Altersvorsorge-Experte Bernd Raffelhüschen vom Institut für Finanzwissenschaft der Universität Freiburg wünscht sich eine Vereinfachung der betrieblichen Altersversorgung (bAV). © dpa
  • Von Lorenz Klein
  • 28.10.2019 um 11:01
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Das Sozialpartnermodell kommt in Deutschland nur sehr schleppend in Gang – und daran wird sich nach Meinung von Experten für die betriebliche Altersversorgung (bAV) so schnell auch nichts ändern. Erst nach 2021 werde man solche Modelle mit reiner Beitragszusage in der Breite sehen, meint jeder zweite Experte – fast 40 Prozent sind sogar noch pessimistischer.

Die bAV-Community zeige sich im Hinblick auf die reine Beitragszusage im Sozialpartnermodell sehr verhalten, berichtet Willis Towers Watson auf Basis einer Umfrage unter rund 200 Experten für die betriebliche Altersversorgung (bAV). Die Umfrage wurde im Rahmen der jährlichen bAV-Konferenz des Beratungsunternehmens am 16. Oktober 2019 in Frankfurt durchgeführt.

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Demnach meint eine knappe Mehrheit von 51 Prozent, dass man solche Modelle erst nach 2021 in der Breite sehen werde. Mehr als ein Drittel der Befragten (38 Prozent) ist sogar der Ansicht, dass sich Sozialpartnermodelle gar nicht in der Breite durchsetzen werden. Bislang hat hierzulande lediglich der Versicherungskonzern Talanx ein Sozialpartnermodell im Rahmen eines Haustarifvertrags für seine Konzernbeschäftigten angekündigt (wir berichteten).

Zu staatlich organisierten privaten Altersvorsorgemodellen, wie etwa der aktuell diskutierten Deutschlandrente oder der Extrarente, äußerten sich die bAV-Experten laut Umfrage ebenfalls verhalten. Solche Modelle könnten die bAV allenfalls ergänzen (47 Prozent), aber nicht ersetzen (48 Prozent).

„Sicherheit wird meist mit Garantien assoziiert“

„Sicherheit wird meist mit Garantien assoziiert. Dass hingegen eine bAV ohne Garantien durchaus zielführend sein kann, müssen die Tarifpartner erst einmal vermitteln – und hier scheinen sich die Player im Markt bislang schwer zu tun“, kommentierte Heinke Conrads, Leiterin Retirement Deutschland und Österreich bei Willis Towers Watson, die Ergebnisse.

Zwei Jahre zuvor hatte sich die bAV-Community noch optimistischer bezüglich der reinen Beitragszusage gezeigt. Auf der Willis-Towers-Watson-Konferenz 2017 hatte ein Drittel der Teilnehmer Sozialpartnermodelle in der Breite schon für das Jahr 2019 erwartet; 58 Prozent für nach 2019.

Conrads schätzt das Für und Wider der reinen Beitragszusage wie folgt ein: „Einerseits bietet eine reine Beitragszusage gerade im Niedrigzinsumfeld durchaus eine realistische Chance auf ein höheres ergänzendes Alterseinkommen. Andererseits sind hier die erforderlichen Abstimmungen komplexer, da ein Sozialpartnermodell nicht nur auf betrieblicher Ebene, sondern zwischen den Tarifparteien vereinbart werden muss. Auch dies mag für Verzögerungen bis zur Einführung des ersten Modells gesorgt haben.“

Altersvorsorge-Experte Raffelhüschen kritisiert Komplexität der bAV

Konferenz-Teilnehmer Bernd Raffelhüschen vom Institut für Finanzwissenschaft der Universität Freiburg, kritisierte unterdessen die Komplexität der bAV. „Betriebliche Altersvorsorgevermögen sollten rentierlicher investiert werden dürfen. Sie sind aktuell zu anleihelastig refinanziert, sollten aber stärker in renditestarke Realkapitalinvestitionen angelegt werden“, wird Raffelhüschen von Willis Towers Watson zitiert.

Gerade versicherungsförmig durchgeführte betriebliche Versorgungsmodelle seien jedoch aufgrund gesetzlicher Vorgaben gezwungen, in niedrig verzinste Anleihen zu investieren, kritisierte der Wissenschaftler. „Altersvorsorge-Kapital gehört in die bAV oder in die Hände der Einzelpersonen, aber nicht in politische Hände“, so Raffelhüschen.

Expertin Conrads zufolge sei es nicht entscheidend, ob die bAV als neue reine Beitragszusage oder in den langjährig bewährten Formen angeboten werde – wichtig sei vielmehr, dass sie „passend für das jeweilige Unternehmen und seine Mitarbeiter ausgestaltet wird“. Dann entfalte die bAV auch für das Unternehmen eine messbare Wirkung mit Blick auf Mitarbeiterbindung und -engagement, so Conrads.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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