- Von Lorenz Klein
- 20.03.2017 um 10:08
Stefanie Alt: Erfreulich ist aus Sicht der Nürnberger, dass die Anrechnung der bAV auf die Grundsicherung weitestgehend abgeschafft wird, und der Dotierungsrahmen auf 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze ausgeweitet werden soll. Auch darüber hinaus begrüßen wir die Reform der bAV ausdrücklich. Leider gehen die Reformvorschläge nicht weit genug. Insbesondere beim Sozialpartnermodell sehe ich keine flächendeckenden Anreize. Denn gerade einmal 15 Prozent der Unternehmen in Deutschland sind tarifgebunden.
Es ist nicht zu erwarten, dass sich die tarifungebundenen Unternehmen im großen Stil den tarifgebundenen anschließen, um am Sozialpartnermodell partizipieren zu können. Am kritischsten sehe ich, dass man bei der Beitragszusage so stark zwischen „erster“ und „zweiter“ bAV-Welt unterscheidet. Man wolle den Sparern mit der reinen Beitragszusage mehr Rendite ermöglichen, sagt der Gesetzgeber. Da stelle ich mir aber schon die Frage: Sollen die Sparer im bisherigen bAV-Umfeld keine Rendite erhalten? Ich bin zudem äußerst kritisch dem Garantieverbot gegenüber. Wieso überlässt man es nicht den Tarifvertragsparteien, hier flexibel vorzugehen? Wir brauchen einfach Flexibilität bei den Garantien – auch in der ersten bAV-Welt. Wir müssen die Chance haben, die Kosten der Garantien zu reduzieren – zugunsten von mehr Renditechancen für den Kunden.
Thomas Vietze: Viele Punkte der Reform gehen schon in die richtige Richtung, sie sind aber zu kurz gedacht. Die Erhöhung des Förderrahmens auf 8 Prozent finden wir sehr gut, Gleiches gilt für die Erhöhung der Riester-Grundzulage – aber vieles hat der Gesetzgeber nur halbherzig angepackt – etwa beim Freibetrag auf die Anrechnung der Grundsicherung oder die Abschaffung der Doppelverbeitragung allein im Rahmen der Riester-bAV. Da hätte man noch mehr tun können und müssen. Was meines Erachtens gar nicht geht, da stimme ich den Kollegen zu, ist die Schaffung einer Parallelwelt in der bAV. Dadurch wird das System unnötig komplexer, ohne dass die Beteiligten echte Vorteile davon haben. Das Garantieverbot sehe ich ebenfalls sehr kritisch.
Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Arbeitnehmer komplett auf Garantien verzichten wollen. Die Deutschen haben nun mal eine Vollkaskomentalität – das zeigen alle Umfragen. Außerdem wird das Gestaltungsrecht der Arbeitgeber eingeschränkt, indem der Gesetzgeber vorgibt, wie viele Zuschüsse gezahlt werden sollen. Warum stärkt man nicht ein funktionierendes System, das es schon gibt? Und räumt so die Komplexität aus dem Weg.
Lesen Sie hier in Kürze den zweiten Teil des Roundtable. Dieser ist auch in der Pfefferminzia-Ausgabe 1/2017 erschienen.
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