Kathrin Pagel ist Fachanwältin für Versicherungsrecht: Warum die Dienstunfähigkeitsklausel entscheidend ist. © Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte
  • Von Redaktion
  • 28.03.2025 um 10:58
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Es ist immens wichtig, auf die genaue Formulierung der Dienstunfähigkeitsklausel in der BU-Versicherung zu achten. Das zeigt ein Fall, den der Bundesgerichtshof verhandelt hat.

In der Beratung zur Berufsunfähigkeit (BU) haben es Makler mit einer Vielzahl unterschiedlicher Versicherungsbedingungen zu tun. Die Klauseln und Formulierungen erscheinen oft ähnlich, sind jedoch nie gleich. Der Teufel steckt im Detail. Denn kleine Unterschiede, zum Beispiel in der Formulierung des Leistungsversprechens, können in der Regulierung große Auswirkungen haben. Das Haftungspotential für Versicherungsmakler ist nicht zu unterschätzen. 

Um das zu illustrieren, greife ich einen Fall auf, den der Bundesgerichtshof (BGH) im Mai 2023 zu entscheiden hatte (Aktenzeichen IV ZR 58/22). Dabei entfaltete die spezielle Formulierung einer Klausel zur Dienstunfähigkeit (DU) besondere Wirkung. 

Was war geschehen?  

Der Versicherungsnehmer war Bürgermeister einer Verbandsgemeinde, der mit Ablauf des Monats Mai 2019 aufgrund psychischer Beeinträchtigungen in den Ruhestand versetzt wurde. In der Folge beantragte er Leistungen aus seiner bestehenden Berufsunfähigkeitsversicherung. Der Versicherte wähnte sich aufgrund der Zurruhesetzungsverfügung auch gut abgesichert und erwartete sofortige Leistungen, da in seinem Vertrag auch eine Dienstunfähigkeitsklausel vereinbart war.  

Der Versicherer nahm die Ruhestandsverfügung zur Kenntnis und forderte darüber hinaus eine Überprüfung, ob die geltend gemachten Beeinträchtigungen vorlagen. Der Versicherte wollte keine weitere Prüfung und berief sich darauf, dass eine amtsärztliche Untersuchung zur Inruhestandsversetzung geführt hatte und damit ausreichende Nachweise vorlägen. Vor diesem Hintergrund verweigerte er auch weitere, vom Versicherer verlangte Untersuchungen. Der Versicherer nahm das zur Kenntnis und zum Anlass, die versicherten Leistungen zu verweigern.  

Fall landet vor dem BGH  

Über diese Frage hatte letztinstanzlich der Bundesgerichtshof zu entscheiden. Grundsätzlich darf ein Versicherer bei Geltendmachung von Versicherungsansprüchen notwendige Ermittlungen durchführen. Für den Versicherungsnehmer bestehen entsprechend innerhalb der Grenze des „Notwendigen“ Mitwirkungspflichten. Wo diese Grenze konkret zu ziehen ist, muss jeweils im Einzelfall betrachtet und individuell beurteilt werden. 

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Der zwischen den Parteien vereinbarte Vertrag enthielt in Paragraf 2 der Bedingungen folgende Definition der Berufsunfähigkeit: 

„(1) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens sechs Monate ihren vor Eintritt des Versicherungsfalls zuletzt ausgeübten Beruf – so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war – nicht mehr nachgehen kann und in dieser Zeit auch keine andere Tätigkeit ausübt, zu der sie aufgrund ihrer Ausbildung und Fähigkeiten in der Lage ist und die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. … 

(3) Ist die versicherte Person sechs Monate ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, vollständig oder teilweise außerstande gewesen …, so gilt dieser Zustand von Beginn an als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit.“ 

Zusätzlich enthielt der Vertrag nachfolgende Dienstunfähigkeitsklausel: 

„Ergänzend zu Paragraf 2 der Allgemeinen Bedingungen für die Berufsunfähigkeitsversicherung gilt als vereinbart: 

Alternativ zu der Voraussetzung für bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit, dass die versicherte Person ihrem zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr nachgehen kann, reicht es bereits aus, wenn die versicherte Person als Beamtin/Beamter (…) infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche ihrer körperlichen oder geistigen Kräfte zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig ist und dazu wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit (…) in den Ruhestand versetzt oder entlassen worden ist.“ 

DU als Alternative zur BU? 

Ein typischer Versicherungsnehmer erwartet wohl generell bei Vereinbarung einer Dienstunfähigkeitsklausel eine zusätzliche Absicherung beziehungsweise eine Besserstellung gegenüber „normaler Berufsunfähigkeit“ für den Fall der Dienstunfähigkeit, zumindest also eine Erleichterung bei der Geltendmachung von Leistungen. 

Diese Erwartungen wurden hier nicht erfüllt. Der Versicherer ließ sich – nach Ansicht des Klägers – zumindest Zeit mit der Regulierung und forderte belastende weitere Untersuchungen.  

Die kleinen Worte „und dazu“

Der Kläger hatte beim Lesen der Dienstunfähigkeitsklausel erwartet, dass aufgrund der Inruhestandsversetzung und Entlassung wegen Dienstunfähigkeit eine weitere Überprüfung durch den Versicherer nicht notwendig wäre. Schließlich war das Wort „Alternativ“ zu lesen und in der Folge auch die Worte „reicht es bereits aus“. 

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