Oberlandesgericht Nürnberg: Urteil wegen erhöhter Beiträge in der privaten Krankenversicherung © picture alliance / Geisler-Fotopress | Christoph Hardt
  • Von Andreas Harms
  • 02.10.2024 um 17:58
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Ein Kunde will gegen die erhöhten Beiträge seines Krankenversicherers vorgehen. Dabei fährt ihm die Verjährung in die Parade. Einen Teil bekommt er allerdings nun doch zugesprochen.

Ein privater Krankenversicherer muss seinem Kunden Beiträge aus mehreren Jahren erstatten. Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg in einem aktuellen Urteil (Aktenzeichen: 8 U 329/24). Damit hob es die Entscheidung des Landgerichts Nürnberg-Fürth auf, das die Klage des Versicherungskunden noch abgewiesen hatte (8 O 8498/21).

Der Kläger ist seit 2011 Kunde bei dem Krankenversicherer. Der erhöhte den Beitrag seitdem mehrfach, und zwar 2012, 2013, 2020 und 2021. Die entsprechenden Schreiben gab es jeweils zwei Monate davor. Dagegen wollte der Kunden vorgehen und klagte darauf, dass er die gezahlten Aufschläge erstattet bekommt. Insgesamt belaufen sie sich auf 17.695,68 Euro.

Vor dem Landgericht scheiterte er damit noch. Das betrachtete die Aufschläge bis 2018 als verjährt und die folgenden Aufschläge als formell wirksam. Dagegen ging der Kunde in Berufung und hatte am OLG Nürnberg – zumindest teilweise – Erfolg. Denn das entschied, dass der Versicherer 4.283,04 Euro plus Zinsen zurückzahlt. Es waren Teile der Erhöhungen von 2012, 2013 und 2020. Den übrigen Teil der Berufung wiesen die Richter zurück.

Thema Verjährung

Klar ist: Sobald der Kunde das Schreiben über den steigenden Beitrag erhält, beginnt die Verjährungsfrist von drei Jahren zum Ende des Jahres, in dem er die Beiträge erstmalig zahlt. Damit wären Teile der Beitragserhöhungen tatsächlich zum Zeitpunkt der Klage (31. Dezember 2021) verjährt gewesen.

Doch dann das große Aber. Denn die Erhöhungen von 2012 und 2013 sind laut OLG formell nicht in Ordnung. „Die rudimentären Informationen lassen sowohl einen Hinweis auf die maßgebliche Rechnungsgrundlage als auch auf den Schwellenwertmechanismus vermissen“, heißt es dazu vom Gericht.

Auch in dem Schreiben aus dem November 2019 beging der Krankenversicherer einen Fehler. Zwar war das formell schon deutlich besser als die Schreiben in den Jahren davor. Informationen, Hintergründe und Verweise auf Gesetz und gestiegene Ausgaben waren bereits enthalten und sogar so geschrieben, dass sie „ein um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer mit der gebotenen Klarheit entnehmen“ konnte (O-Ton Gericht).

Hinweis auf Schwellenwertmechanismus fehlt

Doch trotzdem fehlte etwas, nämlich „ein unmissverständlicher Hinweis darauf, dass die Anpassung nur erfolgen darf, wenn die festgestellte Abweichung ein gesetzlich oder vertraglich vorgesehenes Ausmaß erreicht hat (sog. Schwellenwertmechanismus)“. Die Umschreibung, dass man die Beiträge anpassen müsse, wenn die Ausgaben für Leistungen „deutlich abweichen“, genügte dem Gericht nicht. Der nötige Schwellenwert, um den die Leistungen gestiegen sein müssen, muss in dem Schreiben auftauchen, um jeden Ermessensspielraum des Versicherers auszuschließen. Damit war die Begründung nicht klar und verständlich genug.

Den Fehler hatte der Versicherer im November 2021 übrigens nicht mehr begangen. In dem Schreiben hatte er alles sauber und schlüssig begründet, sodass die Erhöhung zu 2022 formell wirksam war. Weil die vorangegangenen Prämienerhöhungen in der neuen Prämie mit enthalten waren, hat der Kunde ab 2022 auch keinen Anspruch mehr darauf, etwas zurückzubekommen.

Da er die Klage Ende 2021 eingereicht hatte, war alles vor 2019 verjährt. Deshalb bekommt er die von Januar 2019 bis Ende 2021 zu viel gezahlten Prämien zurück, abzüglich zwischenzeitlich erhaltener Gutschriften. Macht unterm Strich die eingangs erwähnten 4.283,04 Euro plus Zinsen. Für eine mögliche Revision sehen die Richter aus Nürnberg keinen Grund.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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