- Von Lorenz Klein
- 13.07.2020 um 08:58
Vor vier Jahren führte der Versicherer Generali die sogenannten Vitality-Tarife ein. Diese basieren auf dem Prinzip, dass Kunden, die über eine App dokumentieren, dass sie sich gesund ernähren und fit halten Rabatte und Prämien erhalten. Bei Verbraucher- und Datenschützer stieß das Vorhaben gleich zu Beginn auf Kritik – was sich unter anderem an der zweifelhaften Auszeichnung mit dem „Big Brother Award“ des Vereins Digitalcourage zeigte.
Nach einigen Jahren der verhältnismäßigen Ruhe hat nun der Bund der Versicherten (BdV) seine kritische Grundhaltung noch einmal forciert – und geht gerichtlich gegen bestimmte Vitality-Tarife vor. Konkret geht es um die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) der Generali-Tochter Dialog Leben, die sich „SBU-professional Vitality“ nennt.
Generali weitet Vitality-Programm aus
Versicherung als Datenkrake „ausgezeichnet“
Der Tarif würde Kunden mit intransparenten und unfairen Bedingungen „in die Irre führen“, begründete der BdV am Freitag seine Klage in einer Mitteilung. Nach Ansicht des BdV erfahren die Versicherten nicht, „welches konkrete Verhalten zu welchen tatsächlichen Vergünstigungen führt“. Außerdem habe es der Versicherer versäumt, darauf hinzuweisen, dass die Rabatte bei fehlenden Überschüssen auch ausbleiben könnten, so der Vorwurf der Verbraucherschützer.
„Wir haben die Dialog Lebensversicherungs-AG aufgefordert, die intransparenten und unfairen Klauseln nicht mehr zu verwenden. Da der Versicherer unserer Abmahnung nicht gefolgt ist, haben wir Klage erhoben“, wird BdV-Vorstandssprecher Axel Kleinlein in der Mitteilung zitiert.
Kritik an Vertragswerk
Das Grundprinzip von Vitality ist darauf ausgelegt, als Versicherter möglichst viele Punkte zu sammeln, denn dadurch erhöht sich der persönliche Vitality-Status – angefangen bei Bronze über Silber und Gold bis hin zu Platin. Im Gegenzug winken gestaffelte Rabatte bei Partnerunternehmen. Zudem gewährt die Dialog den Teilnehmern Nachlässe bei der zu zahlenden Nettoprämie ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung. „Leider ist dem Vertragswerk an keiner Stelle zu entnehmen, wie das Punktesystem konkret ausgestaltet ist“, kritisiert der BdV. „Eine Veränderung der Prämie können die Versicherten also weder vorher absehen, noch nachher überprüfen“, heißt es.
Darüber hinaus kläre Versicherer die Versicherten nicht darüber auf, „welche Konsequenzen sich aus dem zugrunde liegenden Überschussbeteiligungsmodell auf eine mögliche Prämienrabattierung ergeben können“. Entfallen oder verringern sich die Überschüsse des Versicherers, könne es sein, so der BdV, dass der Rabatt geringer sei oder ganz entfalle – auch, wenn sich der Vitality-Status im Vergleich zum Vorjahr nicht verändert oder gar verbessert habe.
So reagiert Generali auf den BdV-Vorstoß
Außerdem nehme der Wert eines individuell gesammelten Punktes ab, je mehr Punkte das teilnehmende Versichertenkollektiv gesammelt habe. „Denn die Rabatte, die gewährt werden können, sind durch die Höhe der zu verteilenden Überschüsse begrenzt“, befindet der BdV. „Je ,gesundheitsbewusster‘ sich das Kollektiv also verhält, desto weniger individueller Rabatt kann erlangt werden. Auch diese wichtige Information enthält der Versicherer seinen Kunden vor“, kritisieren die Verbraucherschützer.
Pfefferminzia hatte die Pressestelle des Generali-Konzerns am Freitag um eine Stellungnahme gebeten. Ein Generali-Sprecher teilte am Montag um 8.39 Uhr folgendes mit:
„Generali Vitality leistet einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag, indem das Programm in Deutschland bereits Tausende zufriedene Kunden zu einem gesundheitsbewussten und gesünderen Leben motiviert. Das Programm richtet sich nicht nur an Sportbegeisterte, sondern es belohnt seine Mitglieder auch für das Absolvieren von regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen, Impfungen sowie für sportliche Betätigung. Dabei erfüllt das Gesundheitsprogramm Generali Vitality die höchsten Datenschutzanforderungen.
Die in der Veröffentlichung erwähnte Klage liegt uns bisher nicht vor. Wir wissen deshalb nicht, mit welchen rechtlichen Argumenten der BdV die Wirksamkeit unserer Versicherungsbedingungen angreift.“
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