- Von Redaktion
- 28.03.2013 um 14:10
Immer wieder stehen Berater vor kniffligen Rechtsfragen. Bei Pfefferminzia liefern Rechtsexperten Antworten. Dieses Mal geht es um das Abwerben von Mitarbeitern. Unser Experte: Dietmar Goerz, Geschäftsführer der GPC Law Rechtsanwaltsgesellschaft.
Der Fall
Ein großes Unternehmen hatte gegen einen eher kleinen Mitbewerber Klage vor dem Landgericht Osnabrück erhoben. Der Vorwurf: Der Konkurrent habe über Jahre hinweg systematisch zahlreiche Handelsvertreter der Firma abgeworben. Damit habe man nicht nur das Know-how der Mitarbeiter, sondern auch deren Kunden mitgenommen. Das Unternehmen versuchte, diese Abwerbung zu untersagen, und forderte gleichzeitig den Ersatz des durch diese Abwerbungen entstandenen Schadens in Höhe von rund 20 Millionen Euro. Das Landgericht Osnabrück hat die Klage abgewiesen.
Das Urteil
Das Oberlandesgericht Oldenburg bestätigte das Urteil der Vorinstanz und gab der Klägerin in dem Urteil vom 19. April 2012 (Aktenzeichen: 1 U 98/07) nur zu einem kleinen Teil recht.
Das meint der Experte
Ein Vertriebsunternehmen hat keinen Anspruch auf den Bestand seiner Mitarbeiter. Es ist Konkurrenten daher grundsätzlich erlaubt, sich die benötigten Fachkräfte auch durch Ausspannen von Mitarbeitern zu beschaffen. Dies gilt selbst dann, wenn die Abwerbung bewusst und planmäßig erfolgt.
Wettbewerbswidrig wird das Abwerben von Vertriebsmitarbeitern durch Mitbewerber erst, wenn besondere Umstände hinzutreten. Das ist dann der Fall, wenn unzulässige Methoden angewandt oder unlautere Ziele verfolgt werden. Wenn das Abwerben von Vertriebskräften also nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist, sondern wenn der Mitbewerber daran gehindert werden soll, seine Leistung am Markt durch eigene Anstrengung zur Geltung zu bringen. Das Vorgehen muss sich als Kampfmaßnahme darstellen und erkennen lassen, dass der Mitbewerber durch planmäßiges Ausspannen geschädigt werden soll.
Gegen wettbewerbswidriges Ausspannen kann sprechen, wenn im Verhältnis zu der Gesamtzahl an Austritten eine verhältnismäßig geringe Anzahl von Handelsvertretern abgeworben wurde. Gleiches gilt, wenn die Mitarbeiter aus Unzufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen gewechselt sind. Ist zudem der Marktanteil trotz Abwerbungen gleich geblieben, so spricht dies gegen eine Vernichtungs- beziehungsweise Schädigungsabsicht.
Beschränkt ein Konkurrent seine Abwerbeaktivitäten auf einen Mitbewerber und schont den Marktführer, so liegt auch hier keine gezielte Behinderung vor. Auch ist es wettbewerbskonform, per Werbeschreiben Unterstützung zur Vertragsauflösung des Handelsvertretervertrags anzubieten, solange dabei nicht unlautere Mittel eingesetzt werden. Sogar erste telefonische Kontaktaufnahmen unter Hinweis auf die Möglichkeit eines Stellenwechsels und eine kurze Beschreibung der Stelle sind zulässig. Unzulässig wird es erst bei wiederholten telefonischen Abwerbeversuchen, insbesondere gegen den erklärten Willen des Angerufenen.
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