Eine Person im Rollstuhl: Wer frühzeitig nicht mehr arbeiten kann, darf hierzulande Erwerbsminderungsrente beziehen - aber wie verläuft Antrag, Prüfung und Co.? © dpa/picture alliance
  • Von Juliana Demski
  • 18.04.2017 um 12:17
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Nach schwerem Unfall oder langer Krankheit – wer nicht mehr arbeiten kann, dem gewährt der Staat eine Erwerbsminderungsrente. Das Problem dabei: Nur etwa die Hälfte aller Anträge wird angenommen. Wem, wie viel Geld zusteht und wie Betroffene überhaupt eine Erwerbsminderungsrente bekommen, erfahren Sie hier.

Eine Erwerbsminderungsrente soll ein letzter Ausweg sein für diejenigen, die frühzeitig nicht mehr arbeiten können. Aber wie sollten sich Betroffene verhalten, um auch Geld zu bekommen?

„Es ist sehr schwierig, eine Erwerbsminderungsrente zu erhalten“, weiß Carsten Ohm vom Sozialverband VdK Nordrhein-Westfalen. Etwa 356.000 neue Anfragen flatterten allein im Jahr 2015 ein – 41 Prozent wurden abgelehnt.

Wer eine Erwerbsminderungsrente beantragt, wird von der Deutschen Rentenversicherung geprüft. Heißt: Sie sieht nach, ob der Betroffene noch arbeiten kann. Danach zählt auch, ob der Antragssteller mindestens fünf Jahre lang in die Rentenkasse eingezahlt hat.

Der Gutachter macht‘s

Oftmals klappt es nicht sofort. Antragssteller können dann Widerspruch einlegen und auch klagen. Vor Gericht gibt es dann, anders als bei der Vorprüfung, einen neutralen Gutachter. „Entscheidet er zugunsten des Versicherten, bewilligt der Rentenversicherer dann häufig die Rente, noch bevor es zu einem Urteil kommt“, sagt Daniel Overdiek vom Sozialverband VdK Bayern gegenüber der Stiftung Warentest.

Außerdem interessant: Vor allem die Psyche hat Einfluss auf eine Erwerbsunfähigkeit – und das noch häufiger als Rücken- und Krebserkrankungen.

Erwerbsminderungsrente – ab wann und warum?

Derzeit gibt es in Deutschland etwa 1,8 Millionen Erwerbsminderungsrentner. 1,7 Millionen von ihnen bekommen die volle Rente. Ihr Zustand ist so schlimm, dass sie keine drei Stunden am Tag mehr arbeiten können. Oder: Sie könnten zwar drei bis sechs Stunden erwerbstätig sein, finden aber aufgrund der Arbeitsmarktlage keinen Teilzeitjob.

Das Zauberwort Zurechnungszeit

In der Zeit zwischen Erwerbsminderungsrentenbeginn und ihrem regulären Rentenbeginn wird dann so getan, als würden die Betroffenen weiterhin arbeiten und Beiträge zahlen. Genannt wird dieses Konzept Zurechnungszeit. Bis zum 62. Geburtstag ist sie angesetzt.

Eine Ausnahme gibt es: Wer ab Januar 2018 eine Erwerbsminderungsrente beantragt, bekommt drei Monate mehr Zurechnungszeit. Bis 2024 soll diese Zeit dann sogar auf 65 Jahre angehoben werden. Das gilt allerdings nur für Neurentner.

Das betrifft allerdings nicht die Rentenabschläge. Für jeden Monat, den die Erwerbsminderungsrente vorzeitig beginnt, werden 0,3 Prozent abgezogen. Maximal sind es 10,8 Prozent, nämlich dann, wenn die Rente mit 60 Jahren und elf Monaten – oder früher – anfängt, berichtet die Stiftung weiter.

Durchschnittsalter ist 52 Jahre

„Das Durchschnittsalter der Antragsteller liegt bei 52 Jahren“, so ein Sprecher der Deutschen Rentenversicherung gegenüber der Stiftung Warentest. Also: 10,8 Prozent weniger Rente. Wer aber als Frührentner bis zur Regelaltersgrenze freiwillige Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, kann seine persönliche Altersrente aufstocken.

Seit 2014 gibt es allerdings eine Neuerung: die sogenannte Günstigerprüfung. Die Rentenversicherung prüft, ob sich die letzten vier Jahre vor der Erwerbsminderung negativ auf die Rentenhöhe auswirken. Wenn ja, fällt dieser Zeitraum bei der Berechnung der tatsächlichen Rente weg. Zum Beispiel Teilzeitjobber sind davon betroffen. Vor allem Neurentner, die jünger als 62 Jahre sind, profitieren von der Günstigerprüfung.

Durchschnittliche Erwerbsminderungsrente reicht nicht zum Leben

Durchschnittlich bekommt ein Erwerbsminderungsrentner 731 Euro im Monat. Betroffene, die nach 2015 anfingen, Rente zu beziehen, bekommen nur noch durchschnittliche 672 Euro. Das ist nicht genug. Mehr als 15 Prozent aller Erwerbsminderungsrentner sind daher auf Grundsicherung angewiesen.

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Juliana Demski

Juliana Demski gehörte dem Pfeffi-Team seit 2016 an. Sie war Redakteurin und Social-Media-Managerin bei Pfefferminzia. Das Unternehmen hat sie im Januar 2024 verlassen.

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