- Von Redaktion
- 14.03.2025 um 13:10
Pfefferminzia: Warum befassen Sie sich eigentlich mit so einem nischigen Thema wie Flugdienstuntauglichkeit?
Oliver Klaus: Meine Eltern waren 40 Jahre bei der Lufthansa beschäftigt. In Seeheim-Jugenheim, wo ich wohne, gibt es das Lufthansa-Schulungszentrum. Dort hat mein Vater unterrichtet, und meine Mutter war auch dort tätig. So bin ich mit der Airline aufgewachsen und kenne natürlich alle Begriffe, die für Piloten wichtig sind. Irgendwann hat sich ein Pilot bei uns wegen seiner Berufsunfähigkeitsversicherung gemeldet. Da habe ich gemerkt, dass er sich direkt verstanden fühlte.
Was hatte er denn für ein Problem?
Klaus: Ein psychisches. Das ist bei Piloten leider zunehmend ein Thema. Jeder kennt die schlimme Germanwings-Katastrophe, und das war der Punkt, an dem die Fluggesellschaften selbst hellhörig wurden, weil man natürlich Piloten mit einer psychischen Erkrankung nicht mehr gerne haben wollte. Piloten haben aber auch selbst gemerkt, dass sie sehr belastet sind.
Gilt Flugdienstuntauglichkeit eigentlich nur für Piloten, oder fliegen noch andere mit?
Klaus: Sie gilt natürlich auch für Co-Piloten. Außerdem zählen die Flugbegleiter dazu, die flugdiensttauglich sein und über das gleiche Medical verfügen müssen. Das ist ein allgemeiner Ausdruck für das, was auch Piloten benötigen, um fliegen zu dürfen.
Was ist bei einer BU-Versicherung in der Luftfahrt anders als beispielsweise bei einer Krankenschwester?
Klaus: Das fängt schon mit dem Begriff an. Bei der Berufsunfähigkeit sprechen wir davon, dass man in die zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr ausüben kann. Bei Piloten gibt es eine Erleichterung: Sie müssen nur „flugdienstuntauglich“ sein, um eben diese speziellen Leistungen abzurufen. Das ist an eine flugmedizinische Wertung gebunden. Es gibt also spezielle Flugmediziner, bei denen Piloten mindestens einmal im Jahr ihr Medical erhalten. Das benötigen sie, um fliegen zu dürfen. Ein Pilot kann schneller fluguntauglich werden als vielleicht eine andere Person berufsunfähig. Ein einfaches Beispiel: Ich hatte mal einen Piloten, der hatte ein urologisches Problem und musste sehr häufig auf die Toilette. Ein Sachbearbeiter kann einfach auf die Toilette gehen, aber ein Pilot kann das etwa während des Landeanflugs nicht. Das führt dann schnell zur Fluguntauglichkeit. Das verstehen aber viele Versicherer nicht sofort und sagen dann: „Ja, der soll halt einfach mal auf Toilette gehen.“ Da muss man dann erklären, dass es hier um die speziellen Sicherheitsanforderungen im Flugzeug geht.
Versicherer holen doch Gutachten von Spezialisten ein. Weiß der denn nicht, dass ein Pilot nicht immer so einfach auf die Toilette kann?
Klaus: Versicherer machen gerne den Fehler, einen normalen Gutachter zu befragen, der wiederum diese Umstände und Begriffe nicht kennt. Dann lehnt er die Berufsunfähigkeit beziehungsweise Flugdienstuntauglichkeit ab und sagt: „Na ja, so schlimm ist das ja nicht.“ Auch bei psychischen Erkrankungen ist das ein Thema. Eine leichte depressive Episode kann schon die Eignung aufheben. Denn man will ja vermeiden, dass jemand in dieser Position Angstzustände oder Panikattacken bekommt, wie es damals bei der Katastrophe der Fall war. Einen Piloten muss man viel schneller aus dem Verkehr ziehen. Und ein Flugmediziner kann so etwas besser und einfacher bewerten.
Wie oft passiert so etwas eigentlich?
Klaus: Bei uns tauchen nicht sehr viele solche Fälle auf. Aber es ist natürlich ein interessantes Thema, weil Piloten sehr gut versichert sind. Sie investieren viel Geld in ihre Ausbildung, was viele nicht wissen. Es sind mehrere hunderttausend Euro, die sie zunächst selbst bezahlen müssen, um überhaupt Pilot zu werden. Deswegen sind sogenannte „Loss of Licence“-Versicherungen, wie sie genannt werden, sehr hoch dotierte Verträge. Meistens gibt es eine monatliche Rente, aber oft noch einen zweiten oder dritten Vertrag, der hohe Einmalsummen absichert, im Bereich von 300.000 bis 600.000 Euro. Da wollen Versicherer nicht so gern zahlen und prüfen daher sehr genau, ob die Ansprüche gerechtfertigt sind. Die Piloten sind damit oft schnell überfordert, da sie nicht wissen, wie sie diese Fälle richtig anpacken müssen. Wir haben mittlerweile auch viele Piloten, die für ausländische Airlines arbeiten. Bei denen gibt es andere Gründe, zum Beispiel sehr hoher Druck und hohe Flugstundenzahl bei niedriger Bezahlung. Das ist nicht mit einem Lufthansa-Piloten vergleichbar, der natürlich viel verdient und eine hohe Verantwortung trägt.
Das Interview können Sie hier anschauen.
„Piloten müssen nur flugdienstuntauglich sein, nicht berufsunfähig“ von Pfefferminzia auf Vimeo.
>>Zum Teil 5: „Viele meiner Mandanten sind selbstständige Versicherungsmakler“

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