Michael Hauer ist Geschäftsführer des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP). © IVFP
  • Von Oliver Lepold
  • 17.10.2024 um 09:14
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 02:40 Min

Michel Hauer, geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP), über die zunehmende Bedeutung der Basisrente und den Effekt der anstehenden gesetzlichen Eingriffe bei der staatlich geförderten Altersvorsorge.

Pfefferminzia: Wie hat sich der Absatz der Basisrente in den vergangenen Jahren verändert?

Michael Hauer: Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, kurz GDV, ist der Bestand bis Ende 2023 auf 2,7 Millionen Versicherungsverträge gestiegen. Von 2017 bis 2023 entspricht das einer Zunahme von mehr als 60 Prozent das Ausgangsniveau war allerdings recht niedrig. Das Potenzial umfasst vor allem Selbstständige und Top-verdienende Arbeitnehmer – etwa 10 Millionen Menschen – es ist längst noch nicht ausgeschöpft.

Im Vergleich zu 16 Millionen Riester-Renten klingen 2,7 Millionen recht mager.

Hauer: Nach unseren Berechnungen liegt der Durchschnittsbeitrag bei der Basisrente sechsmal so hoch wie bei der Riester-Rente, dort wird auch jeder vierte bis fünfte Vertrag gar nicht mehr bespart. Und: Nur ein Teil der Riester-Verträge – etwa 10,5 Millionen – wurde bei Versicherungen abgeschlossen. Das bedeutet, vom Volumen her ist die Basisrente bereits jetzt für die Versicherer von größerer Bedeutung.

Die Basisrente wurde zuletzt steuerlich noch attraktiver gemacht. Wie wirkt sich das aus?

Hauer: Seit vergangenem Jahr können die Beiträge zu 100 Prozent voll abgesetzt werden. Zudem hat in diesem Jahr das Wachstumschancengesetz zu einem Vorteil in der Auszahlphase geführt. Die jährliche Steigerung des zu versteuernden Anteils der Rentenauszahlung wurde halbiert und zeitlich gestreckt. Das heißt, erst die im Jahr 2058 fälligen Basisrenten müssen zu 100 Prozent versteuert werden. Wer 2024 erstmals seine Basisrente bezieht, weist einen Steueranteil von 83 Prozent auf. Die übrigen 17 Prozent der Rente bleiben steuerfrei. Ein Leben lang.

Haben Sie ein Rechenbeispiel, was ein Basisrentner konkret dadurch gewinnt?

Hauer: Durch die Senkung des Besteuerungsanteils kommt es zu einem Steuervorteil von bis zu 10 Prozent. Nehmen wir als Beispiel eine Kundin, ledig, 52 Jahre alt, mit einem Einkommen von 77.000 Euro. Ihr Bruttobeitrag zur Basisrente beläuft sich auf 9.600 Euro jährlich. Die Rente wird in zehn Jahren fällig. Nach neuem Stand muss sie dann 88 Prozent ihrer Basisrente versteuern. Sie hätte nach unseren Berechnungen 1.351 Euro an Steuern zu zahlen. Nach altem Stand müsste sie aber 94 Prozent der Rente versteuern, das wäre ein Betrag von 1.443 Euro. Statt lebenslang 6 Prozent steuerfrei erhält sie nun 12 Prozent, also das Doppelte, steuerfrei. In unserem Beispiel sind das monatlich 92 Euro weniger an Steuern, lebenslang.

Das ist sicher ein entscheidender Vorteil im Beratungsgespräch?

Hauer: Der monetäre Effekt durch die 100-prozentige Absetzbarkeit der Beiträge ist noch größer und plakativer. Berater sollten beide Punkte im Kundengespräch möglichst deutlich ausführen, damit die Kunden ihren Vorteil auch wirklich begreifen. Ich bringe das immer auf den Punkt, indem sich sage: Du hast 100 Prozent Absetzbarkeit und musst nachher nur 88 Prozent versteuern. Das verstehen die Menschen als positiven Effekt, dass sie nun gegenüber dem Zustand von vor 2023, doppelt so viel Anteil ihrer Basisrente steuerfrei genießen.

Wie werden sich die aktuellen gesetzlichen Pläne für die Altersvorsorge auf die Attraktivität der Basisrente auswirken?

Hauer: Die Attraktivität bleibt gleich, denn die Basisrente ist vom Gesetzentwurf zur Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge nicht betroffen. Die Versicherer werden sich künftig aber deutlich mehr anstrengen, die Basisrente im Vertrieb zu pushen. Warum? Weil das geplante neue Altersvorsorgedepot als reine Fondslösung gewissermaßen als Nachfolger der Riester-Rente dienen soll. Banken und Fondsgesellschaften werden hier einen Löwenanteil des Neugeschäftes machen. Die Versicherungswirtschaft hat gar keine andere Wahl, als im Gegenzug verstärkt auf die Basisrente zu setzen.  So wird das Altersvorsorgedepot auch den Absatz der Basisrente beflügeln. Die Kunden brauchen schließlich eine zusätzliche private Leibrente im Alter, um ihre Fixkosten zu decken. Zur Basisrente als staatlich geförderte Wertpapieranlage gibt es hier für viele Kunden keine bessere Lösung.

Könnten die Steuervorteile der Basisrente künftig nicht wieder zurückgenommen werden?

Hauer: Nein, anders als das Altersvorsorgedepot ist die Basisrente in Schicht 1 angesiedelt. Die Basisrente teilt steuerlich gesehen das Schicksal der gesetzlichen Rente. Der Gesetzgeber kann die Steuervorteile nicht rückgängig oder schlechter machen, weil er die Doppelbesteuerung der Rente vermeiden muss. Das ist garantiert. Dazu gab es im Jahr 2021 wegweisende Urteile des Bundesfinanzhofs.

autorAutor
Oliver

Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

Pfefferminzia Logo rgb
Suche
Close this search box.
Zuletzt hinzugefügt
Wie die Zukunft der bAV aussieht
Handelsblatt Jahrestagung bAV 2024

Wie die Zukunft der bAV aussieht

Vermittler müssen und wollen sich weiterbilden
AfW-Vermittlerbarometer: Nachhaltigkeit

Vermittler müssen und wollen sich weiterbilden

Zuletzt hinzugefügt
„Honorarberatung ist hochflexibel“
„Lass mal reden“ mit Honorarkonzept

„Honorarberatung ist hochflexibel“

„In fünf Jahren sterben Online-Abschlussstrecken aus“
„Lass mal reden“ mit Ralf Pispers, Personal Business Machine (PBM)

„In fünf Jahren sterben Online-Abschlussstrecken aus“

Skip to content