- Von Lorenz Klein
- 14.09.2017 um 11:15
Pfefferminzia: Im September ist Bundestagswahl, und damit steht auch wieder das Thema Bürgerversicherung auf der Agenda. Wie könnte es mit dem dualen System nach der Wahl weitergehen?
Eric Bussert, Vorstand Vertrieb und Marketing der Hanse-Merkur Versicherungsgruppe: Der Begriff Bürgerversicherung ist per se erst mal positiv belegt – das war’s dann aber auch schon. Aktuelle Umfragen zeigen, dass die Zufriedenheit mit dem hiesigen Gesundheitssystem noch nie so hoch war wie derzeit: Laut Forsa sind es beispielsweise 84 Prozent – das trifft sowohl auf gesetzlich als auch privat Versicherte zu.
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Die Notwendigkeit eines Systemwechsels besteht insofern gar nicht. Zumal das duale System laut OECD zu einem der besten der Welt gehört. Schauen wir uns doch mal die Länder an, in denen es eine Einheitsversicherung gibt – sei es Großbritannien, Frankreich oder Spanien: Dort müssen die Patienten in der Regel viel länger auf einen Termin beim Facharzt warten als in Deutschland, teilweise bis zu fünf Monate. Gleichwohl müssen wir uns als PKV natürlich immer weiterentwickeln: Es kann zum Beispiel sehr gute symbiotische Verhältnisse zwischen PKV und GKV geben, wie etwa unsere Partnerschaft mit der DAK-Gesundheit zeigt.
Markus Taube, Vertriebsservice Gesundheit Gothaer Krankenversicherung: Meine Wahrnehmung ist, dass die Bürgerversicherung – soweit man dieses Konzept verallgemeinern kann, denn die Grünen verstehen etwas anderes darunter als die Linke oder die SPD – bei keiner Partei ganz oben angesiedelt ist. Das liegt sicherlich auch an der guten Lobby-Arbeit des PKV-Verbands. Dieser hat maßgeblich darauf eingewirkt, dass das Thema in diesem Wahljahr nicht ganz nach vorne gespielt wird. Ich stimme allerdings der Einschätzung von Herrn Bussert zu, dass die Akteure in beiden Systemen noch einige Hausaufgaben zu erledigen haben.
Lars Hertwig, Bezirksdirektor Kranken Vertriebsdirektion Mitte Hallesche Krankenversicherung: Das Thema Bürgerversicherung wird uns sowohl vor als auch nach dieser Bundestagswahl beschäftigen – damit müssen wir leben. Wir stellen allerdings fest, dass Vermittler und Bürger aufgeklärter sind, was das Thema der Dualität aus PKV und GKV angeht – und den damit verbundenen Vorteilen. Denn man darf nicht vergessen, dass von den Milliardensummen, die die PKV ins Gesundheitssystem einbringt, auch die GKV-Versicherten profitieren. Dass hier angesichts des demografischen Wandels immer wieder neu justiert werden muss, wissen wir, und daran arbeiten wir auch. Ein Beispiel ist die Reform der Gebührenordnung für Ärzte, die jetzt ansteht. Kurzum: Die Bürgerversicherung ist aus meiner Sicht ein Aufreger – mehr nicht.
Breite Gelassenheit also, was das Thema Bürgerversicherung betrifft – auch bei Ihnen, Herr Hildebrandt?
Micha Hildebrandt, Vorstand Vertrieb und Marketing Vigo Krankenversicherung: Ich kann den Kollegen nur beipflichten. Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, sagte völlig zu Recht: Wer meint, eine Einheitsversicherung sei gerechter als das bestehende System, der täuscht sich. Leider geht es in der politischen Diskussion oft nicht um die Fakten, sondern darum, die Bürger emotional zu erreichen. Diese verfügen aber nicht immer über alle Informationen, um sich ein vollständiges Bild zu machen. Es ist natürlich auch unsere Aufgabe, die relevanten Fakten weiter zu streuen, damit die Zerrbilder über die Bürgerversicherung möglichst verschwinden.
Dalibor Stanic, Rating-Spezialist Morgen & Morgen: Das Gesundheitssystem in Deutschland funktioniert recht gut. So haben sich beispielsweise die Tarifleistungen in der PKV ein ganzes Stück weit verbessert. Es gibt einfach vordringlichere Themen als eine Komplettüberholung des Systems.
Welche Themen wären das?
Stanic: Das betrifft allen voran die Beitragsstabilität. Denn die Diskussion um die Beitragsentwicklung im Alter bekommen natürlich auch die Verbraucher mit. Davon fragen sich viele, wie es mit ihrem PKV-Vertrag weitergeht, wenn sie 10, 20 oder gar 30 Jahre älter sind? Hier wäre es hilfreich, wenn die Branche mehr Aufklärung dahingehend betreibt, welche Möglichkeiten der Versicherte im Fall einer Beitragsanpassung hat.
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