Analyst betrachtet Börsenkurse: Der BVI möchte von der Regierung schnelle Entscheidungen für Finanzmarktgesetze. © Freepik
  • Von Barbara Bocks
  • 12.02.2025 um 16:42
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lesedauer Lesedauer: ca. 02:60 Min

Der Fondsverband BVI fordert von einer neuen Bundesregierung schnelle Reformen. In der Altersvorsorge soll sie entbürokratisieren und etwa von Garantie- und Verrentungszwang absehen. Nur so könne Deutschland zu anderen Anlagemärkten aufschließen.

Der deutsche Fondsverband BVI appelliert an die Politik, nach der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 schnell Entscheidungen zu zentralen Finanzthemen zu treffen. Denn: „Deutschland hat einen immensen Reformstau zu Lasten der Sparer, der Infrastruktur und der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes“, sagt Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des BVI.

Auf nationaler und EU-Ebene sind aus Sicht des BVI Deregulierung und Bürokratieabbau notwendig. „Die Überregulierung verursacht hohe Kosten. Dieses Geld wäre in Technologie besser investiert“, so Richter.

Deutsche brauchen eine renditestarke Altersvorsorge

Die Bürger bräuchten dringend eine renditestarke, flexible Altersvorsorge, so der Lobby-Verband. In den vergangenen Legislaturperioden sind aus Sicht des BVI mehrere Anläufe zu einer Reform der privaten Altersvorsorge gescheitert.

„Die kommende Regierung sollte die Reform zügig angehen. Für eine größere Verbreitung muss das Produkt attraktiv sein. Dazu gehört vor allem weniger Bürokratie in Form von Anträgen bei Behörden und mehr Freiheit in der Ein- und Auszahlphase“, sagt Richter. Der Wegfall des gesetzlichen Zwangs zu Garantien und lebenslanger Verrentung eröffne den Sparern aus Sicht des BVI höhere Renditechancen und mehr Wahlfreiheit.

„Deutschland würde damit endlich zu internationalen Vorbildern wie den USA, Schweden oder Frankreich aufschließen. Staatliche Eingriffe im privaten Markt sind dort, wie auch in anderen fortschrittlichen westlichen Volkswirtschaften, unbekannt“, erklärt Richter.

Fonds könnten dazu beitragen, die deutsche Infrastruktur zu sanieren

Um die Infrastruktur in Deutschland zu sanieren und auszubauen ist laut Richter privates Kapital nötig. Auch Fonds könnten aus Sicht des Lobby-Verbands einen erheblichen Beitrag leisten. Bisher verhindern jedoch aus BVI-Sicht steuerrechtliche Rahmenbedingungen, dass deutsche Fonds in großem Umfang in inländische Infrastrukturprojekte wie Erneuerbare-Energien-Anlagen investieren.

Das hat laut BVI zur Folge, dass deutsches Kapital an Portfoliomanager im Ausland und von dort nicht in deutsche, sondern in ausländische Projekte fließt. Der durch den Bruch der Ampel-Regierung gestoppte Entwurf für ein zweites Zukunftsfinanzierungsgesetz hätte für Fonds endlich den Weg für langfristige Investitionen vor allem in die deutsche Infrastruktur geebnet. Damit hätten Fonds laut BVI zum Beispiel in Photovoltaik-Freiflächenanlagen und unbeschränkt in Solaranlagen auf Logistik- oder Lagerhallen investieren können. Der BVI begrüßt dabei den Entwurf zum Zukunftsfinanzierungsgesetz II: „Die neue Regierung sollte ihn wieder aufgreifen.“

Europäische Bürokratie schadet der Asset-Management-Branche

Aus BVI-Sicht ist es außerdem überfällig, dass Brüssel die Wettbewerbsfähigkeit der EU vorantreibt und dafür die überbordende Bürokratie abbaut. Der BVI fordert schon seit Jahren mehr prinzipienbasierte Regeln. Denn die Vielzahl der Detailregeln, die häufig keinen Mehrwert für Anleger brächten und teilweise sogar widersprüchlich seien, verursachten unverhältnismäßig hohe Kosten. Das Geld fehlt aus Sicht des BVI zum Beispiel für IT-Investitionen.

Die europäische Asset-Management-Branche fällt aus Sicht des Verbands nicht zuletzt dadurch im globalen Wettbewerb immer weiter zurück. Dass Unternehmen die Auswirkungen neuer Gesetze unzureichend abschätzten, verschärfe die Lage. Die Folgen träten erst nach der Umsetzung in die Praxis zutage. „Wir können uns experimentelle Regulierung auf dem Rücken der Wirtschaft nicht mehr leisten“, betont Richter.

Die EU muss aus Richters Sicht auch den Mut zur Deregulierung aufbringen. Zwar hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor zwei Jahren einen standardmäßigen Wettbewerbscheck für die EU-Gesetzgebung angekündigt. Taten sind aus Sicht des BVI seitdem aber nicht gefolgt.

BVI: EU-Kleinanlegerstrategie erreicht kein einziges politisches Ziel

Deshalb sei es gut, dass die neue EU-Finanzmarkt-Kommissarin, Maria Luís Albuquerque, Regulierungsvorhaben kritisch prüfen will. „Sie kann sofort mit der EU-Kleinanlegerstrategie anfangen und diese gar nicht erst Gesetz werden lassen. Denn das Vorhaben erreicht kein einziges wichtiges politisches Ziel – weder Kleinanleger an die Kapitalmärkte zu bringen, noch den Anlegerschutz zu verbessern“, so Richter. Übrig bleibt aus BVI-Sicht nur Bürokratie für Anbieter, Kunden und Aufseher.

Die Ausgaben der Finanzindustrie für Marktdaten steigen aus Sicht des BVI seit Jahren, teilweise massiv. Fondsgesellschaften sind laut des BVI gesetzlich verpflichtet, Börsenpreise, Benchmarks, Ratings und andere Daten von Drittanbietern zu nutzen. Diese Daten seien die Voraussetzung für die Dienstleistungen entlang der gesamten Wertschöpfung im Asset Management.

Dazu zählten beispielsweise Research über Handel, Verrechnung, Abwicklung, Compliance und Risikomanagement, Vertrieb oder das Meldewesen. Börsen, Rating-Agenturen und Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung wie große Index- und Datenanbieter stellten sie zur Verfügung. Und sie können Vertragsbedingungen laut BVI einseitig festsetzen, weil die Nachfrager wie Fondsgesellschaften nicht auf diese Daten verzichten können.

Der BVI fordert daher einen „EU Data Vendor Act“, der das Geschäftsgebaren dieser Unternehmen reguliert. „Denn wenn wir das nicht tun, wird der bereits erhebliche Kostendruck in der Fondswirtschaft noch weiter zunehmen – auch zum Nachteil der Anleger“, so der BVI.

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Barbara Bocks

Barbara Bocks ist seit 2011 als Journalistin im Wirtschafts- und Finanzbereich unterwegs. Seit Juli 2024 ist sie als Redakteurin bei der Pfefferminzia Medien GmbH angestellt.

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