- Von Andreas Harms
- 26.11.2024 um 13:39
Die Finanzaufsicht Bafin lässt durchblicken, welche Schwerpunkte sie im kommenden Jahr für die Versicherungsbranche setzen will. „Wir wollen die Zukunftsfähigkeit und die Stabilität der Versicherer stärken und die Wohlverhaltensaufsicht weiterentwickeln“, sagt Versicherungsaufseherin Julia Wiens in einer Rede auf der 13. Jahreskonferenz der Versicherungsaufsicht.
In ihrem Vortrag setzt sie folgende Themen, die sie höchstwahrscheinlich umtreiben werden:
- Wirtschaftlich tragfähige Geschäftsmodelle
- Stressresistenz gegenüber schwierigen Kapitalmärkten
- Leistungsstarkes Risikomanagement
- Angemessene Unternehmensführung (Governance)
- Moderne Informationstechnologie (IT)
Was Marktrisiken angeht, erwähnt Wiens insbesondere Gewerbeimmobilien (in die Versicherer im Rahmen der Zinsflaute verstärkt Geld gesteckt hatten). Wiens warnt: „Hier sind weitere Preisrückgänge nicht auszuschließen. Die Risiken für Versicherer mit einem umfangreichen Gewerbeimmobilienbestand bleiben unverändert hoch.“ Weshalb die Bafin zuletzt Versicherer konkret danach befragt hat. Zurzeit erscheinen die Risiken an diesem Markt wohl beherrschbar. Und auf die Solvenz dürften sie auch noch nicht drücken.
Bafin mit Details zum Kundennutzen von Lebensversicherungen
Die klaren Ansagen der Julia Wiens
Versicherungsaufseherin Julia Wiens wird sehr, sehr deutlich
Wiens wiederholt ihre schon mehrmals getroffene Feststellung: nämlich, dass die Versicherungsbranche insgesamt solide dasteht. Allerdings verbunden mit einem großen Noch. Denn die wirtschaftliche Entwicklung bezeichnet sie als unsicher, die geopolitischen Risiken als hoch. Hinzu kommen wachsende Gefahren für die IT durch verstärkte Cyberangriffe. „Deshalb werden wir im neuen Jahr eine Reihe von Themen angehen, um die Zukunftsfähigkeit und Stabilität der Versicherer zu stärken“, kündigt Wiens an.
Nicht nur Lebensversicherer prüfen
Ein solches Thema ist das sogenannte Wohlverhalten. Dabei geht es um die Frage, wie nützlich Versicherungen für die Kunden sind. In Bezug auf Lebensversicherungen hatte Wiens der Branche bereits mehrfach die Leviten gelesen. Einige Anbieter hatte die Bafin mit ihren Prüfergebnissen konfrontiert, woraufhin Produkte vom Markt verschwanden.
Letzter Stand der Dinge ist, dass die Bafin 13 Lebensversicherer näher beobachtet. Vor allem jene mit hohen Stornoquoten will man im kommenden Jahr überprüfen.
Doch diese Prüf-Lust soll sich nicht nur auf Lebensversicherungen beschränken. „Außerdem wollen wir im Zuge der Wohlverhaltensaufsicht auch andere Sparten in den Blick nehmen“, sagt Wiens. Das könnte also noch sehr interessant werden und die Branche aufmischen.
Weniger mit Wohlverhalten, dafür aber mit Risiken hat der Bafin-Blick auf den Markt für Cyberversicherungen zu tun. Die Bafin will dort vor allem die Risikolandschaft im Auge behalten. „Ein einzelner Vorfall kann weltweit viele Schäden verursachen. In diesem Segment fehlen jedoch historische Daten zum Geschäftsverlauf. Und das macht es schwer abzuschätzen, wie sich die Schäden entwickeln“, sagt Wiens und erklärt: Man wolle sicherstellen, dass die Cyberversicherer ihre Risiken angemessen managen und insgesamt sorgfältig auf diesem stark wachsenden Markt vorgehen. Was drei Punkte umfasst:
- Umsichtige Zeichnungspolitik
- Hohe Unsicherheit in den Tarifen berücksichtigen
- Angemessener Rückversicherungsschutz
Schlechte Nachrichten hat die Bafin-Aufseherin hingegen für privat Krankenversicherte (PKV). Deren Beiträge dürften weiter kräftig steigen, und zwar stärker als in den vergangenen Jahren (was mit früheren Aussagen zur KFZ-Versicherung vergleichbar ist). Die Krankenversicherer dürften ihnen dabei kaum entgegenkommen können, weil ihre Gewinne wegen der stark gestiegenen Gesundheitskosten gesunken seien. Doch zumindest das könnte sich im Laufe des kommenden Jahres etwas entspannen, so Wiens.
Bürokratie abbauen
Zusätzlich zur Versicherungsaufsicht will sich die Bafin 2025 auch mit drei wichtigen Regulierungsvorhaben befassen:
- die laufende Überprüfung von Solvency II
- die neue Richtlinie, wie man Versicherungsunternehmen saniert und abwickelt
- die Verordnung über künstliche Intelligenz
Und am Ende will sie den Versicherungsunternehmen helfen, indem sie deren administrativen Aufwand senkt. Sprich: Sie will Bürokratie abbauen. Nur ist das nicht immer so leicht, was man auch bei der Bafin weiß. „Nichtsdestotrotz werden wir weiter daran arbeiten, den administrativen Aufwand zu senken, auch wenn es dafür einen langen Atem braucht. Bürokratieabbau bleibt auf unserer Agenda“, verspricht Julia Wiens. Das ist dann mal eine gute Aussicht.
0 Kommentare
- anmelden
- registrieren
kommentieren