„Berufsunfähig – und dann? Wie sich Versicherungen um die Zahlung drücken“ – diese Schlagzeilen werden dem Thema nicht gerecht, findet Makler Eckhard Borchardt. © Screenshot stern.de
  • Von Eckhard Borchardt
  • 27.10.2017 um 16:19
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Pauschalisierendes „Versicherer-Bashing“, fachliche Fehler und Begriffswirrwarr – dieses ernüchternde Fazit zieht Makler Eckhard Borchardt zur Stern-TV-Sendung vom vergangenen Mittwoch: „Berufsunfähig – und dann?“ lautete das Motto des Beitrags, bei dem es den Makler nicht auf dem Stuhl hielt. Hier geht’s zu seiner exklusiven Nachbetrachtung.

Viele Fälle abgelehnter BU-Leistungsansprüche gehen auf Anfechtungen oder Rücktritte durch den Versicherer wegen falscher Angaben des Versicherungsnehmers zum Gesundheitszustand zurück. In diesen Fällen lehnen Versicherer oft völlig zu Recht die Leistung ab und sind mit Rücksicht auf die Versichertengemeinschaft sogar dazu verpflichtet. Ein recht hoher Anteil von nicht anerkannten Leistungsansprüchen entfällt, so eine Leistungspraxisstudie des Ratingunternehmens Franke und Bornberg auf diejenigen Fälle, in denen der Versicherungsnehmer den Leistungsantrag nicht weiter verfolgt hat. In der Regel wird dabei der Fragebogen des Versicherers nicht zurück geschickt. Dies gehört aber zu den vertraglich vereinbarten Mitwirkungspflichten. Wer die BU-Leistung haben will, muss auch am Nachweis der Berufsunfähigkeit mitwirken.

Diagnose Schwere Erkrankung, automatisch berufsunfähig?

Dass die Berufsunfähigkeitsversicherung keine Schwere-Krankheiten-Vorsorge ist, also nicht schon bei der Diagnose einer schweren Erkrankung, etwa Krebs, leistet, wird auch nicht erläutert.

Herr Tenhagen passte gut in die Sendung

Es wundert nicht, dass sich Stern TV für sein Versicherer-Bashing Hermann-Josef Tenhagen ausgesucht hat. Der Ex-Chef von Finanztest, der heute für das Portal Finanztip tätig ist, war in seiner Tätigkeit für Finanztest mitverantwortlich für die fehlerhaften und den Verbraucher in die Irre führenden Testberichte zu Berufsunfähigkeitsversicherungen. Die fachlichen Fehler in den Tests wurden seinerzeit minutiös vom Makler Matthias Helberg herausgearbeitet mit beachtlicher Zustimmung in den Medien (etwa Wirtschaftswoche: „Versicherungsmakler blamiert Finanztest“) und bei Maklerkollegen.

Erst kürzlich hat sich Herr Tenhagen auf Bild-Zeitungsniveau mit pauschalen teils falschen Aussagen über die Unfallversicherung ausgelassen. In dem Artikel bezeichnet Herr Tenhagen die Unfallversicherung als „Goldesel der Assekuranz“ oder auch als „Teil des Raubzugs im Osten“ – letzteres erinnert dann doch ein wenig an die düstersten Kapitel der deutschen Geschichten. Zudem stellt er die gänzlich unbelegte Behauptung auf, den Verbrauchern würden Leistungen vorgegaukelt, denn die meisten wüssten nicht, dass eine Unfallversicherung erst bei bleibenden Schäden zahlt.

Immerhin gab Herr Tenhagen einige Informationen zur BU-Versicherung, die keineswegs falsch waren: 500 Euro BU-Rente seien zu wenig, da die BU-Rente mit Sozialleistungen verrechnet werde. „So früh wie möglich abschließen“ – auch das richtig. Falsche Angaben im Antrag vermeiden, rät Herr Tenhagen ebenfalls zu recht.

Aber dennoch gilt, dass es nicht möglich zu sein scheint, im Rahmen einer Fernsehsendung, das komplexe Thema Berufsunfähigkeitsversicherung angemessen und differenziert darzustellen.

Immer wieder geben Redakteure der Versuchung nach, das immer gleiche aber eben nicht der Realität entsprechende Bild der bösen Versicherer auf der einen Seite und des armen um seine Rechte betrogenen Verbrauchers auf der anderen zu malen. Bei diesem Kampf zwischen David und Goliath müssen sich der Fernsehsender, sein Moderator und der jeweilige „Experte“ fest an der Seite des Verbrauchers in die Schlacht werfen. Ein anderes Drehbuch wäre wohl zu langweilig.

Fazit: Mal wieder was für die Quote getan, ansonsten kein Erkenntnisgewinn, am wenigsten für die Verbraucher.

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Eckhard Borchardt

Eckhard Borchardt ist Versicherungsmakler mit den Schwerpunkten BU, private Krankenversicherung (PKV) und Altersvorsorge in Hamburg. Er schreibt außerdem regelmäßig in seinem Blog zu den Themen BU, PKV und Altersvorsorge.

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