- Von Lorenz Klein
- 09.04.2021 um 09:08
Viele vermeintlich Corona-Genesene leiden auch noch viele Monate nach ihrer Ansteckung beispielsweise an Erschöpfung, Atemnot, Gelenk- und Muskelschmerzen, Migräne, Gedächtnisproblemen oder anderen Beschwerden. Könnte das als „Long Covid“ bekannte Phänomen womöglich sogar die Fallzahlen in der Berufsunfähigkeitsversicherung nach oben treiben? Noch ist die Datenlage nicht eindeutig, doch erste Erkenntnisse von Wissenschaftlern geben durchaus Anlass zur Sorge.
So hat etwa der Psychologe Michael Sharp von der Universität Oxford dem Versicherungskonzern Swiss Re neue Zahlen vorgelegt, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ nun berichtete. Demnach war etwa ein Viertel der in Post-Covid-Rehakliniken behandelten Patienten auch ein halbes Jahr nach der Entlassung nicht fähig, dem eigenen Job nachzugehen.
Lockdown schädigt BU-Versicherte stärker als Covid-Spätfolgen
Wie ehrlich und detailliert muss geantwortet werden?
Für Versicherer, die Berufsunfähigkeitsversicherungen (BU) in ihren Beständen führen, ist das ein aufschlussreicher Hinweis, denn in der Regel müssen die BU-Anbieter ihren Versicherten eine Rente gewähren für den Fall, dass die nachgewiesene Berufsunfähigkeit „voraussichtlich länger als sechs Monate bestehen wird“, wie es beispielhaft in zahlreichen Versicherungsbedingungen heißt.
Wie viele Patienten klagen über Langzeitschäden?
Doch wie viele Corona-Patienten sind von Long Covid eigentlich betroffen? Experten schätzen, dass 10 Prozent der Corona-Infizierten, die in der Statistik als „genesen“ erfasst sind, auch noch Monate später an einem „postviralen Syndrom“ leiden. Dieses Syndrom ist laut dem US-amerikanischen Covid-Berater und Immunologen Antony Fauci „erstaunlich ähnlich“ zur „Myalgischen Enzephalitis/Chronischem Fatigue Syndrom“, wie die FAZ schreibt.
Was allerdings die genauen Mechanismen und die Zahl der Long-Covid-Erkrankungen angehe, herrsche „noch längst keine Klarheit“, heißt es in dem Bericht. Je nach Größe, Dauer, Design und vor allem Qualität der Beobachtungsstudien komme man auf zwei bis siebzig Prozent aller Infizierten – symptomlose eingeschlossen –, die eine oder mehrere Long-Covid-Störungen „noch monatelang mit sich herumschleppen“.
Nimmt man die eingangs erwähnten 10 Prozent der vermeintlich Wiedergesundeten zur Grundlage, die in Wahrheit aber noch lange mit Folgeerscheinungen kämpfen, so würde dies auf Deutschland bezogen eine Zahl von aktuell gut 264.000 Personen ergeben. Denn laut RKI-Statistik galten am 8. April 2021, 16.30 Uhr, exakt 2.638.320 Bundesbürger als genesen.
Allerdings müssten von den geschätzt 264.000 Langzeitpatienten noch jene abgezogen werden, die sich zum Beispiel bereits vor einem Jahr – also in den Anfängen der Pandemie hierzulande – infizierten und ihre Long-Covid-Auswirkungen schlussendlich doch überwinden und in ihren Job zurückkehren konnten. Ein genaues Bild geben die Daten bislang noch nicht her. Tatsache ist: Täglich finden viele tausend neue – zumindest vordergründig – Genesene den Weg in die Statistik, die aber deshalb noch nicht automatisch als gesund angesehen werden dürfen.
Seite 2: „Extrem gestiegene Nachfrage bei Anschlussheilbehandlungen“ / GDV über BU wegen Corona
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