- Von Karen Schmidt
- 28.04.2025 um 10:40
Das beliebteste Haustier der Deutschen ist … die Katze. Mehr als 15 Millionen Katzen gab es 2024 in deutschen Haushalten. Das zweitbeliebteste Haustier ist mit rund 11 Millionen vierbeinigen Vertretern hierzulande der Hund. Und wo wir schon bei interessanten Statistiken sind: Laut Landesamt für Umwelt und Gesundheit leben in Bayern rund 2,6 Millionen Katzen – das sind 400.000 mehr, als es im Freistaat Kinder gibt.
Die Beziehung zwischen Mensch und Tier ist eine besondere. Haustiere werden als vollwertige Familienmitglieder betrachtet, es soll ihnen gut gehen. Und das lassen sich die Tierbesitzer einiges kosten. Wie eine Umfrage im Rahmen der Statista Consumer Insights zeigt, kaufen 27 Prozent der Deutschen Premium- oder Luxusprodukte für ihr Tier, sei es teures Futter, ein bequemes Geschirr oder hochwertiges Spielzeug.
Aber auch an anderer Stelle geht die Tierhaltung ans Portemonnaie – und macht dabei nicht so viel Spaß wie Spielzeug. Denn seit die überarbeitete Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) gilt, kostet auch der Besuch beim Tierarzt deutlich mehr als vorher. Im November 2022 trat die überarbeitete Version der GOT in Kraft, die zu erheblichen Kostensteigerungen bei tierärztlichen Behandlungen führt. Beispielsweise stiegen die Gebühren für allgemeine Untersuchungen, Kastrationen und Impfungen deutlich an.

Hohe Tierarztkosten pushen Nachfrage nach Tierversicherung
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Für eine Kastration beim Hund beispielsweise erhöhten sich die Kosten von 668 Euro auf 1.143 Euro, während eine Zahnextraktion bei der Katze von 259 Euro auf 431 Euro zulegte, zeigen Berechnungen des Tierversicherers Petolo (eine Tochter der Zurich Gruppe). Diese Anpassungen führen zu Unmut bei Tierhaltern und Verbänden. Die Vereinigung Deutscher Tierhalter (VDTH) etwa spricht von einem Etikettenschwindel. „Die Gebührenerhöhungen durch die GOT 2022 sind dramatisch und gehen weit über den notwendigen Inflationsausgleich von 19 Prozent hinaus“, heißt es auf der Website des Verbands.
Schuldenfalle Tierarztbesuch?
Und weiter: „Sie treffen Tierhalter in einer Zeit, in der die finanziellen Spielräume durch die Verteuerung der Energiekosten und der Lebenshaltungskosten ohnehin eingeschränkt sind. Damit sind die finanziellen Möglichkeiten vieler Tierhalter erschöpft. Unvorhersehbare tierärztliche Behandlungen und die Inanspruchnahme des Notdienstes entwickeln sich zur Schuldenfalle.“ Der VDTH fordert in einer Petition daher, dass die Novelle der GOT schnell überarbeitet wird und es zu „fairen und maßvollen Gebührenerhöhungen“ kommt.
Auch Pferdehalter machen ihrem Unmut Luft. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung hat sich ebenfalls der oben genannten Petition angeschlossen. „Viele Betroffene haben sich an uns gewandt, da sie mit den gestiegenen Kosten durch die neue GOT nicht zurechtkommen“, sagt Generalsekretär Soenke Lauterbach. Erste Erfolge gebe es aber bereits: Der Bundestagsausschuss Ernährung und Landwirtschaft habe festgestellt, dass die Tierarztgebühren besonders für Tierheime und Pferde extrem gestiegen seien, und sieht Nachbesserungsbedarf an der GOT. Er fordere Bundesregierung und Länder auf, sich des Themas anzunehmen. Erste Landesregierungen hätten auch bereits signalisiert, dass sie eine vorgezogene Überprüfung und Anpassung der GOT unterstützen würden.
Abschlüsse steigen
Angesichts der steigenden Tierarztkosten gewinnt der Abschluss von Tierversicherungen an Bedeutung. Eine Studie von Takefive-Media in Kooperation mit dem Horse-Future-Panel und unterstützt vom Tierversicherer Uelzener zeigt, dass seit Inkrafttreten der neuen GOT mehr Tierversicherungen verkauft wurden. Danach haben 11 Prozent der fast 2.000 befragten Haustierhalter eine Tierkrankenversicherung abgeschlossen, und 12 Prozent wählten eine Tier-OP-Versicherung. Mithin gelten trotzdem nur maximal rund 50 Prozent der Tiere hierzulande als versichert. Diese Zahlen verdeutlichen also das erhebliche Marktpotenzial für Tierversicherungen – auch für Makler.
Die zunehmende Nachfrage beobachtet auch Sebastian Tiedemann, Bereichsleiter Markt & Kunde der Uelzener Versicherungen: „Seit Inkrafttreten der neuen Gebührenordnung für Tierärzte konnten wir sowohl ein gestiegenes Interesse an Versicherungsprodukten als auch eine höhere Abschlussbereitschaft feststellen.“ Bei Hunden und Katzen gehe der Trend dabei zu einem „vollumfassenden Versicherungsschutz“. Das heißt, Krankenversicherungen liegen in der Gunst der Kunden vorn, „da sie mehr Leistungen abdecken und somit eine bessere Kostenkontrolle bieten. Bei Pferden hat sich die Nachfrage nach Krankenversicherungen ebenfalls erhöht, allerdings liegt der Fokus unverändert auf OP-Versicherungen für Pferde“, berichtet Tiedemann.

Maklern empfiehlt der Uelzener-Experte „auf Produkte ohne Ausschlüsse“ zu achten, um ihrer Beratungspflicht gerecht zu werden. „Gerade aufgrund der stark gestiegenen Tierarztkosten ist ein passgenauer Schutz essenziell. Vertrauen und emotionale Bindung gelten als Schlüssel für eine erfolgreiche Beratung – die Tierversicherung kann somit der Einstieg in eine langfristige Kundenbindung sein.“
Etablierte Anbieter garantierten hier Stabilität und Verlässlichkeit, was für Kunden insbesondere bei einem solch emotionalen Thema oftmals entscheidend sei, betont Tiedemann. Außerdem würde man Produkte regelmäßig überarbeiten, anpassen und erweitern, um auch langfristig und nachhaltig bezahlbare Produkte zu gewährleisten und den Kundenwünschen zu entsprechen.
Die Versicherungsbranche reagiert auf die steigende Nachfrage nach Tierversicherungen in der Tat mit neuen, flexibleren Tarifen. Während klassische Policen oft pauschale Deckungssummen und feste Leistungen bieten, setzen moderne Tarife zunehmend auf modulare Bausteine. So können Tierhalter selbst entscheiden, ob sie eine reine OP-Versicherung oder eine umfassendere Krankenversicherung mit zusätzlichen Leistungen wie Zahnbehandlungen oder Physiotherapie abschließen möchten. Schauen Sie sich hierzu auch den Kasten zur GHV Tierversicherung unten an, hier sind etwa Kosten für Physiotherapie bei Hunden und Katzen bis zu einer Höhe von 300 Euro versichert.
KI beschleunigt Bearbeitung
Auch der verstärkte Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) gehört zu den Neuerungen. Die Allianz beispielsweise setzt KI in der Tierkrankenversicherung ein, um Schadenfälle schneller zu bearbeiten. Das hauseigene generative KI-Modell könne schon bei fast der Hälfte der Rechnungen alle relevanten Informationen herauslesen und adäquat prüfen, sagte Lucie Bakker, Schadenvorständin der Allianz Versicherung, jüngst der Zeitung „Welt“. Diese Vorgänge seien dann in weniger als vier Stunden abgeschlossen. Das Geld für die Tierarztrechnung lande entsprechend schnell auf dem Kundenkonto.
Videocall mit Hund
Ein weiterer Trend, der sich abzeichnet, ist die Nutzung von Telemedizin für Tiere. Digitale Sprechstunden ermöglichen es Tierhaltern, sich schnell und unkompliziert tierärztlichen Rat einzuholen, ohne eine Praxisgebühr zahlen zu müssen. Einige Versicherungen wie die Helvetia in ihrer Tierkrankenversicherung Petcare haben diesen Service bereits in ihre Policen integriert und übernehmen die Kosten für Videosprechstunden. Das entlastet nicht nur Tierhalter finanziell, sondern reduziert auch den Stress für Tiere, die einen Tierarztbesuch oft als unangenehm empfinden.
Trotz vieler positiver Entwicklung gibt es aber auch Herausforderungen für Tierversicherer. Die steigenden Kosten für Tierarztbesuche führen dazu, dass Versicherer ihre Beiträge regelmäßig anpassen müssen, was auf Kundenseite natürlich nicht immer gut ankommt. Zudem bleibt abzuwarten, wie sich die Gebührenordnung für Tierärzte weiterentwickelt. Langfristig dürfte die Nachfrage nach Tierversicherungen aber weiter steigen, da Haustiere in immer mehr Haushalten eine zentrale Rolle spielen.
Für Versicherungsmakler bedeutet das eine Chance, sich frühzeitig als Experten in diesem Bereich zu positionieren und von diesem wachsenden Markt zu profitieren.

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