- Von Redaktion
- 23.03.2016 um 15:52
Viele Kunden schließen eine BU-Police nicht ab, weil sie glauben, der Versicherer leistet im Ernstfall eh nicht. Können Sie das bestätigen, Herr Kaiser?
Kaiser: Mir begegnet dieses Vorurteil auch immer wieder, leider auch bei Vermittlern. Das ist vielfach eine Prägung, die durch Fernsehen und Talkshows zustande kommt. Dort müssen die schlimmen Geschichten her. Wenn Lieschen Müller erzählt, sie habe einen Antrag ausgefüllt und BU-Rente bekommen, ist das eben keine Geschichte. Natürlich gibt es solche Fälle, in denen der Versicherer nicht zahlt. Aber diese Pauschalisierung – „die zahlen eh nicht“ –, das stimmt so nicht. Meiner Erfahrung nach kommt es in ungefähr 65 bis 70 Prozent der Fälle, in denen der Kunde den Antrag auf BU-Rente gestellt und auch weiterverfolgt hat, zu einer Leistung. Allerdings ist es manchmal schon ein Kampf, dahin zu kommen. Es geht um sehr viel Geld, und da werden schon mal die Ellenbogen ausgefahren.
Kruse: Bei den drei Versicherern, die das Siegel bekommen haben, ist mir aufgefallen, mit welcher Sensibilität und Professionalität die Sachbearbeiter sich den Leistungsfällen nähern. Die Mitarbeiter bewegen sich dauernd auf einem schmalen Grat zwischen einer bedingungsgemäßen Prüfung auf der einen und dem einfühlsamen Umgang mit einem Kunden in einer Notsituation auf der anderen Seite. Das Bild von einem mit dem Ablehnungsstempel bewaffneten, ablehnenden Sachbearbeiter habe ich da nicht bekommen.
Welche Fehler machen Versicherer typischerweise in der Leistungsregulierung?
Kaiser: Ein BU-Leistungsfall kann nicht nach einem fixen Schema ohne Sorgfalt bearbeitet werden. Das liegt daran, dass die BU einen ausgeübten Beruf und ein Krankheitsbild miteinander verknüpft. Da es zigtausend Berufsbilder in unterschiedlichen Ausprägungen gibt und ebenso viele Krankheiten, ist die Zahl der möglichen Kombinationen, die zu einer BU führen können, sehr groß. Deshalb ist jeder Leistungsfall irgendwie einmalig und eine Einzelfallentscheidung. Wie geht man mit jemandem um, der an einer Depression leidet? Dem kann man nicht alle zwei Wochen einen Brief schreiben und fragen, wo denn die Unterlagen bleiben und bald Konsequenzen wegen fehlender Mitwirkung androhen. Das ist kontraproduktiv. Wenn der Kunde Schwierigkeiten hat, muss sich der Versicherer doch fragen, wie er dem Kunden helfen kann.
Welchen Effekt erhoffen Sie sich davon, dass es diese Zertifizierung nun gibt?
Kruse: Sie ist zum einen ein Beitrag zur Transparenz. Zum anderen finden sich in der Leistungsbearbeitung – auch bei einem fairen Versicherer – noch Punkte, die man optimieren kann. Da wollen wir Sparringspartner sein und Input geben, wie sich Anbieter verbessern können.
Bisher haben Sie drei Versicherer bewertet. Stehen weitere in den Startlöchern?
Kruse: Ja. Aktuell sind wir in zahlreichen weiteren Gesprächen mit Versicherern und gehen davon aus, dass wir bald mit weiteren Verfahren starten können.
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