- Von Joachim Haid
- 31.05.2019 um 09:52
Eine kleine Gruppe steinzeitlicher Menschen sitzt im südlichen Afrika um das Lagerfeuer, verzehrt die Erfolge der letzten Jagd und tauscht die Erlebnisse des Tages aus. In der Nähe rauscht das klare, saubere Wasser des Sambesi. Vor dem Goldrot der untergehenden Sonne zeichnet sich der Schatten eines Elefanten ab, der zum Trinken an den Fluss gekommen ist. Die gute alte Zeit…
Das klingt ein wenig nach „Der König der Löwen“. Kein Stress, keine Termine, kein Ärger im Büro. Aber war es in der Altsteinzeit wirklich so idyllisch? War früher wirklich alles besser? Einen so romantischen Blick sollte man auf das Leben unserer Vorfahren vor mehreren zehntausend Jahren nicht haben. Sicher, es gab keinen Gesetzgeber, der einem vorschrieb, wie man den Datenschutz einzuhalten oder was man maximal zu verdienen habe. Es gab keinen Chef, der einem kurz vor Feierabend noch um die eine Kleinigkeit bat, die doch noch so wichtig und schließlich auch schnell erledigt sei. Es lauerten jedoch ganz andere Gefahren und es gab andere Stressauslöser.
Säbelzahntiger, Infektionen und Hunger
Da schlendert man durch die Steppe, hört ein Rascheln und blickt plötzlich in das weit aufgerissene Maul eines Säbelzahntigers mit bis zu 28 Zentimeter langen Reißzähnen. Die Adrenalin- und Cortisolspiegel steigen explosionsartig an. Die Augen sind geweitet, die Verdauung wird unterbrochen, um möglichst viel Energie für die Muskeln bereitstellen zu können. Bestimmte Immunzellen werden aktiviert, um bei eventuellen Verletzungen auf Bakterien und Viren reagieren zu können, die in blutende Wunden eintreten können. Stress pur. Fight or Flight, Kampf, oder Flucht. Da ging es ums nackte Überleben. War der Abstand noch groß genug und hatte man gerade seinen Speer nicht dabei, dürfte die Flucht bei einem Gegner mit bis zu 400 Kilo Lebendgewicht vermutlich die bessere Alternative gewesen sein. War die Flucht erfolgreich, normalisierte sich das Stressniveau wieder relativ schnell, der Cortisolspiegel sank.
Kam es doch zum Kampf und man überlebte diesen verletzt, oder zog sich Wunden beim Fluchtversuch zu, lauerten zwei weitere große Gefahren der damaligen Zeit: komplizierte Knochenbrüche und Infektionen. Beides konnte ebenfalls lebensgefährlich sein. Schließlich war da dann noch der Hunger. Nicht jede Jagd war von Erfolg gekrönt und die Erfindung des Kühlschranks und der Supermärkte ließ noch lange auf sich warten. Hunger war jedoch im Vergleich das geringste Risiko. Der Mensch ist gut daran angepasst, auch einmal längere Zeit ohne Essen auszukommen. Als Allesfresser ist er weder rein auf Pflanzen noch rein auf tierische Nahrung angewiesen.
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