Miguel Perez ist Direktionsbevollmächtigter bei der Hallesche Krankenversicherung. © Hallesche
  • Von René Weihrauch
  • 09.05.2022 um 11:15
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Nachhaltige Finanz- und Vorsorgeprodukte werden bei Anlegern immer beliebter. Was vielfach aber noch unbekannt ist: Auch in der betrieblichen Krankenversicherung setzen Unternehmen verstärkt auf Nachhaltigkeit. Was dahinter steckt, erklärt Miguel Perez, Direktionsbevollmächtigter beim Krankenversicherer Hallesche.

Pfefferminzia: Herr Perez, betriebliche Krankenversicherung und Nachhaltigkeit – als Außenstehender bringt man diese beiden Begriffe nicht auf Anhieb miteinander in Verbindung. Was hat das eine mit dem anderen zu tun? 

Miguel Perez: Mehr als man zunächst einmal denkt. Dabei reicht eigentlich ein Blick auf die sogenannten ESG-Kriterien, die Nachhaltigkeitsstandards für Produkte und Unternehmen festlegen. ESG steht für Environment, Social, Governance, also für Umwelt, Soziales und eine verantwortungsvolle Unternehmensführung. Da sind wir dann ganz schnell auch bei der betrieblichen Krankenversicherung. Unternehmen, die ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern  einen besseren Zugang zu medizinischen Leistungen ermöglichen – und das arbeitgeberfinanziert –, drücken den Beschäftigten gegenüber eine hohe Wertschätzung aus und werden ihrer sozialen Verantwortung gerecht. Das ist ganz klar nachhaltiges unternehmerisches Handeln im Sinne der ESG-Kriterien. 

Ist damit nicht jedes bKV-Produkt automatisch als nachhaltig einzustufen? 

Durchaus nicht, es gibt schon Unterschiede. Eine wirklich nachhaltige bKV sollte zum Beispiel den definierten Zielen der Vereinten Nationen entsprechen, etwa zu „Gesundheit und Wohlbefinden“ sowie „Geschlechtergleichheit“. Es kommt auf viele Details an, auch zum Beispiel auf Kommunikation und Services rund um das Produkt. Das ist wichtig, damit die Beschäftigten die bKV auch annehmen und sie ihre potenzielle Wirkung voll entfalten kann. 

Wie erkenne ich als Makler denn eine nachhaltige bKV? 

Es gibt Nachhaltigkeitstestate, welche etwa die Universität Bayreuth zusammen mit der Strategie- und Managementberatung Concern vergibt. Diese werden nur nach sorgfältiger Prüfung verliehen. Dabei spielen Kriterien wie die Förderung ethischer Prinzipien, die Entfaltung der sozialen sowie ökonomischen Wirkung durch unter anderem ein abgestimmtes Kommunikationskonzept und auch die Glaubwürdigkeit des Anbieters eine Rolle. Bei der Testierung unserer betrieblichen Pflegelösung war beispielsweise auch entscheidend, dass damit Frauen, die ja häufig die Hauptlast in der Pflege von Angehörigen tragen, entlastet werden. Das zahlt klar auf den Punkt Geschlechtergleichheit ein. Auch wenn  einige Produkte in der bKV, wie beispielsweise die Budgettarife, sich stark ähneln, kann ich Vermittlern grundsätzlich raten, auf diese Nachhaltigkeitstestierung zu achten. Für die Nachhaltigkeit sind Produktleistungen nur ein Kriterium von vielen. Es kommt auf das ganzheitliche Konzept an, bei dem unter anderem auch die Prozesse, Kalkulation und die Kommunikation überprüft werden. Ein Nachhaltigkeitstestat gewährleistet, dass das jeweilige geprüfte Produkt „Unternehmen dabei unterstützt, werteorientiert und nachhaltig zu handeln“, wie es in der Begründung zum Testat auch heißt. Für die Betriebe bringt es außerdem den Vorteil, dass sie die Implementierung entsprechend testierter bKV-Produkte in ihre Nachhaltigkeitsberichte aufnehmen können. 

Im Gegensatz zur Vermittlung von anderen Versicherungs- und Finanzanlageprodukten sind Makler aber noch nicht verpflichtet, Nachhaltigkeitskriterien in die bKV-Beratung einfließen zu lassen. Welche Bedeutung hat so ein Testat dann überhaupt? 

Was nicht ist, kann noch werden. Ich halte es überhaupt nicht für ausgeschlossen, dass eine solche Verpflichtung perspektivisch irgendwann kommt. Davon abgesehen ist Agieren immer besser als Reagieren. Wer heute schon im Vertrieb das Thema Nachhaltigkeit anspricht, tut das freiwillig und aus Überzeugung. Unser Standpunkt ist da sehr klar: Nicht auf die Regulatorik warten, sondern die Vorreiterrolle als Vertriebschance sehen. 

Stichwort Vertrieb: Wie hilfreich ist das Kriterium Nachhaltigkeit aus vertrieblicher Sicht tatsächlich? Oder handelt es sich nicht doch mehr oder weniger um eine Modeerscheinung? 

Eindeutig nein. Nachhaltigkeit ist ein Megatrend, auch für die Zukunft, und in den meisten Unternehmen mittlerweile Chefsache. Alle Studien zu diesem Thema zeigen außerdem, dass Nachhaltigkeit in der jüngeren Generation, neben Gehalt und Sinnhaftigkeit des Jobs, ein Hauptgrund ist, warum man sich für oder gegen einen Arbeitgeber entscheidet. Unternehmen, die unter Fachkräftemangel leiden – und das werden immer mehr – kommen um das Thema einfach nicht mehr herum. 

 

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René Weihrauch

René Weihrauch arbeitet seit 35 Jahren als Journalist. Einer seiner Schwerpunkte sind Finanz- und Verbraucherthemen. Neben Pfefferminzia schreibt er für mehrere bundesweit erscheinende Zeitschriften und international tätige Medienagenturen.

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