- Von Lorenz Klein
- 28.09.2017 um 12:09
Wechseln bald sechs Millionen Lebensversicherungen den Besitzer? Der Düsseldorfer Ergo-Konzern plant einem Medienbericht zufolge offenbar den Verkauf seiner Töchter Victoria Leben und Ergo Leben (ehemals Hamburg-Mannheimer). Auch Ergo-Mitbewerber Generali kündigte am Donnerstag an, die Generali Lebensversicherung im ersten Quartal 2018 in den Run-off zu überführen.
Umstrukturierung bei der Ergo kommt voran
Der Druck steigt, Ergo muss liefern
Ergo prüft Verkauf von Victoria und Ergo Leben
Diese Meldungen werfen ein Schlaglicht auf die Lebensversicherung in Deutschland, die möglicherweise vor einer großen Run-off-Welle stehen könnte. So haben sich zuletzt mehrere Unternehmen ganz oder teilweise von ihrem Lebensversicherungsgeschäft getrennt – oder planen dies.
In einem Interview mit dem Branchenblatt „Aktuar Aktuell“ hat Reiner Will, Geschäftsführer der Ratingagentur Assekurata, einen Marktausblick gewagt. Darin spricht er sich zunächst dafür aus, das Thema Run-off „vielschichtiger“ zu betrachten, und dabei nicht nur die Varianten „Übertragung von Beständen“ oder „Veräußerung ganzer Versicherer“ in den Blick zu nehmen.
Forcierung erwartet
Die wohl häufigste Form des Run-Offs, sei „die Schließung von Beständen für das Neugeschäft und die Fortsetzung der Geschäftstätigkeit mit geänderten Produkten“, erklärt Will. Genau dies lasse sich „im Moment verstärkt feststellen“. Dahingehend erwarte man hier auch eine weitere Forcierung, so Will. Am Ende würden die klassischen Lebensversicherungstarife mehr oder weniger gänzlich ihre Bedeutung im Neugeschäft verlieren, prognostiziert der Marktbeobachter.
Eine weitere Run-off-Variante sei die Neugründung eines Lebensversicherers im Konzern mit gegebenenfalls veränderter Produkt- und Vertriebsausrichtung, erklärt Will. Und das geht so: Der alte Risikoträger wird für das Neugeschäft mehr oder weniger geschlossen und in den Run-off geschickt. Auch hierfür fänden sich in der Praxis vereinzelt Beispiele, sagt der Assekurata-Chef.
Diese Faktoren treiben den Run-off voran
Insgesamt werde das Thema Run-off noch an Dynamik gewinnen, ist Will überzeugt. Nachhaltige Treiber für diese Veränderungen seien unter anderem eine zu geringe Produktrentabilität in der Lebensversicherung, zu geringe Bestandsgrößen und wachsende Regulierungsaufwendungen.
Auf die Frage, wie sich die Produktlandschaft im Hinblick auf die Tiefzinsphase und die Eigenkapitalanforderungen durch Solvency II künftig entwickeln wird, sagt Will, dass sich die Produktveränderungen derzeit darauf konzentrierten, „bei abgesenkten Garantien mehr Chancen bei der Erwirtschaftung einer Anlagerendite zu eröffnen“.
Welche Konzepte sich am Ende durchsetzen würden, sei dabei auch im Hinblick auf das Betriebsrentenstärkungsgesetzes noch völlig offen. „Auf jeden Fall wird die Produktlandschaft noch vielfältiger, der Beratungsbedarf steigt und auch die regulatorischen Anforderungen – Stichwort Vermittlerrichtlinie – nehmen zu“, resümiert Will.
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