- Von Andreas Harms
- 08.11.2024 um 11:28
Mit dem Bruch der Ampel-Regierung stellt sich die Frage, wie es mit den Reformvorhaben aussieht. Speziell jene längst überfällige Reform der Riester-Rente, wie die staatlich geförderte Altersvorsorge im Volksmund auch heißt. Der entsprechende Referentenentwurf für eine Riester-Reform liegt bereits vor und wurde auch allgemein recht gut angenommen (auch von uns).
Doch die Turbulenzen am Mittwochabend mit der daraus folgenden Scheidung in Berlin ändern vieles. Unser eigentlich für Donnerstagmorgen angesetztes Interview mit dem parlamentarischen Staatssekretär Florian Toncar (FDP) sagte das Bundesfinanzministerium aus verständlichen Gründen kurzfristig ab. Und das neue Verb „Lindnern“ wird es sicher nicht in den Volksmund schaffen.
AfW sorgt sich ums Altersvorsorgedepot und andere Reformen
Bundesregierung legt Riester-Reform auf Eis
Endlich, endlich, endlich lockert sich da mal was
Vor allem der Plan von Bundeskanzler Olaf Scholz, noch eine Weile weiterzuregieren, stimmt Marktbeobachter nachdenklich. So sagt Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK): „Wir sind sehr skeptisch, ob der Plan von Bundeskanzler Olaf Scholz funktionieren wird, mit einer Minderheitsregierung die noch ausstehenden Gesetzesvorhaben, wie unter anderem die Reform der geförderten privaten Altersvorsorge, bis Jahresende im Bundestag zu verabschieden.“
Ähnlich verhalten äußert sich auch GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen: „Ich gehe davon aus, dass die Reform der privaten Altersvorsorge in dieser Legislatur nicht mehr erfolgen wird. Dabei ist eine Reform seit Jahren überfällig. Ich bedauere, dass sie nun erneut aufgeschoben wird.“
Alles noch mal von vorn?
Das riecht also ganz gewaltig nach Warteschleife.Vielleicht geht sogar alles noch mal von vorn los. In der Richtung äußert sich Martin Klein, geschäftsführender Vorstand des Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungsunternehmen: „Für Gesetzgebungsverfahren in Deutschland gilt das Prinzip der Diskontinuität. Jedes nicht abgeschlossene Gesetzgebungsverfahren muss daher in einer neuen Legislaturperiode wieder neu begonnen werden. Selbst wenn eine neue Regierung bereit wäre, die Ergebnisse der Fokusgruppe Private Altersvorsorge zu berücksichtigen, würde ein solches Gesetzgebungsverfahren erst nach dem Abschluss von, sicher nicht einfachen, Koalitionsverhandlungen gestartet werden können.“
Dass die Sache wichtig ist, darin sind sich die Branchenkenner einig. „Die Reform der privaten Altersvorsorge ist in Anbetracht des demografischen Wandels und der bevorstehenden Verrentung der Babyboomer-Generation sowie in Verantwortung vor der jungen Generation nötiger denn je“, betont BVK-Mann Heinz.
Ebenso druckvoll äußert sich Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des deutschen Fondsverbands BVI: „Deutschland braucht dringend eine renditestarke, flexible Altersvorsorge. Das Altersvorsorgedepot weist in die richtige Richtung und hat bei den Experten der Fokusgruppe sowie in der Öffentlichkeit große Zustimmung gefunden. Deutschland würde mit dieser Reform international den Anschluss schaffen.“
Scholz hat Riester-Reform blockiert
Doch was nützt die größte Wichtigkeit, wenn es im politischen Gebälk derart laut knirscht? Nichts. Weshalb man sich auch beim Bundesverband Finanzdienstleistung AfW eher missmutig zeigt. So schrieb er in einer Stellungnahme: „Leider ist nun mehr als fraglich, ob es bis zur Amtsübernahme einer neuen Regierung überhaupt noch zu einer Umsetzung dieses Entwurfs kommen wird. Es besteht die Gefahr, dass die politischen Unsicherheiten dazu führen, dass dringend benötigte Reformen erneut weiter verschoben werden.“
Zumal vor allem Kanzler Scholz „als Finanzminister in der letzten Legislaturperiode die notwendige Riester-Reform blockiert“ habe, wie der Geschäftsführende Vorstand, Norman Wirth, anmerkt.
Als Riester-Reformator wird sich Scholz also höchstwahrscheinlich nicht mehr profilieren. Immerhin hat laut Wirth ein Gespräch mit dem CDU-Finanzspezialist Carsten Brodesser auf dem AfW-Hauptstadtgipfel gezeigt, dass sich die Christlich-Demokratischen für den Gesetzwurf erwärmen können.
Auch Martin Klein sieht die Sache eher aufgeschoben als aufgehoben: „In der CDU gab es bereits zarte Sympathiekundgebungen zu dem Referentenentwurf. Wir erwarten daher, dass man innerhalb der nächsten Regierung zu einer Lösung kommt.“
Doch wann die CDU an die Macht kommen, und ob sie überhaupt wirklich an die Macht kommen – wer weiß das schon?
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