Michael Hoppstädter, Geschäftsführer von Longial, einem Anbieter für bAV-Lösungen mit Sitz in Düsseldorf. © Longial
  • Von Redaktion
  • 01.03.2021 um 07:03
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Immer wieder werden Fragen zur Insolvenzsicherung von Betriebsrenten von Gerichten entschieden. Auch 2020 gab es dazu einige beachtenswerte Entscheidungen. Mit Blick auf den zu befürchtenden Anstieg an Unternehmensinsolvenzen fasst Michael Hoppstädter, Geschäftsführer von Longial, die wichtigsten Urteile und Gesetze zusammen und gibt Handlungsempfehlungen.

Die Vielzahl von Urteilen zur Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) zeigt, dass es auch nach fast 50 Jahren Betriebsrentengesetz noch immer offene Fragen und Regelungslücken gibt. „Sich darauf vorzubereiten, ist für Unternehmen schwerlich möglich, aber es schadet natürlich nicht, sich in ,guten Zeiten‘ regelmäßig mit den Versorgungswerken im Unternehmen zu beschäftigen und, wenn nötig, Anpassungen vorzunehmen“, rät Michael Hoppstädter, Geschäftsführer von Longial, einem Anbieter für bAV-Lösungen mit Sitz in Düsseldorf. Hier fasst er die wichtigsten Urteile zusammen und sagt, welche Schlüsse Arbeitgeber daraus ziehen sollten.

Erweiterter Insolvenzschutz im Betriebsrentengesetz

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) löste mit seinem Urteil vom 19. Dezember 2019 (Aktenzeichen C-168/18) im vergangenen Jahr eine umfassende Änderung im Betriebsrentengesetz (BetrAVG) aus: Leistungen aus einer Pensionskassenzusage sind unter bestimmten Voraussetzungen vom gesetzlichen Insolvenzschutz durch den Pensions-Sicherungs-Verein auf Gegenseitigkeit (PSVaG) abgedeckt.

Welche Arbeitgeber sind betroffen?

Arbeitgeber unterliegen bislang der PSVaG-Beitragsplicht, wenn sie ihre bAV in Form einer Direktzusage beziehungsweise Unterstützungskassenversorgung oder über einen Pensionsfonds durchführen. Das gilt jetzt auch für Versorgungszusagen, die über bestimmte Pensionskassen abgebildet werden. Direktversicherungen bleiben weiterhin außen vor, soweit sie mit einem unwiderruflichen Bezugsrecht für den Arbeitnehmer ausgestattet sind.

Betroffen sind überwiegend Verträge von Pensionskassen, die nicht unter den Schutz des Sicherungsfonds der Lebensversicherer „Protektor“ fallen. Das sind meist Firmen- oder Branchenpensionskassen – typischerweise sogenannte regulierte Pensionskassen. Auf Unternehmen mit solchen Pensionskassenverträgen kommen durch die neue Insolvenzsicherungspflicht zusätzliche Kosten zu. Der Beitrag zum PSVaG richtet sich nach der erreichbaren Höhe der Versorgungsleistung und bei laufenden Versorgungsleistungen nach der abhängig vom Alter vervielfachten Jahresrente. Die Pensionskassen werden den Arbeitgebern die vom PSVaG geforderten sogenannten Kurztestate zur Verfügung stellen.

Was ist zu tun?

Für Unternehmen, die bislang noch keine Berührungspunkte zum PSVaG hatten – also noch nicht Mitgliedsunternehmen sind, aber Pensionskassenverpflichtungen haben – und jetzt insolvenzsicherungspflichtig sind, gilt: sich unbedingt bis zum 31. März auf der Homepage des PSVaG registrieren.

Haftung des Betriebserwerbers in der Insolvenz

Die Haftung für Leistungen aus einer bAV ist für den Erwerber eines insolventen Betriebs ebenso relevant wie für die betroffenen Arbeitnehmer. Das Bundearbeitsgericht (BAG) entschied dazu am 26. Januar 2021 in mehr als 20 Fällen (unter anderem Aktenzeichen 3 AZR 139/17): Die in Paragraf 613a Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelte Haftung des Erwerbers beschränkt sich zeitanteilig auf die Dauer, die der Arbeitnehmer nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Betrieb angestellt war. Für Leistungen bis zur Insolvenzeröffnung muss der Erwerber auch dann nicht haften, wenn der PSVaG nicht vollständig eintritt. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn bis zur Insolvenz noch keine unverfallbare Anwartschaft bestand. Nach der Übernahme läuft das Beschäftigungsverhältnis weiter, beim Erwerber werden Versorgungsanwartschaften aber erst ab Übernahme aufgebaut, die Gesamtversorgungsleistung fällt gegebenenfalls geringer aus als ursprünglich zugesagt.

Was ist zu tun?

Unternehmen sollten die Versorgungsleistungen regelmäßig und transparent den Versorgungsberechtigten mitteilen. Und zwar sowohl dann, wenn es den Unternehmen gut geht – dann betreiben sie Social Marketing und Employer Branding – als auch im Falle einer Insolvenz. In diesem Fall helfen sie den Arbeitnehmern mit einem eindeutigen Überblick über die Versorgungslage. Den Erwerbern ist ebenfalls eine regelmäßige Kommunikation zur übernommenen Versorgungszusagen zu empfehlen – denn auch das schafft Vertrauen in das neue Unternehmen und kann dazu beitragen, dass strittige Punkte nicht erst vor Gericht geklärt werden müssen.

Treuhandlösung als ergänzende Insolvenzsicherung

Zwischen Arbeitgeber und Treuhänder gab es im zu behandelnden Fall (BAG-Urteil vom 22.9.2020 – Aktenzeichen 3 AZR 303/18) zugunsten der Versorgungsberechtigten einen doppelseitigen Treuhandvertrag – ein sogenanntes Contractual Trust Arrangement (CTA). Der PSVaG erhob Ansprüche auf das Treuhandvermögen. Er wollte verhindern, dass der Treuhänder bei der Berechnung der Rentenzahlungen die Rentendynamik miteinbezieht und somit das erforderliche Treuhandvermögen höher berechnet. Das BAG stellte zunächst fest, dass das CTA insolvenzfest eingerichtet wurde. Darüber hinaus urteilte das BAG, dass eine Treuhandlösung ausdrücklich auch der ergänzenden Insolvenzsicherung von Ansprüchen einer bAV diene, die nicht unter den gesetzlichen Insolvenzschutz fallen. Der PSVaG werde dadurch keinen weitergehenden Ansprüchen ausgesetzt, ihm werden aber auch keine Sicherheiten rechtswidrig entzogen.

Was ist zu tun?

Bei der Einrichtung eines CTA-Modells kommt es ganz besonders darauf an, dass es absolut insolvenzfest gestaltet ist. Darauf ist bei der Ausgestaltung der Treuhandverträge und der Übertragung der Vermögenswerte besonderes Augenmerk zu legen. Wenn hier Fehler gemacht werden, kommt Treuhandvermögen nicht den Versorgungsberechtigten zugute, um nicht gesetzlich insolvenzgesicherte Teilansprüche zu finanzieren, sondern geht auf den PSVaG über.

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