Versicherungsmathematiker Axel Kleinlein: Lebensversicherer als Gewinner der Riester-Reform © BdV / Valeska Achenbach
  • Von Andreas Harms
  • 18.10.2024 um 12:14
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 02:15 Min

Das geplante Gesetz zur Riester-Reform sei „ein großer Wurf“, lobt der eigentlich recht kritikfreudige Versicherungsmathematiker Axel Kleinlein. Doch ein paar Punkte am Entwurf stören ihn trotzdem – weil sie Lebensversicherern weiter Vorteile versprechen.

Der Versicherungsmathematiker und ehemalige Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten (BdV), Axel Kleinlein, betrachtet die Versicherungsbranche als Gewinner der Altersvorsorge-Reform (auch: Riester-Reform).

Erinnern wir uns: Die Regierung will die staatlich geförderte Altersvorsorge (Riester-Rente) umbauen. Neu erlaubt sollen reine Wertpapierdepots sein, die Investmentfonds (auch ETFs) und einzelne Wertpapiere enthalten dürfen. Garantiepflichten sollen wegfallen beziehungsweise Wahlrechten weichen. Lebenslange Renten sollen keine Pflicht mehr sein (zugunsten von Auszahlplänen). Und die Förderung soll sich nicht mehr am Einkommen der Menschen, sondern an den eingezahlten Beiträgen und Lebensumständen orientieren (mehr dazu lesen Sie hier).

Kleinlein zeigt sich in einer Stellungnahme von den Plänen angetan: „Im Großen und Ganzen ist das Gesetz ein großer Wurf, ein guter Schritt nach vorne und führt zu echten Besserungen für die Bürgerinnen und Bürger“, teilt er mit. Vor allem, dass neben Lebensversicherern nun auch weitere Anbieter in den Wettbewerb eintreten können, gefällt ihm. Doch dann das große Aber, denn in der Auszahlphase entdeckt er Fehler, die der Versicherungswirtschaft weiterhin Vorteile verschaffen.

So bemängelt er, dass für die Auszahlphase sehr strenge Kostenstrukturen vorgesehen seien, die viele Finanzdienstleister noch nicht anböten. „Hier wird durch die Hintertür dafür gesorgt, dass auch weiterhin die Versicherer mit ihren teuren Verrentungen den Markt dominieren“, so der Mathematiker.

Doch woran stört er sich konkret so sehr, dass er sogar den „Erfolg des gesamten Gesetzes“ in Frage stellt? Es ist der Paragraf 2a des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes, in dem es heißen soll: „Ein Altersvorsorgevertrag […] darf ab Beginn der Auszahlungsphase ausschließlich Kosten in Prozent der Leistung vorsehen.“

Daraus entstehen für Kleinlein gleich zwei Probleme auf einmal:

  • Auszahlpläne auf Investmentfonds (auch auf ETFs) sind dadurch ausgeschlossen, weil sie ihre Kosten am verwalteten Kapital bemessen und nicht am ausgezahlten. Für Kleinlein entspricht der Passus somit einem „Verbot sämtlicher nicht-versicherungsförmiger Angebote“.
  • Auch wenn Anleger in der Rentenphase Teile ihres Vermögens auf eigene Rechnung und eigenes Risiko weiter anlegen wollen, werden üblicherweise darauf Gebühren gemessen am Guthaben fällig. Das wäre nun aber nicht mehr möglich.

Seiner Meinung nach kann man beides durch den Zusatz „oder in Prozent des verwalteten Kapitals“ im Gesetz ganz einfach lösen.

Annahmen zur Langlebigkeit mitteilen

Außerdem berücksichtigt der Gesetzentwurf laut Kleinlein die Langlebigkeitsannahmen der Lebensversicherer zu wenig. Schließlich berechnen sie die Lebenserwartungen insgesamt sehr vorsichtig, aber auch höchst unterschiedlich. Entsprechend kürzen sie auch die Renten, was man wohl als Kosten bezeichnen könnte. Kleinlein fordert deshalb Informationspflicht: Lebensversicherer sollen ihre Kunden darüber aufklären, mit welcher Lebenserwartung sie die Rente berechnen. Damit könne der Kunde deutlich besser einschätzen, „wie werthaltig das Produkt ist“, so Kleinlein. Deshalb gehören diese Informationen auch in sämtliche Produktinformationsblätter.

Interessant sind auch weitere Aspekte, die Kleinlein im Gesetz sinnvoll fände:

  • Auch kürzere Auszahlpläne als bis 85 Jahre oder sogar komplette Einmalauszahlung sollten möglich sein (um anfallenden einmaligen Geldbedarf decken zu können, zum Beispiel für Umbauten am Haus).
  • Lebensversicherer sollten einmal im Jahr über das noch bestehende Kapital, und wie es aufgeteilt ist, informieren.
  • Auszahlpläne soll man auch an längere (erwartete) Lebenserwartungen anpassen können
  • Bei Übertragung von Vertragsguthaben auf einen neuen Anbieter, soll der keine neuen Kosten ansetzen dürfen.

Kleinleins komplette Stellungnahme (15 Seiten lang) können Sie hier herunterladen.

autorAutor
Andreas

Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

Pfefferminzia Logo rgb
Suche
Close this search box.
Zuletzt hinzugefügt
Wie die Zukunft der bAV aussieht
Handelsblatt Jahrestagung bAV 2024

Wie die Zukunft der bAV aussieht

Vermittler müssen und wollen sich weiterbilden
AfW-Vermittlerbarometer: Nachhaltigkeit

Vermittler müssen und wollen sich weiterbilden

Zuletzt hinzugefügt
„Honorarberatung ist hochflexibel“
„Lass mal reden“ mit Honorarkonzept

„Honorarberatung ist hochflexibel“

„In fünf Jahren sterben Online-Abschlussstrecken aus“
„Lass mal reden“ mit Ralf Pispers, Personal Business Machine (PBM)

„In fünf Jahren sterben Online-Abschlussstrecken aus“

Skip to content