- Von Lorenz Klein
- 07.10.2019 um 12:30
Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) zu erhalten, obwohl gar keine Berufsunfähigkeit mehr besteht – das ist unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, stellte der Bundesgerichtshof (BGH) in seiner Entscheidung vom 13. März 2019 klar (Aktenzeichen IV ZR 124/18).
Auf den BGH-Beschluss weist der Rechtsanwalt Tobias Strübing von der Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte in Berlin hin.
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Was war geschehen?
Ein Versicherungsnehmer hatte ab 2012 die vereinbarte Rentenleistung gegenüber seiner Berufsunfähigkeitsversicherung geltend gemacht. Obwohl er 2015 bereits wieder gesund war und auch eine neue Arbeit gefunden hatte, verlangte er von der Berufsunfähigkeitsversicherung auch über das Jahr 2015 hinaus die vereinbarte Rentenleistung.
Der vom Gericht beauftragte Sachverständige stellte zwar eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit fest – jedoch nur für den Zeitraum 2012 und 2013. Trotzdem bekam der Versicherungsnehmer bis einschließlich März 2017 die versicherte Leistung zugesprochen. Der Grund: Der Versicherer hatte erst im Rechtsstreit das in den Bedingungen vereinbarte Nachprüfungsverfahren erklärt und die dafür erforderliche Vergleichsbetrachtung (Zeitpunkt der Berufsunfähigkeit und Zeitpunkt der Wiedergenesung) vorgenommen.
Ein Versicherungsnehmer sei auch in so einer Situation schutzwürdig, stellten die BGH-Richter im Berufungsverfahren klar. Gibt der Versicherer diese Erklärung also nicht rechtzeitig ab, bleibe er auch weiterhin verpflichtet, „die vereinbarten Rentenleistungen zu zahlen, unabhängig davon, ob der Versicherungsnehmer wieder gesund sei und, wie im vorliegenden Fall, auch wieder arbeiten gehe“, berichtet Anwalt Strübing auf Basis des Urteils.
BGH stärkt Versichertenrechte
Die Ausführungen des BGH seien zwar nicht ganz neu, so der Anwalt weiter. Der BGH habe mit seinem Urteil aber die Rechtsfrage geklärt, ob die Erklärung, das Nachprüfungsverfahren durchzuführen, möglicherweise zu einer rückwirkenden Leistungsfreiheit des Versicherers führe. „Das soll laut BGH jedoch nicht möglich sein“, betont Strübing. Außerdem hätten die Richter klargestellt, dass ein Nachprüfungsverfahren auch dann durchzuführen sei, wenn erst in einer gerichtlichen Auseinandersetzung Berufsunfähigkeit festgestellt werde.
„Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs führt zu weiterer Rechtssicherheit bei der Regulierung von Leistungsfällen in der Berufsunfähigkeitsversicherung. Sie stärkt vor allen Dingen die Rechte der Versicherungsnehmer“, so das Fazit des Anwalts.
Strübings Berufskollege, der Fachanwalt Uwe Klatt, sieht in dem Urteil ebenfalls eine deutlich Stärkung der Versichertenrechte, was er auf dem Portal Anwalt.de ausdrücklich begrüßte: „Die Entscheidung ist gerecht für Versicherungsnehmer, weil die Versicherung verspricht, dass sie so lange bezahlt, bis sie mit einem Nachprüfungsverfahren beweist, dass bei einmal feststehender Berufsunfähigkeit, diese wieder entfallen ist.“
Sein Fazit: „Somit besteht die Situation, dass die Nachprüfung zwingend – auch im Prozess – durchzuführen ist, um die Berufsunfähigkeitsrente wieder einstellen zu können, und zwar erst ab diesem Zeitpunkt“, wie Anwalt Klatt betont.
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