamburg vor dem Landgericht Stuttgart (11 O 214/18) und dem Oberlandesgericht Stuttgart (2 U 117/20) scheiterte, zog sie vor den BGH – und verlor auch dort. Denn der IV. Zivilsenat entschied, dass die Verteilungspraxis sehr wohl zur MindZV passt. Man könne ihr nicht entnehmen, dass man vom Gesamtertrag erst die Garantiezinsen abziehen muss, um dann den Rest gleichmäßig zu verteilen.

So heißt es vom BGH: „Die von der Beklagten geübte Praxis, Tarifgenerationen mit unterschiedlichem Garantiezins eine einheitliche Gesamtverzinsung zuzuteilen, soweit diese nicht hinter dem Garantiezins zurückbleibt, ist dabei [mit dem Versicherungsaufsichtsgesetz und dem Versicherungsvertragsgesetz] vereinbar.“ Auch der aufsichtsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbiete sie nicht.

Doch es ging nicht nur darum. Auch einige Klauseln in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen, Produktinformationsblättern und Versicherungsinformationen wollten die Verbraucherschützer verbieten lassen. Zum Teil bekamen sie in den Vorinstanzen damit recht.

Insbesondere ging es um zwei Aspekte:

  • Die Abschluss- und Verwaltungskosten sollen über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren, jedoch nicht länger als bis zum Ende der vereinbarten Beitragszahlungsdauer verteilt werden
  • Bei Beitragsfreistellung und Kündigung greift ein sogenannter Stornoabzug
  • Der BGH befand jedoch beide Regelungen für gültig.

Bei der Allianz begrüßt man das Urteil und kommentiert: „Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe sieht die Allianz Lebensversicherung die zentrale Bedeutung und die Rechtssicherheit der privaten wie auch der betrieblichen Altersvorsorge in Deutschland eindeutig gestärkt.“

Und weiter lässt der Versicherer verlauten: „Die VZ HH hatte eine Vielzahl von Regelungen in den allgemeinen Versicherungsbedingungen und vorvertraglichen Informationen der Allianz Leben angegriffen. Der BGH hat die Rechtsauffassung der Allianz über die vorhergehenden Urteile des OLG Stuttgart und des Landgerichts Stuttgart hinaus bestätigt. Die von Allianz Leben verwendeten Versicherungsbedingungen und vorvertraglichen Informationen entsprechen weit überwiegend den gesetzlichen Vorgaben.“

In der Verbraucherzentrale Hamburg bleibt man bei der eigenen Ansicht. „Wir bedauern, dass wir den BGH nicht von unserer Rechtsauffassung überzeugen konnten. Immerhin ist nun geklärt, wie die Überschüsse verwendet werden dürfen. So ist es der Allianz leider weiterhin erlaubt, die älteren Verträge zu benachteiligen, indem diesen eine geringere Überschussbeteiligung zugeteilt wird als den jüngeren Verträgen. Auf diesem Wege werden die jüngeren Verträge künstlich aufgehübscht“, sagt Mitarbeiterin Sandra Klug.

Und sie befürchtet, dass das Urteil negative Konsequenzen erzeugt: „Wir befürchten, dass die begünstigte Überschussbeteiligung von jüngeren Verträgen Schule macht und Vertriebskräfte dies als absatzförderndes Argument nutzen. Dadurch wird eine kapitalbildende Versicherung aber immer noch nicht zu einem bedarfsgerechten Produkt.“

autorAutor
Andreas

Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

Pfefferminzia Logo rgb
Suche
Close this search box.
Zuletzt hinzugefügt
„Honorarberatung ist hochflexibel“
„Lass mal reden“ mit Honorarkonzept

„Honorarberatung ist hochflexibel“

„In fünf Jahren sterben Online-Abschlussstrecken aus“
„Lass mal reden“ mit Ralf Pispers, Personal Business Machine (PBM)

„In fünf Jahren sterben Online-Abschlussstrecken aus“

Skip to content