- Von Redaktion
- 01.08.2019 um 11:43
60 Prozent der Entscheider von Versicherern und Maklern in Deutschland sehen keinen großen strategischen Nutzen darin, mit Insurtechs zusammenzuarbeiten. Kooperationen und Beteiligungen halten sich daher – anders als etwa im Bankensektor – in Grenzen. Das ist ein Ergebnis des Branchenkompass Insurance 2019, für den die Unternehmensberatung Sopra Steria Consulting und das F.A.Z.-Institut 100 Führungskräfte aus Versicherungen befragten.
„Wir müssen den Mut aufbringen, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln“
Stimmung bei Banken und Versicherungen ist nur mittelprächtig
Ein Grund für die Zurückhaltung ist, dass deutlich weniger Versicherungen Insurtechs als ernste Bedrohung für das eigene Geschäft ansehen. Nur jeder fünfte Versicherungsentscheider sieht den Wettbewerb mit Insurtechs als sehr große Herausforderung an. Themen wie Datenschutz, die Digitalisierung der eigenen Geschäftsprozesse, dauerhaft niedrige Zinsen und die vielen Regulierungen machen den Vorständen deutlich mehr Sorgen als die Startups.
Die Unternehmen digitalisieren ihre Prozesse auch lieber selbst, als sich die Expertise einzukaufen. Sie überführen IT-Systeme zum Beispiel in die Cloud, entwickeln eigene Apps und bauen Online-Kundenportale auf. Nur 8 Prozent der befragten Versicherer und Makler haben externe Insurtech-Lösungen bei sich integriert, 28 Prozent haben es vor.
Oft fehlen Voraussetzungen für Kooperationen
Andere Versicherer sind zu stark mit sich selbst beschäftigt. „Es gibt noch einige Versicherer, die bei ihren internen Hausaufgaben derart hinterherhinken, dass sie gar nicht mit Insurtechs kooperieren können. Es fehlen schlicht die technischen, organisatorischen und kulturellen Voraussetzungen“, sagt Christian Diemaier, Leiter des Geschäftsbereichs Versicherungen von Sopra Steria Consulting.
Auf die großen Versicherungskonzerne wie Allianz, Baloise, Zurich, Ergo und Munich Re trifft das nicht zu. Sie halten sich mit Kooperationen und Zukäufen auch nicht zurück.
Insurtechs unter Beobachtung
Bei Maklern und Vermittlern sieht das wiederum anders aus. Sie stürzen sich nicht gerade in Kooperationen mit den Startups, nur 24 Prozent streben eine Insurtech-Kooperation an. Über Makler läuft ein Großteil des Geschäfts, und sie bevorzugen derzeit lieber die Geschäftsbeziehungen, die sie über Jahre hinweg aufgebaut haben. „Makler wissen, was sie an der Zusammenarbeit mit den bewährten Partnern haben. Sie werden nicht sofort auf das nächstbeste Pferd setzen“, so Diemaier.
Dennoch beobachten Versicherer und Makler die deutsche Startup-Szene genau. Die Branche nimmt wahr, dass die Zahl der Herausforderer steigt. Reine Online-Vertragsverwaltungsportale wie Knip und Clark entwickeln sich zu digitalen Maklern weiter. Digitale Vollversicherer mit Bafin-Lizenz strömen vermehrt in den Markt – beispielsweise Unternehmen wie Neodigital, Mailo oder Lemonade. Außerdem besetzen Insurtechs Produktnischen, beispielsweise Getsurance mit einer Krebsversicherung sowie One Insurance oder Adam Riese mit On-demand-Versicherungen mit geringen Laufzeiten und kurzen Kündigungsfristen.
Angst vor Abhängigkeit
Ambivalent ist für viele Versicherer das Verhältnis zu Vergleichs- und Nischenplattformen. Hier befürchten oder erleben Versicherungen bereits, dass ihnen der Draht zu ihren Kunden abhandenkommt und sie zu reinen Produktlieferanten degradiert werden. 74 Prozent der Finanzdienstleister sorgen sich um ihre Unabhängigkeit. 83 Prozent sehen Nischenplattformen als Hauptbedrohung, 44 Prozent Vergleichsplattformen wie Verivox und Check24.
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