- Von Redaktion
- 01.11.2019 um 10:57
Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) dürfen nur dann befristet werden, wenn ein sachlicher Grund für die Befristung vorliegt. Außerdem müssen dem Versicherungsnehmer die Gründe für die Befristung nachvollziehbar dargelegt werden. Das hat der Bundesgerichtshof am 9. Oktober 2019 entschieden (Aktenzeichen IV ZR 235/18).
Daraus folgt: Liegt kein sachlicher Grund vor und teilt der Berufsunfähigkeitsversicherer dem Versicherungsnehmer auch nicht nachvollziehbar die Gründe für die Befristung mit, ist diese unwirksam. In diesem Fall muss der Berufsunfähigkeitsversicherer solange weiterzahlen, solange er nicht das so genannte Nachprüfungsverfahren erklärt und auch durchführt. In einem Gerichtsverfahren obliegt dann dem Versicherer die Beweislast dafür, dass die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit wieder entfallen ist.
Was war geschehen?
Im entschiedenen Fall war in den Bedingungen des Berufsunfähigkeitsversicherers vereinbart, dass ein zeitlich befristetes Leistungsanerkenntnis nur in „begründeten Einzelfällen“ bis maximal 18 Monate ausgesprochen würde.
Der Versicherte beantragte im Oktober 2013 beim BU-Versicherer die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente. Im Februar 2014 erstellte ein Gutachter des Krankentagegeldversicherers des Versicherten eine Stellungnahme, nach welcher der Kläger voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen zu mindestens 50 Prozent außerstande sei, seinem zuletzt ausgeübten Beruf nachzugehen; es handele sich um einen Dauerzustand, der eine Besserung unwahrscheinlich erscheinen lasse.
Diese Stellungnahme wurde dem BU-Versicherer übermittelt. Daraufhin teilte die Versicherung dem Kläger mit, dass sie für den Zeitraum vom 1. März 2014 bis 1. Juni 2015 die vertragsgemäße Leistung erbringe. Eine nachvollziehbare Erläuterung, aus welchen Gründen sie die Leistung befristete, war in dem Schreiben nicht enthalten.
Eine solche nachvollziehbare Erläuterung wäre aber laut dem BGH für die Wirksamkeit der Befristung erforderlich gewesen. Zur Begründung führt der BGH aus, dass in den mit dem Kläger vereinbarten Versicherungsbedingungen ausdrücklich geregelt sei, dass ein befristetes Leistungsanerkenntnis nur in begründeten Ausnahmefällen ausgesprochen würde. Diese Klausel versteht der BGH so, dass eine Befristung der Leistung immer nur dann möglich ist, wenn ein sachlicher Grund vorliegt.
Darüber hinaus stellt der BGH fest, dass ein Berufsunfähigkeitsversicherer nicht seine überlegene Sach- und Rechtskenntnis zum Nachteil des Versicherungsnehmers ausnutzen dürfe. Hieraus leitet er ab, dass der Berufsunfähigkeitsversicherer dafür Sorge zu tragen hat, dass der Versicherungsnehmer seine Rechte aus dem Versicherungsverhältnis sachgerecht wahrnehmen kann. Letzteres kann er nur, wenn ihm nachvollziehbar die Gründe für die ausgesprochene Befristung dargelegt werden.
Eine solche Begründung erfolgte im konkreten Fall nicht. Sie wurde auch nicht im Gerichtsverfahren nachgeholt, so dass der Berufsunfähigkeitsversicherer auch über den 1. Juni 2015 hinaus solange zur Leistung verpflichtet ist, solange er nicht das so genannten Nachprüfungsverfahren durchführt.
Fazit
Das Urteil des BGH enthält mit der darin erstmals verlangten Begründungspflicht eine wesentliche Neuerung, die bei der Befristung von Rentenleistungen zu beachten ist. Es stärkt damit nachhaltig die Rechte der Versicherungsnehmer.
Damit dürfte vermutlich ein Großteil solcher Befristungen unwirksam sein und Versicherungsnehmer können auch über die genannten Zeiträume hinaus ihre Leistungen verlangen.
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