Björn Thorben M. Jöhnke ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. © Kanzlei Jöhnke & Reichow
  • Von Björn Thorben M. Jöhnke
  • 13.06.2019 um 08:37
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Ist es einem Versicherer zuzumuten, sich Jahre nach einer Leistungsablehnung noch mit einem Versicherungsfall auseinandersetzen zu müssen, den er für abgeschlossen hielt? Mit dieser Frage hat sich der Bundesgerichtshof im April befasst. Wie es um die Verjährung von Ansprüchen in der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) bestellt ist, erläutert Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke.

Auch sei die Verjährung des Stammrechts nicht unzumutbar für den Versicherungsnehmer. Dieser kann mittels einer Klage auf künftig wiederkehrende Leistungen gemäß Paragraf 204 Abs. 1 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Verjährung hemmen.Er wird auch nicht damit rechnen, nach einer Leistungsablehnung des Versicherers dennoch erfolgreich Leistungen geltend machen zu können, wenn er viele Jahre untätig blieb und den konkreten Versicherungsfall zu spät verfolgt. Er wird davon ausgehen, dass er Ansprüche innerhalb einer gewissen Frist geltend machen muss.

Verjährung des Stammrechts möglich

Auch aus der Streichung von Paragraf 12 Abs. 3 VVG a. F. im Rahmen der Reform des Versicherungsvertragsrechts 2008 ergibt sich laut BGH nicht, dass Stammrechte nicht verjähren können. Daraus könnten keine Rückschlüsse für die Frage der Stammrechtverjährung gezogen werden. Die Vorschrift verhalte sich nicht zur Verjährung. Vielmehr stellte sie den Versicherer von der Leistungsverpflichtung frei, wenn der Leistungsanspruch nicht innerhalb von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht wurde. Danach konnte der Versicherer also schon vor Ablauf der Verjährungsfrist frei werden. Diese Privilegierung wurde mit der Streichung der Vorschrift beendet.

Mit der Streichung des Paragrafen 12 Abs. 3 VVG a. F. ist die Möglichkeit des Versicherers entfallen, die Verjährungsfrist zulasten des Vertragspartners einseitig zu verkürzen. Der BGH betont, dass das aber nichts an der selbstständigen Verjährung des Gesamtanspruchs nach allgemeinem Verjährungsrecht geändert hat.

Fazit und Praxishinweis

Das Oberlandesgericht (OLG) Jena war mit Urteil vom 29. März 2018 (Az. 4 U 392/17) als Berufungsinstanz der Auffassung, dass zum Zeitpunkt der hier gegenständlichen verjährungshemmenden Klageerhebung nur die bis Ende 2012 entstandenen Leistungsansprüche verjährt waren. Für Ansprüche ab Anfang 2013 könne die Versicherungsnehmerin jedoch die vertraglich vereinbarte Beitragsfreistellung verlangen.

Damit stellte das OLG Jena eine Weiche hinsichtlich der Verjährung von Ansprüchen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung: Verjährt ein Gesamtanspruch, oder verjähren nur Teile als Einzelansprüche? Der BGH vertrat jedoch eine andere Auffassung, als das Berufungsgericht: Es gibt einen Gesamtanspruch, welcher nach den normalen zivilrechtlichen Vorschriften – Paragraf 199 BGB – verjährt. Damit findet gerade keine abschnittsweise Verjährung statt, denn der Reformgesetzgeber von 2008 habe sich mit Abschaffung des Paragrafen 12 Abs. 3 VVG a.F. im Interesse der Versicherungsnehmer für die Anspruchsverjährung nach dem BGB und gegen eine Anspruchsbündelung beziehungsweise Stammrechtsverjährung entschieden.

Versicherungsfall frühzeitig beim Versicherer anmelden

Die Entscheidung ist nachvollziehbar, jedoch in der Praxis nicht gefahrlos. Versicherungsnehmer, die Leistungsansprüche aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung geltend machen wollen, sollten also frühzeitig den Versicherungsfall bei dem Versicherer anmelden, um nicht mit der Einrede der Verjährung konfrontiert zu werden. Im Zweifel müssten Versicherte bei einer Erstattungsverweigerung ebenfalls frühzeitig verjährungshemmende Maßnahmen einleiten.

Für die Praxis ist damit festzustellen, dass es sinnvoll ist, jede Leistungseinstellung eines Berufsunfähigkeitsversicherers anwaltlich überprüfen zu lassen. Vor diesem Hintergrund macht es Sinn sich mit dem Ablauf eines typischen BU-Verfahrens mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung vertraut zu machen.Auch an dieser Entscheidung des BGH ist zu erkennen, dass es sinnvoll ist, frühzeitig anwaltliche Expertise in Anspruch zu nehmen, da ansonsten die vertraglich zugesicherten Ansprüche des Versicherten vereitelt werden könnten.

Über den Autoren

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, Partner und Gründer der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte.

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