- Von Andreas Harms
- 17.04.2025 um 15:51
Gar keine Frage, die Schlagzeilen klingen erst einmal dramatisch. Auch unsere, die da lautet: „Versicherte beschweren sich so häufig wie noch nie“. In der Tat verzeichnete die Versicherungsombudsfrau Sibylle Kessal-Wulf im vergangenen Jahr 21.548 Beschwerden in Bezug auf Versicherungen. Fast 20 Prozent mehr als im Vorjahr.
Doch das muss nicht gleich heißen, dass Versicherungen schlechter geworden sind, sagt nun Kessal-Wulf in einem Gespräch mit dem Branchenverband GDV. Stattdessen hält sie zwei Gründe für möglich, die die Zahlen so hochgetrieben haben könnten.
Erstens, stellen Versicherungsnehmer heutzutage viel schneller Schlichtungsanträge. Das wiederum könnte mit höheren Erwartungen zu tun haben. Und mit fehlender Geduld. „Wenn dann etwas nicht so schnell klappt, wie sie sich das vorgestellt haben, wird eben mal eher ein Schlichtungsantrag gestellt“, so Kessal-Wulf.

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Versicherte beschweren sich so häufig wie noch nie
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Zweitens, wurde die Schlichtungsstelle in den 24 Jahren ihres Bestehens bekannter. Versicherte, aber auch Anwälte kennen sie und nutzen sie deshalb auch verstärkt, um schneller etwas zu erreichen. Laut der Ombudsfrau ist in 10 Prozent der Fälle ein Anwalt mit von der Partie.
Sie verweist dabei auch auf andere Schlichtungsstellen, deren Fallzahlen ebenfalls gestiegen seien. Sie meint: „Für Versicherungsnehmer ist sie eine gute Möglichkeit, kostenfrei und letztlich ohne Risiko Streitfälle beizulegen. Etwa 80 Prozent unserer Fälle liegen unter einem Streitwert von 5.000 Euro.“
Social Media als neues Problemfeld
Kessal-Wulf äußert sich auch zu einem neuen Thema (das ebenfalls für zusätzliche Fälle gesorgt hat). Demnach sind Datenlecks auf Social-Media-Plattformen eine neue Fallgruppe. Das betrifft die Versicherungsbranche über die Rechtsschutzversicherung, nämlich wenn die Versicherten gegen die Plattformen vorgehen wollen.
Nur läuft das eben nicht immer glatt. „Da geht es zum einen um die Frage, wann der Rechtsschutzfall eingetreten ist und ob der Versicherer leisten muss. Tritt der Leistungsfall schon ein, wenn man sich auf einer Plattform anmeldet, die Datensicherungsstandards nicht einhält? Oder erst, wenn die Daten tatsächlich abgegriffen werden? Strittig ist auch die Höhe des Schmerzensgeldes. Da wurden teilweise 5.000 Euro angemeldet, das haben die Versicherer wegen fehlender Erfolgsaussichten abgelehnt“, so Kessal-Wulf.
Ein weiteres Problem ist, dass es lange keine einheitliche Rechtssprechung dazu gab. Weshalb die Fälle oft nicht geeignet waren, geschlichtet zu werden. Allerdings habe der Bundesgerichtshof (BGH) Ende 2024 entschieden, dass schon der Kontrollverlust über Daten ausreicht, um immaterielle Ansprüche daran zu knüpfen. „Damit hat sich das Thema für uns ein wenig entschärft“, sagt die Ombudsfrau.
Das komplette Interview mit der Ombudsfrau Sibylle Kessal-Wulf können Sie hier lesen.

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