- Von Juliana Demski
- 21.07.2021 um 08:28
Erste Berufsunfähigkeitsversicherer bieten ihren Kunden Gesundheitsservices an – und im Rahmen einer Umfrage fand die Rating-Agentur Assekurata bereits im März dieses Jahres heraus, wie gut das bei Kunden ankommt. Wenn Versicherer sich diesem neuen Trend anschließen wollten, gebe es jedoch einiges zu beachten, wie Eva Germer, Senior-Consultant bei Assekurata Solutions, in einem aktuellen Blog-Beitrag des Unternehmens darlegt.
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1. Zieldefinition
Zuerst sollte eine Zieldefinition stehen, heißt es darin. „Eine entscheidende Fragestellung ist hierbei, ob die Services dem Bestand zur Verfügung gestellt oder als innovativer Baustein zur Wettbewerbsdifferenzierung in der Produktentwicklung genutzt werden sollen“, so die Expertin. Während Services in neuen Produkten entsprechend in den Beitrag einkalkuliert werden könnten, sei dies bei Bestandskunden nicht möglich, sondern müsse anders finanziert werden; beispielsweise aus Eigenmitteln. Bei entsprechendem Budget könnten Unternehmen aber auch beide Lösungswege parallel bestreiten.
In beiden Modellen, heißt es im Blog-Beitrag weiter, profitiere der Versicherer von möglichen neuen Kontaktpunkten, die mit den Kunden über das Angebot von Gesundheitsservices entstehen könnten. Das wiederum bedeute, er erfahre einen spürbaren Mehrwert seiner Police und der Versicherer komme nicht erst im Falle einer Berufsunfähigkeit in Kontakt mit seinem Anbieter. „Angebote, die sich an den Bestand richten, können dabei zunächst viel größere Effekte auf Leistungsausgaben entfalten. Während im Neugeschäft aufgrund der Risikoprüfung prioritär junge und gesunde Kunden aufgenommen werden, schlummern die Leistungsrisiken eher im Bestand“, ergänzt Germer.
Eine Finanzierung solcher Services sei zudem „explizit als Investition zu verstehen“. Denn: „Gesundheitsservices bergen gerade in der Berufsunfähigkeitsversicherung Potenzial, Leistungsausgaben einzusparen, das heißt, sie liefern einen Return on Invest – und das gepaart mit einer hohen Kundenzufriedenheit. Allerdings realisieren sich diese Einsparungen nicht unmittelbar – es braucht Zeit, bis die Maßnahmen wirken und die gewünschten Effekte eintreten.“ Würden die Services also als Baustein in neue Produkte eingeplant, so ließen sich die Kosten entsprechend in den Beitrag einkalkulieren. Der Kunde müsse dann aktiv auf die entsprechenden Angebote und deren Vorteile hingewiesen werden.
2. Analysephase
Als zweiten Schritt nennt die Assekurata-Managerin die Analysephase. Dabei sollten Fragen wie „Welche demografischen Merkmale weist der Bestand auf?“ und „Welche Kostentreiber gibt es?“ auf der Agenda stehen. Diese Ergebnisse seien von essenzieller Bedeutung, um Kernmerkmale der Zielgruppe zu identifizieren, schreibt sie dazu. Dabei gelte: Je mehr Erkenntnisse das Unternehmen über den Bestand habe, desto zielgerichteter könnten Maßnahmen geplant werden.
Ferner sei auch eine Datenbasis für die Bestandsanalyse wichtig. Hier hätten vor allem diejenigen Unternehmen die Nase vorn, die bereits in der Vergangenheit auf eine qualitativ hochwertige und differenzierte Dokumentation gesetzt hätten. „Werden beispielsweise alle Kunden mit psychischen Erkrankungen unter dem Metabegriff ‚Psyche‘ zusammengefasst, gestaltet sich eine Aufteilung nach Menschen mit Depressionen, Angsterkrankungen et cetera herausfordernder, als wenn die Dokumentation über eine medizinische Klassifikation zur Systematisierung von Diagnosen, beispielsweise dem ICD-10-Schlüssel, erfolgte“, führt Germer aus.
3. Zieldefinition auf Serviceebene
Als dritten Schritt nennt Assekurata die „Zieldefinition auf Serviceebene“ – und damit Fragen wie „Welches Ergebnis erwartet das Unternehmen konkret von dem neu einzuführenden Serviceangebot?“, „Ist die Kundenzufriedenheit ein bedeutender Parameter?“ und „Welche ökonomischen Erwartungen gibt es?“. Hilfreich sei es hier, alle bedeutenden Dimensionen zu beleuchten, um sicherzustellen, dass ein Angebot später auch tatsächlich der Erwartungshaltung entspreche.
4. Passender Kooperationspartner
Dort angekommen, ist laut Assekurata die Suche nach dem richtigen Kooperationspartner wichtig. „Durch die vielen neuen digitalen Anbieter können Versicherer heute für viele Erkrankungen aus einer Vielzahl an möglichen Kooperationspartnern wählen“, schreibt Germer. Sobald der passende Kooperationspartner gefunden sei, stünden die Themen Prozessdefinition und Erfolgsmessungskonzeption an. Der Kooperationsvertrag schaffe darüber hinaus auch die „Rahmenbedingungen und Spielregeln für die Einführung und die tägliche Praxis“.
Die große Frage: Lohnt sich das alles?
Die Assekurata-Expertin räumt ein: „Die erfolgreiche Implementierung von Gesundheitsservices ist aufwendig und komplex.“ Bei einer guten Umsetzung sei sie aber den Aufwand wert, so Germer – und das sowohl für die Versicherer als auch für die Kunden.
Denn: „Ein Vorteil für die Unternehmen zeigt sich gerade im Hinblick auf die geringen Touchpoints, also Kontaktanlässe zum Kunden, in der Lebensversicherung. Hier könnten Gesundheitsservices für Abhilfe sorgen, mit entsprechenden positiven Kundenerlebnissen“, schreibt sie abschließend. „So kann der Lebensversicherer sich als lebenslanger Partner an der Kundenseite positionieren. In der Berufsunfähigkeitsversicherung können Gesundheitsservices einen Beitrag zur Reaktivierung, Einsparung der Leistungsausgaben und zur Steigerung der Kundenzufriedenheit leisten.“
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