- Von Lorenz Klein
- 23.11.2020 um 11:59
Weiter zeigt sich, dass sowohl die LV 1871 als auch der Volkswohl Bund darum bemüht sind, das juristische Streitpotenzial beim Thema Umorganisation kleinzuhalten. „Bei der Leistungsprüfung wird in den allermeisten Fällen schnell klar, dass eine Umorganisation für den Versicherten nicht möglich ist, oder es greifen unsere Verzichtserklärungen in den Bedingungen“, sagt Pascal Pawlas, Produktmanager Biometrie beim Volkswohl Bund. „Echte Ablehnungen, geschweige denn Streitigkeiten aus diesem Grund, bilden aus unserer Erfahrung hier die absolute Ausnahme.“
Kollege Diepenbroek von der LV 1871 sieht es ähnlich: „Gerichtliche Auseinandersetzungen zu diesem Thema hatten wir bislang nicht“, stellt er auf Anfrage klar. „Wichtig ist aus unserer Sicht immer ein vertrauensvoller Dialog zwischen den Parteien, um zu tragfähigen Lösungen zu finden“, so Diepenbroek, der weiter betont, dass immer individuell mit dem Kunden geklärt werden müsse, „ob spezielle Regelungen sinnvoll sind“. Speziell für Selbstständige halte man aber die Möglichkeit einer „flexiblen Gestaltung des Versicherungsschutzes“ und eine breite Palette an Nachversicherungsmöglichkeiten für sehr wichtig.
Auch andere Klauseln sind wichtig
Dass eine verbraucherfreundliche Umorganisationsklausel insbesondere für Selbstständige zwar wichtig, aber eben auch nicht alles ist, findet auch Makler Kemnitz. Als ebenso wichtig betrachtet er – je nach individueller Situation – beispielsweise diese Kriterien: Rückwirkende Leistungen bei verspäteter Meldung ohne Einschränkungen, ein verkürzter Prognosezeitraum sowie rückwirkende Leistungen „von Beginn an“, Prüfung auf den zuletzt ausgeübten Beruf auch nach vorübergehendem oder vorzeitigem Ausscheiden aus dem Berufsleben, eine gute Arbeitsunfähigkeitsklausel und eben jene umfassenden Nachversicherungsgarantien. Außerdem bleibe nicht jeder Selbstständige auch sein ganzes Berufsleben lang selbstständig, betont Kemnitz. Und dann würden für ihn weitere Kriterien in der Existenzabsicherung wichtig – wie für jeden Arbeitnehmer auch.
Und auch beim Thema Umorganisation sieht Kemnitz nach wie vor Raum für Verbesserungen. So hält er es für „wünschenswert“, dass die Versicherer auch die zumutbaren Kosten einer Umorganisation konkret definieren. Immerhin gibt es aber auch bei jenen Versicherern, die sich bereits auf einem guten Weg befinden, noch ganz aktuelle Verbesserungen. So hat der Volkswohl Bund seine Bedingungen ganz frisch für Neuverträge ab September 2020 um diesen Aspekt erweitert: Die Dortmunder zahlen ihren Versicherten eine Umorganisationshilfe von bis zu 6.000 Euro, falls eine Umorganisation infrage kommt, der Betrieb schon umorganisiert ist oder die Leistungspflicht endet.
Klausel nachträglich übermittelt
Der Steinmetz, von dem zu Beginn des Beitrags die Rede war, konnte von derlei Hilfen nicht profitieren. „Wir stellten fest, dass die Klausel zur Umorganisation nicht im Antrag vorhanden war, sondern nachträglich übermittelt wurde“, berichtet Klaus Blumensaat, Versicherungsberater der Kanzlei Adversi, dem „Handwerk Magazin“.
Auf diese einschneidende Abweichung vom Antrag habe der Versicherer nicht hingewiesen. Immerhin: Um einen Rechtsstreit zu vermeiden, einigten sich die Parteien auf eine Einmalzahlung der Rente für vier Jahre im Voraus.
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