- Von Lorenz Klein
- 28.04.2023 um 13:47
Keine Bruttobeitragsgarantie erforderlich, sagen Sie – und wo würden Sie die untere Garantiegrenze verorten?
Es gibt Stimmen, wonach ein Garantieniveau von 50 Prozent ausreichen solle. Wir sind da konservativer unterwegs und siedeln unser Garantieniveau höher an -– erzielen damit aber sehr attraktive Renditen. Klar muss sein: Je niedriger die Garantie angesetzt ist, desto höher ist das arbeitsrechtliche Risiko, die Anerkennung als BOLZ zu verlieren.
Und nebenbei bemerkt: Dass die gerade vorgestellte scheinbar einfache Formel „weniger Garantie = mehr Chance = höhere Rendite“ nur in Grenzen belastbar ist, hat das Institut für Aktuarwissenschaften sehr anschaulich belegt. Unterhalb eines Garantieniveaus von 70 Prozent steigt das Risiko der Anlage stärker an als die Chancen daraus. Eine hinreichende Garantie ist also nicht nur arbeitsrechtlich erforderlich, sondern auch finanzrational.
Das Sozialpartnermodell (SPM) läuft weiterhin nur überaus schleppend an – was gibt es hier Neues zu berichten?
Ja, dem Sozialpartnermodell ist wirklich eine schwere Geburt beschieden. Zwar sind unlängst die beiden ersten Sozialpartnermodelle an den Start gegangen, aber von einem Boom kann nicht die Rede sein. Allerdings muss man den zögerlichen Start auch richtig einordnen. Mit dem SPM betreten alle Beteiligte vollkommenes Neuland. Das gilt für die Sozialpartner genau wie für die Produktgeber und auch für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin).
Nicht nur, dass es keinerlei Garantien geben darf – was bei entsprechenden kollektiven Ansätzen sinnvoll ist, womit gerade aber Arbeitnehmer in Deutschland sehr „fremdeln“ – es ist auch eine Beteiligung der Sozialpartner an der Einrichtung, Durchführung und Steuerung des SPM gesetzlich vorgeschrieben. Zudem ist ein SPM ohne einen entsprechenden Tarifvertrag nicht möglich. Solche Tarifverträge müssen ausgehandelt werden.
Wir selbst haben unsere Erfahrungen gesammelt, wie schwierig es war, mitten in der Corona-Pandemie ein solches Thema anzugehen, einen Haustarifvertrag zu diskutieren und das Produktdesign festzulegen. Dabei stößt man auf Fragestellungen und Anforderungen, an die im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens offenbar nicht gedacht worden ist, die Sozialpartnern aber wichtig sind. Hier sei beispielsweise der Wunsch nach Vorzugskonditionen für Gewerkschaftsmitglieder genannt oder auch das Verhältnis von Aufsichts- zu Tarifvertragsrecht. Diese sind zu besprechen und auch mit der Aufsicht zu diskutieren – und das benötigt Zeit.
Dennoch bin ich von dem Ansatz des SPM grundsätzlich überzeugt und glaube, dass es seine Berechtigung hat und deshalb auf kurz oder lang auch seinen Platz in der deutschen bAV-Landschaft finden wird. Vielleicht tragen die derzeit, im eingangs erwähnten „Fachdialog bAV“ des BMAS, vorgetragenen Verbesserungsvorschläge – wenn sie von der Politik umgesetzt werden – ja dazu bei, dass die Einführung von SPM künftig mehr Fahrt aufnimmt.
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