- Von Redaktion
- 28.03.2025 um 10:58
Weit gefehlt! Der BGH stellt hinsichtlich der Lesart der Klausel auf die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ab, der diese bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht.
Danach habe der Versicherer nach dem Wortlaut tatsächlich erkennbar die Möglichkeit, weitere Erhebungen zur Feststellung des Versicherungsfalls vorzunehmen. Das leitete der BGH aus der Formulierung „und dazu“ ab. Daraus würde ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer zunächst erkennen, dass die Zurruhesetzungs- oder Entlassungsverfügung gerade „wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit“ erfolgen muss.
Und dazu, als zusätzliche Voraussetzung, bedarf es dauernder Unfähigkeit zur Erfüllung der Dienstpflichten aus gesundheitlichen Gründen. Damit genügte es für den Versicherer gerade nicht, dass das Ergebnis der Gesundheitsprüfung durch den Dienstherrn getroffen wird. Die beamtenrechtliche Feststellung (Zurruhesetzungs- oder Entlassungsverfügung) allein soll nach den vertraglichen Bestimmungen gerade für den Versicherer noch nicht bindend sein. Vielmehr will der Versicherer eine eigene Prüfung durchführen können.
Verträge mit Sonderklauseln sind für bestimmte Berufsgruppen zugeschnitten. Für Beamte am Markt erhältliche Klauseln können, wie hier, als weite Beamtenklauseln formuliert sein. Andere Versicherer verwenden strenge Beamtenklausel. Während bei einer strengen Beamtenklausel die in Ruhestandsversetzung als solche bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen genügt, erfordern weite Beamtenklauseln beispielsweise zusätzlich „gesundheitliche Gründe“ für die Dienstunfähigkeit.
Einige Versicherer verzichten somit mit einer strengen Beamtenklausel auf eine eigene Prüfung und stellen lediglich auf die Verwaltungsentscheidung des Dienstherrn ab. Die Prüfung eines Versicherungsfalles könnte mit der Zurruhesetzungsverfügung demnach schneller erfolgen.
Eine strenge Beamtenklausel kann beispielsweise so oder ähnlich formuliert sein:
„Bei Beamten des öffentlichen Dienstes gilt die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit beziehungsweise die Entlassung wegen Dienstunfähigkeit als vollständige Berufsunfähigkeit.“
Je nach Formulierung der Beamtenklausel kann die Prüfung des Versicherungsfalls beim Versicherer alleine aufgrund der zu prüfenden Voraussetzungen kurz oder auch besonders lang dauern.
Der BGH hat durchaus gesehen, dass der Versicherungsnehmer eine Besserstellung aufgrund der Vereinbarung der Dienstunfähigkeitsklausel erwartet. Eine solche sei jedoch bereits unter anderem dadurch gegeben, dass es dem Versicherer – im Unterschied zu einer reinen Berufsunfähigkeitsabsicherung – verwehrt sei, den Versicherungsnehmer auf eine andere von ihm ausgeübte Tätigkeit zu verweisen, was hingegen bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung standardmäßig der Fall ist.
Fazit
Aufgabe des Versicherungsmaklers für seinen Kunden ist die Auswahl des richtigen Versicherungsprodukts und passender Vertragsklauseln unter Beachtung des Kundenwunsches. Bei der Beratung von Beamten zur Absicherung von Berufsunfähigkeit sollte die Beratung zur Dienstunfähigkeit und Sonderklauseln nicht fehlen. Vor- und Nachteile eines Vertrages sind abzuwägen, auf mögliche lange Bearbeitungszeiten im Schadenfall muss der Kunde hingewiesen werden.
Beamtenklauseln sind, wie man sieht, im Einzelfall nicht nur vorteilhaft. Die Beratung und der erteilte Rat sollten stets gut dokumentiert werden, um den gesetzlichen Vorgaben zu entsprechen und eventuelle Haftungsfälle zu vermeiden.
Über die Autorin
Kathrin Pagel ist Fachanwältin für Versicherungsrecht und Partnerin der Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte. Die Volljuristin sowie Assessorin der Biologie und Chemie in Personalunion verfügt über fundierte Kenntnisse im Versicherungs- und Maklerrecht, gepaart mit mehr als 20 Jahren Berufs- und Praxiserfahrung.

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