- Von Lorenz Klein
- 12.10.2022 um 15:27
Mit der Goldgräberstimmung im Markt für Berufsunfähigkeitsversicherungen (BU) scheint es vorerst vorbei zu sein. Der Ausblick trübe sich ein, teilte das Analysehaus Franke und Bornberg am Dienstag mit. Die Experten stützen sich auf Gespräche mit den BU-Versicherern Ergo, Generali, HDI und Nürnberger. Alle vier haben sich bei den Analysten aus Hannover erneut einem freiwilligen „BU-Unternehmensrating“ unterzogen – und konnten auch in diesem Jahr wieder mit der Bestnote FFF+ (hervorragend) überzeugen.
Die vier erfolgreichen Gesellschaften prognostizieren allerdings – ebenso wie die gesamte Branche – einen Rückgang in der Nachfrage nach BU-Schutz, heißt es bei Franke und Bornberg. Verbraucher litten unter der Inflation und in besonderem Maße unter hohen Energiepreisen. Das lasse oft wenig Spielraum im verfügbaren Haushaltseinkommen, so die Begründung.
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Diese vier BU-Versicherer überzeugen auf ganzer Linie
Immerhin zeigten sich im Bestand bislang aber keine negativen Reaktionen auf die Inflation – bis einschließlich August 2022 seien die Stornoquoten der befragten Versicherer konstant geblieben, berichten die Fachleute. Überdies seien die vier Ratingteilnehmer problemlos durch die Coronakrise gekommen. „Im Vergleich zu 2019 stieg ihr policiertes Neugeschäft 2021 um fast 21 Prozent“, teilen die Analysten mit. Das liege deutlich über dem branchenweiten Wachstum.
Franke freut sich über „einzigartigen Datenpool“
Insofern liefert das Rating „keine Daten, die alle BU-Versicherer in Deutschland repräsentieren“, wie Unternehmenschef Michael Franke einräumte – den das aber gar nicht stört. „Die Kerngruppe aus Ergo, Generali, HDI und Nürnberger ist seit Jahren stabil. Für uns ist das ein Glücksfall, denn wir beobachten ihre Entwicklung hin zu noch höherer BU-Qualität kontinuierlich und hautnah“, berichtet Franke. „Das hilft uns, die wesentlichen Erfolgsfaktoren herauszufiltern und auf künftige Untersuchungen anzuwenden“, so der Analyst. Das Rating erlaube es Franke und seinem Team „tiefe Einblicke in die Antrags- und Leistungspraxis sowie in das Controlling der vier Gesellschaften“ zu nehmen. Im Laufe der Zeit sei daraus ein „einzigartiger Datenpool“ entstanden.
Leistungsprüfung werde individueller
Beispiel Leistungsprüfung: Früher habe diese mit dem Versand eines dicken Briefumschlags begonnen. Inhalt: Ein mehrseitiger Fragebogen mit einigen Dutzend Standardfragen. „Und dann passierte wochenlang nichts“, erinnern sich die Analysten. Doch diese Zeiten seien – zumindest bei den vier Ratingteilnehmern – erfreulicherweise vorbei. So gehe hier der Trend in Richtung Individualisierung.
„Leistungsprüfer nehmen heute in der Regel direkt Kontakt zu Anspruchstellenden auf. In einem ersten Telefonat werden Erkrankung und Berufsbild gemeinsam abgeklärt“, schildern die BU-Experten. Auf Basis dieser Informationen entstünde dann ein für den Versicherten individualisierter Leistungsantrag ohne überflüssige Fragen. Manche Unternehmen vervollständigten darüber hinaus wesentliche Punkte gemeinsam mit Kunden, wahlweise telefonisch oder vor Ort. Diese Vorgehensweise sei nicht nur kundenorientiert, sondern beschleunige auch den Entscheidungsprozess, loben die Analysten.
„Covid-19 allein ist kein K.O.-Kriterium für einen BU-Vertrag“
Weiter zeigt sich, dass die Leistungsregulierung von Corona kaum beeinflusst wurde. „Nur wenige Antragsteller weisen eine mindestens sechsmonatige Einschränkung ihrer Berufsfähigkeit nach“, so die Experten. Und sollte es zu einer Anerkennung der Leistung gekommen sein, sei in über 50 Prozent der Leistungsfälle der Anspruch zum Zeitpunkt der Untersuchung schon wieder entfallen. „Deshalb wirkt sich Corona im BU-Bestand und in den BU-Quoten kaum aus“, so das Resümee.
Anders sieht es im Neugeschäft aus. Zu Beginn der Pandemie hätten die Gesellschaften Neuanträge im Falle einer Corona-Infektion häufig zurückgestellt. Mittlerweile reiche es für die Einschätzung des Risikos in der Regel, wenn zwischen Infektion und der Antragsstellung wenige Wochen liegen. „Das gilt selbstverständlich nicht bei schweren Krankheitsverläufen“, betonen die Analysten. „Covid-19 allein ist kein K.O.-Kriterium für einen BU-Vertrag. Erst wenn andere Krankheitsbilder hinzukommen, fragen Antragsprüfer nach“, fasst Franke die Beobachtungen zusammen.
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