- Von Lorenz Klein
- 24.03.2023 um 13:03
Pfefferminzia: Wie beurteilen Sie speziell das am Markt verfügbare Angebot von Berufsunfähigkeitsversicherungen für Schülerinnen und Schüler – ein Segment, in das zuletzt ja viel Bewegung gekommen zu sein scheint. Was gefällt Ihnen da und was nicht?
Bert Heidekamp: Hier hat sich wirklich vieles getan – besonders die Versicherbarkeit von Schülern bereits ab dem 10. Lebensjahr ist hier zu nennen. Kunden stellen dann aber nicht selten die Frage, warum eine Schülerin oder ein Schüler eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen soll, wenn sie noch keinen Beruf ausüben? Hier ist der Vermittler gefragt, die Bedeutung der frühen BU-Absicherung – im wahrsten Sinne des Wortes – zu vermitteln.
Auf welche Kernargumente für eine frühe BU-Absicherung kommt es dabei an?
Erstens ist als Beruf die Tätigkeit als Schüler – inklusive der Zeit für Hausaufgaben – versichert, zweitens hat man auf diese Weise frühzeitig den Gesundheitszustand gesichert und drittens: Es fehlt schlichtweg an einer sozialen Erwerbsminderungs-Absicherung bei Beginn des Studiums und der Ausbildung.
„Tabaluga der Universa – kleiner Drache, ganz groß?“
„Kein Vermittler sollte sich blind auf Ratings verlassen“
Und wo liegen die Stolpersteine in der Vermittlung?
Die Tarife weisen zum Teil große Unterschiede in der Bedingungsqualität auf. Und einige Tarife sind überhaupt nicht empfehlenswert, wie etwa die Ergo Kidspolice – an der Stelle stimme ich mit dem Bund der Versicherten (BVK) überein. Man muss sich einfach klarmachen: Je nach Alter des Kindes ist nicht klar abzusehen, wohin sich die beruflichen Ziele entwickeln.
Hier wäre es wichtig, sehr weitreichende Anspruchsgrundlagen versichert zu wissen, wie eine echte Dienstunfähigkeits-, eine optimale AU- und eine ausgezeichnete Teilzeitklausel. Allein: Letztere wird oft nicht verstanden – zumal die Teilzeitklausel auch erst seit 2019 auf dem Markt ist. Den Anstoß zu dieser Klausel haben wir übrigens seit 2016 in Gesprächen mit Versicherern gegeben – und sie bildet sich derzeit sehr unterschiedlich heraus. Aber auch die Klausel zur Umorganisationsprüfung sollte man im Auge haben, falls das Kind später sich selbstständig machen sollte.
Was könnten die Versicherer unternehmen, um das AKS-Angebot für Kinder/Schüler noch besser zu machen?
Eindeutig mehr Angebote ab Geburt. Hier wären Gesamtpakete sinnvoll, wie ein Tarif mit BU-Option ohne erneute Gesundheitsfragen, eine gute Pflegetagegeld- sowie Unfallversicherung. Zwar gibt es zunehmend mehr Tarife mit BU-Optionen, Fonds-, Pflege- und Grundfähigkeitsrenten. Allerdings gilt: Besonders im Zusammenhang mit einer Grundfähigkeitsversicherung überzeugt keine BU-Option laut den von uns erstellten Analysen. Positiv zu erwähnen ist hier ist die Universa mit ihrem Tabaluga-Produkt und einer ausgezeichneten BU-Option.
Wichtig ist: Es geht nicht darum, die möglichst denkbar beste BU zu erhalten – die so oder so unbekannt ist, da wir nicht wissen, wie die Tarife später sein werden. Es geht vielmehr darum, ohne Wenn und Aber Anspruch auf eine BU-Versicherung zu haben. Tarife, die ohne Gesundheitsfragen abgeschlossen werden, bewerte ich kritisch. Das verleitet eher zu einem schnellen Geschäft, statt später problemlos eine BU-Versicherung zu erhalten. Und auch wenn der Versicherer hier nur verkürzte Gesundheitsfragen stellt, so sind diese nicht ohne. Hier wäre es begrüßenswert, wenn der Versicherer alternativ einen anderen Tarif mit einer Gesundheitsprüfung zum Vertragsschluss anbieten würde.
Welche potenziellen Haftungsfallen sehen Sie, wenn sich Versicherungsmakler mit der Arbeitskraftabsicherung von Kindern befassen?
Da gibt es sehr viele Fallstricke, die im Einzelnen hier nicht erklärt werden können. Nur so viel: Aufgrund einer statistischen Erhebung, die wir 2021 durchführten, hat sich herausgestellt, dass ein Großteil der Vermittler wenig bis kein Wissen über eine umfangreiche Kindervorsorge hat. Schon bei der Auswahl der Sparten – einhergehend mit den späteren Rechts- und Tariffolgen bei oder nach einem beantragten Leistungsfall – können künftige Absicherungen absolut gefährdet werden.
Kurzum: Als Vermittler benötigt man besonders bei Kleinkindern einen absoluten Weitblick. Den Eltern oder dem Kind später erklären zu müssen, dass die BU-Option nicht ausgeübt werden kann – es zugleich aber andere Möglichkeiten gegeben hätte – dürfte schwerfallen. Und selbst wenn man als Vermittler die richtige Sparte wählt, dann aber den falschen Tarif, kann das zu Problemen führen. Auf die Highlight-Blätter der Versicherer sollte man sich jedenfalls nicht verlassen. Auch die Verlautbarung des BdV bewerte ich kritisch, wonach bevorzugt eine Funktionsinvaliditätsversicherung empfohlen wird. Und letztlich gilt natürlich: Wer als Vermittler nicht ordentlich dokumentiert, kann leider böse Überraschungen erleben.
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