- Von Lorenz Klein
- 23.07.2020 um 15:43
„Warum Unfallversicherungen meist überflüssig sind“ – mit dieser Schlagzeile zog das Wirtschaftsmagazin „Capital“ vor gut vier Monaten den Unmut vieler Versicherungsvermittler auf sich. Oft würden die privaten Policen im Ernstfall gar nicht greifen, begründete die Autorin ihre Ablehnung (wir berichteten). Den gerade einmal 1,1 Prozent der als schwerbehindert anerkannten Menschen in Deutschland seien laut Statistischem Bundesamt „durch einen Unfall in Freizeit oder Haushalt in diese Lage gekommen“, hieß es.
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„Unfallversicherungen meist überflüssig“
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Viele Vermittler hielt es da nicht mehr auf dem Sitz. „Was hilft die Statistik den Betroffenen?“ oder „Mehr als 1 Mensch pro 100 reicht doch! Ist schon einer zu viel“, hallte es auch den sozialen Medien zurück (siehe Kasten). „Wer den Unterschied zwischen ,schwerbehindert‘ und ,invalide‘ nicht kennt, sollte solche Artikel nicht schreiben“, kritisierte ein anderer Nutzer. Frei übersetzt: Man muss nicht immer gleich den Kopf unterm tragen, um eine Leistung von der Unfallversicherung zu bekommen.
Außerdem verwiesen viele Vermittler darauf, dass eine Unfallversicherung im Gegenzug eben auch deutlich günstiger sei als zum Beispiel eine Berufsunfähigkeitsversicherung, die etwa auch nach einer Erkrankung leisten würde.
Bund der Versicherten auf Linie der Vermittler
Beim Bund der Versicherten (BdV) vertritt man die gleiche Meinung wie die Vermittler – was sonst eher selten passiert. „Kinder sollten gegen die finanziellen Folgen einer Invalidität abgesichert werden“, sagt BdV-Pressesprecherin Bianca Boss anlässlich des baldigen Schulbeginns in vielen norddeutschen Bundesländern. Eine Kinderinvaliditätsversicherung (KIV) sei zwar deutlich teurer als eine Unfallversicherung, „bietet aber auch ein deutlich höheres Absicherungsniveau“, wird Boss in einer aktuellen Mitteilung des BdV zitiert.
Das bedeutet aber nicht, dass die Hamburger Verbraucherschützer von einer Unfallversicherung für Kinder abraten – im Gegenteil. „Ist der Abschluss einer KIV nicht möglich, ist eine private Unfallversicherung sinnvoll“, empfiehlt Boss.
Rentenhöhe sollte spürbar oberhalb der Sozialleistungen liegen
Eine Kinderinvaliditätsversicherung zahle bei Invalidität in Folge eines Unfalls und wenn die Invalidität durch eine Krankheit verursacht worden sei. „Im Schadenfall erhalten die Versicherten eine lebenslange Rente. Diese deckt den fortlaufenden Kapitalbedarf, wenn aufgrund der Invalidität kein Erwerbseinkommen erzielt werden kann“, erläutert die Expertin. Der BdV empfiehlt demnach, eine Rentenhöhe zu vereinbaren, „die spürbar oberhalb der Sozialleistungen liegt, also mindestens 1.000 Euro monatlich“.
Eine private Unfallversicherung zahlt einen Geldbetrag, wenn das Kind durch einen Unfall einen bleibenden körperlichen Schaden erlitten hat. Diese Zahlung solle durch die Unfallfolgen entstehende einmalige Kapitalbedarfe decken – beispielsweise für notwendige Umbaumaßnahmen in der Wohnung, heißt es beim BdV. Wichtig sei dabei, dass die Grundsumme dieser Invaliditätsleistung bei mindestens 200.000 Euro liege.
Darüber hinaus sei die Vereinbarung einer Progression von 225 bis 350 Prozent sinnvoll, um die Leistung bei erhöhter Invalidität zu steigern. Um laufende Kosten durch besonders schwere Unfallfolgen abzusichern, sollte außerdem „in jedem Fall eine Invaliditätsrente in Höhe von mindestens 1.000 Euro monatlich vereinbart werden“.
Eltern schützen mit eigenen Policen auch ihre Kinder
Zudem sollten die Eltern durch Todesfall- und Arbeitskraftabsicherungen (zum Beispiel Risikolebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung) geschützt sein, damit die ganze Familie für den Fall des Todes oder des Verlustes der Arbeitskraft eines Elternteils finanziell abgesichert sei, wie die Verbraucherschützer betonen.
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