- Von Redaktion
- 19.08.2015 um 16:53
Aktuell liegt das gesetzliche Rentenniveau bei 47,1 Prozent. Im Jahr 2030 werden es voraussichtlich nur noch 43 Prozent sein. Viel zu wenig, um im Alter finanziell abgesichert zu sein. Es sei denn, man sorgt zusätzlich noch privat vor. Nur tun das die wenigsten Deutschen freiwillig. Deshalb hat sich Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles das Thema bAV vorgeknöpft. Ob die zweite Säule der Altersvorsorge allerdings gleich zur Pflicht werden sollte, dazu sind die Meinungen höchst unterschiedlich, wie ein Streitgespräch des Branchenverbands GDV zeigt.
Als Befürworter der verpflichtenden Altersvorsorge legt Gert Wagner, Vorstand Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, vor:
„Konsequent wäre die verpflichtende private Vorsorge gewesen. Aber keiner der Akteure in der Sozialpolitik tritt derzeit für die Einführung einer obligatorischen Riester-Rente ein. Ebenso wenig ist zu erwarten, dass die Rentenformel erneut geändert und so das Niveau der gesetzlichen Rente erhöht wird. Damit bleibt nur die bAV als breit wirkendes Instrument zur Verbesserung der Einkünfte im Alter.“
Allerdings glaubt Wagner nicht daran, dass die Politik die bAV zur Pflichtversicherung erklären wird Deshalb sieht er nur zwei Möglichkeiten: „Die Festschreibung betrieblicher Vorsorge in möglichst allen Tarifverträgen sowie eine etwa von der gesetzlichen Rentenversicherung organisierte Standard-Zusatzvorsorge. In ihr sollten alle Arbeitnehmer versichert sein, die keiner tariflichen bAV angehören.“
Frank-Henning Florian, Vorstandsvorsitzender der R+V Lebensversicherung, ist da ganz anderer Meinung und hält dagegen:
„Misstrauen und Zwang sind schlechte Ratgeber. Mit einer Pflicht zur betrieblichen Altersversorgung würde der Staat seinen Bürgern das Misstrauen aussprechen, nicht in der Lage zu sein, vernünftige Entscheidungen für die eigene Vorsorge im Alter treffen zu können.“
Vorteile einer Pflichtversicherung kann Florian nicht erkennen. Nachteile hingegen umso mehr: „Zwang bekämpft das Nicht-Wollen. Liegt das Problem aber im Nicht-Können, also in zu geringer Vorsorgefähigkeit, ist Zwang sinnlos und vernichtet sogar Existenzen.“
Zudem würden manche Arbeitnehmer ihre Vorsorge viel lieber vom Arbeitgeber entkoppeln wollen, meint Florian weiter. Das treffe besonders dann zu, wenn Jobwechsel häufiger anstehen: „Bei einem Obligatorium wird Arbeitnehmern das verwehrt. Um das Ausweichen zu verhindern, müsste in den Unternehmen eine Überwachungs- und Sanktionsarchitektur errichtet werden. Dies belastet jedoch das Arbeitsklima.“
Aber auch für Arbeitgeber bringe eine bAV-Pflicht Nachteile mit sich: „Fachkräfte ließen sich dadurch nicht mehr binden. Vielen bereits bestehenden Tarifverträgen würde der Boden entzogen. Würden die Arbeitgeber in der Fläche zu zusätzlichen Beiträgen gezwungen, steigen die Arbeitskosten und damit die Anreize zur Rationalisierung.“
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