Innenansicht im Europäischen Parlament in Straßburg. © picture alliance / Geisler-Fotopress
  • Von Lorenz Klein
  • 01.08.2022 um 16:38
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Ab dem 2. August 2022 sind Anlageberater und Versicherungsvermittler dazu verpflichtet, die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden abzufragen. Viele Details sind immer noch auf EU-Ebene zu klären, doch ESG-Experte Michael Franke betont: „Anfangen lautet das Gebot der Stunde.“ Pfefferminzia nennt die wichtigsten Initiativen, die Vermittler bei der ESG-Abfrage unterstützen.

Zwölf Monate nach ihrer Veröffentlichung tritt sie pünktlich am 2. August 2022 in Kraft: Die „Delegierte Verordnung (EU) 2021/1257“. Sie bringt eine Pflicht mit sich, vor der viele Versicherungsvermittler Respekt haben: Die Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen bei ihren Kunden – sie gilt für Produktgeber und Vermittler von Versicherungsanlageprodukten der dritten Schicht. Finanzanlagenvermittler (nach Paragraf 34f der Gewerbeordnung) brauchen ihre Kunden indes auch weiterhin nicht nach Nachhaltigkeit zu befragen – was bereits kontrovers diskutiert wurde.

Lob und Tadel für Eiopa

Wobei die europäische Versicherungsaufsicht Eiopa nicht gerade dazu beitrug, für mehr Klarheit unter Versicherungsvermittlern zu sorgen, wie sie das Thema Nachhaltigkeit eigentlich künftig in ihren Beratungsprozess verankern sollen. Während die Aufsicht im April noch einen Entwurf für verbindliche Leitlinien („Guidelines“) vorlegte, veröffentlichte sie vor gut zehn Tagen lediglich „Hinweise“ („Guidance“) zur Integration von Nachhaltigkeitspräferenzen in den Beratungsprozess (Download hier). „Die Eiopa hat hier erstaunliche Flexibilität gezeigt“, lobte Martin Klein, Vorstand des Vermittlerverbandes Votum, da es aktuell noch deutlich zu früh sei, um eine verbindliche Leitlinie zu formulieren.

Doch es gibt auch Kritik am Vorgehen der Behörde: „Erst jetzt hat die Europäische Versicherungsaufsicht Hinweise veröffentlicht – noch nicht einmal zwei Wochen vor Inkrafttreten der Abfragepflicht. Eine verantwortungsvolle Einstimmung auf diese wichtige Zukunftsaufgabe sieht anders aus“, erklärte Sabine Brunotte, Leiterin der Expertengruppe (EG) Nachhaltigkeit, die Ende 2021 als Teil des Arbeitskreises Beratungsprozesse ins Leben gerufen wurde.

Am Mittwoch hatte der Arbeitskreis seine neue „Musterabfrage Nachhaltigkeitspräferenzen“ präsentiert sowie das „Merkblatt Nachhaltigkeit“. „So lang wie nötig, so knapp wie möglich“, beschreiben die ESG-Experten das Ziel für den Bogen zur Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen. Neben der Präferenzabfrage enthält der Bogen umfangreiche Erläuterungen für Vermittler. Das Material wird angereichert um Tipps für ein nachhaltiges Maklerbüro (Download hier).

Unterlagen werden fortlaufend optimiert

Das Projekt sei aber noch nicht abgeschlossen, betonte Brunotte, zumal am 2. August 2022 wesentliche CSR-Berichtspflichten noch nicht in Kraft getreten seien, und für vier von sechs Bereichen der Umwelt-Taxonomie noch technische Regulierungsstandards fehlten. „Wer heute glaubt, die finale Fassung einer belastbaren Präferenzabfrage für Versicherungsanlageprodukte in den Händen zu halten, kann nur irren“, so Brunotte. Zur Optimierung gehöre zum Beispiel auch, so die Expertin weiter, praktische Erfahrungen aus Kundengesprächen in das künftige Angebot einfließen zu lassen.

„Unsere EG Nachhaltigkeit bringt viele engagierte Köpfe zusammen“, erklärte Michael Franke, Vorstand des Arbeitskreis Beratungsprozesse, in einer Mitteilung. So arbeiteten in dem Gremium die Vermittlerverbände AfW, BDVM, BVK und Verband der Fairsicherungsläden „Seite an Seite“ mit den Maklerverbünden Charta und Germanbroker.net zusammen, so Franke. Zudem steuerten die Allianz Leben, die Itzehoer sowie der nachhaltige Marktplatz bessergrün ihr Know-how ebenso bei wie das German Sustainability Network GSN.

Einige Verbände haben zudem eigene Initiativen gestartet, die Vermittler bei der ESG-Abfrage unterstützen sollen. Eine Auswahl finden Sie nachfolgend:

Der Vermittlerverband Votum und der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW haben ihre Formulierungshilfen jüngst auf neuen Stand gebracht, mittels denen Vermittler ihre gesetzlichen Pflichten erfüllen können. Sie hatten diese im Zuge der im März 2021 Inkraftgetretenen Transparenzverordnung (TVO) verfasst. Neu hinzugekommen sind nun jene Teile, mit denen Versicherungsvermittler ab 2. August die Nachhaltigkeitsvorlieben abfragen können. Die neuen Formulierungshilfen gibt es hier zum Download.

Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) hat auf eine Checkliste für Versicherungsvermittler hingewiesen (Download hier). Der BVK wolle mit der Checkliste alle Vermittler unterstützen, die ihre Positionierung beim Thema Nachhaltigkeit erstellen und überprüfen wollen, wie es in einer Mitteilung hieß. „Wir werden als Vermittler nur dann authentisch und kompetent von unseren Kunden wahrgenommen, wenn wir unsere eigenen individuellen Positionen zu Nachhaltigkeitsfragen kennen“, erklärte BVK-Präsident Michael Heinz.

Der DIN-Ausschuss „Finanzdienstleistungen für Privathaushalte“ hat nach der zweimonatigen Konsultationsphase und der Einarbeitung von Optimierungsvorschlägen aus der Branche das Modul zur Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen endgültig verabschiedet. Das sogenannte „ESG-Modul“ wird Teil der bereits bestehenden DIN-Norm 77230 „Basis-Finanzanalyse für Privathaushalte“, kann aber auch eigenständig zur Anwendung kommen. Hintergründe gibt es hier.

Das German Sustainability Network hatte unlängst Ideen vorgelegt, wie der Versicherungsvertrieb die Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen von Kunden umsetzen kann.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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