Christian Schwalb ist 1. Vorsitzender des Vereins „Zukunft für Finanzberatung“. © Pressefoto
  • Von Redaktion
  • 07.05.2021 um 11:06
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In einer kürzlich erschienen Analyse des Beratungsunternehmens Premium Circle zum Antrags- und Leistungsverhalten von BU-Versicherern während der Corona-Pandemie kritisierte das Haus unverbindliche Formulierungen der Anbieter und ein erhöhtes Risiko der Leistungsablehnung im BU-Fall. Der Verein „Zukunft für Finanzberatung“ wehrt sich in einer Stellungnahme nun gegen die „augenscheinlich populistischen Schlüsse“ des Hauses. Von Premium Circle folgte dann die Replik auf die Replik. Mehr erfahren Sie hier.

Zum Kritikpunkt der Leistungsprüfung bei Covid-19 heißt es:

„Im Frageblock zur Leistungsprüfung wurde unter anderem die Reisetätigkeit abgefragt. Gefragt wurde konkret, ob die Reise in ein Covid-19-Risikogebiet oder Mutationsgebiet (In- und Ausland) bei einem daraus in der Folge durch eine Covid-19-Infektion mittelbar oder unmittelbar resultierenden Leistungsfall zu einer Leistungsablehnung führen kann. Ein Versicherer hat dies bejaht und dabei auf einen Quellenhinweis der eigenen Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) mit dem Zusatz „Ausschluss möglicher Vorsatz“ verwiesen. Dieser AVB-Bestandteil liegt inhaltlich allen BU-Verträgen zugrunde. Diese Antwort zeigt exemplarisch auf, wie die Regelungen der AVB im Leistungsfall ausgelegt werden könnten. (…)

Der ZfF e.V. kommentiert diese Darstellung folgendermaßen:

Es wurde laut Presseberichten angeführt, dass eine BU-Leistung verweigert werden kann, wenn der Versicherte sich bei einer Reise in ein Risikogebiet angesteckt hat, da das in diesem Fall eine absichtliche Herbeiführung der BU wäre.

Diese pauschale Kommentierung setzt die Wertung einer Reise in ein Covid-19-Risikogebiet als absichtliche Herbeiführung voraus. Dies ergibt sich nicht (…) aus unserer Studie.“

Zur Homeoffice-Tätigkeit führt Premium Circle aus:

„Der ZfF e.V. schreibt weiterhin in seiner Stellungnahme, dass wir zu folgendem Ergebnis hinsichtlich der Homeoffice-Tätigkeit gekommen seien:

Außerdem könne auch ein Leistungsanspruch für Haltungsschäden, welche aus der Arbeit im Home-Office resultieren, abgelehnt werden, da es sich bei der beruflichen Ausübung nicht mehr um die „übliche Tätigkeit“ handle.

Die Frage, ob Haltungsschäden in der Berufsunfähigkeitsversicherung mitversichert sind, war nicht Gegenstand des Erhebungsbogens. Im Fragenblock zur Leistungsprüfung wurden unter anderem die Auswirkungen von Homeoffice im Leistungsfall auf die Ermittlung des Tätigkeitsprofils abgefragt:

„Bei welchen der nachfolgend aufgeführten Szenarien hat Homeoffice aufgrund Covid-19 eine Auswirkung im Leistungsfall auf die Ermittlung des Tätigkeitsprofils der zuletzt ausgeübten beruflichen Tätigkeit (wie ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet)?“

Zu beantworten waren unter Berücksichtigung der ergänzenden Erläuterungen folgende Szenarien:

Szenario 1: Ab welchem prozentualen Anteil und/oder wie lange muss VP bereits im Homeoffice gearbeitet haben, damit die Homeoffice-Tätigkeit als Tätigkeitsprofil zugrunde gelegt wird?

Ergänzende Erläuterung: Es wird abhängig von prozentualem Anteil der Homeoffice-Tätigkeit an der monatlichen Gesamtarbeitszeit und/oder zeitlicher Dauer auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit in ihrer konkreten Ausgestaltung nach Beginn der Homeoffice-Tätigkeit abgestellt.

Szenario 2: Homeoffice aufgrund Covid-19 findet generell Berücksichtigung; es zählt das Tätigkeitsprofil nach Beginn der Homeoffice-Tätigkeit.

Ergänzende Erläuterung: Es wird auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit in ihrer konkreten Ausgestaltung nach Beginn der Homeoffice-Tätigkeit abgestellt, unabhängig von prozentualem Anteil der Homeoffice-Tätigkeit an der monatlichen Gesamtarbeitszeit und/oder zeitlicher Dauer der Homeoffice-Tätigkeit.

Szenario 3: Homeoffice aufgrund Covid-19 findet generell keine Berücksichtigung; es zählt das Tätigkeitsprofil vor Beginn der Homeoffice-Tätigkeit

Ergänzende Erläuterung: Es wird auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit in ihrer konkreten Ausgestaltung vor Beginn der Homeoffice-Tätigkeit abgestellt, unabhängig von prozentualem Anteil der Homeoffice-Tätigkeit an der monatlichen Gesamtarbeitszeit und/oder zeitlicher Dauer der Homeoffice-Tätigkeit.

Die Antworten der Versicherer waren uneinheitlich. Zwei Versicherer haben angegeben, dass Homeoffice generell keine Auswirkung auf die Ermittlung des Tätigkeitsprofils hat.

Demgegenüber haben zwei andere Versicherer angegeben, dass Homeoffice eine Auswirkung hat. Sechs von sieben Versicherern lieferten zusätzliche schriftliche Hinweise, ob und wann Homeoffice bei der Ermittlung des Tätigkeitsprofils berücksichtigt wird.

Beispiele der schriftlichen Hinweise der Versicherer:

  • „Entscheidung im Einzelfall“
  • „Nach heutigem Stand ist eine aufgrund der Pandemielage veranlasste Homeofficetätigkeit keine dauerhafte Änderung des ursprünglichen Tätigkeitsprofils. So lange davon auszugehen ist, dass es sich nur um eine vorübergehende Situation handelt, ist analog zur Arbeitslosigkeit das ursprüngliche Tätigkeitsbild relevant.“
  • „Hier kann es keine pauschale Aussage dazu gebe, da ist jeder Fall individuell. Es ist auch davon auszugehen, dass die Berufswelt nach Corona nicht so wird wie vorher.“
Und schließlich heißt es noch von Premium Circle:

Ferner schreibt der ZfF e.V. wie folgt:

Die Herausforderungen in der Leistungsfall-Entscheidung sind durch die Corona-Pandemie sicher nicht kleiner geworden. Die über viele Jahre weiterentwickelten Bedingungswerke der einzelnen Versicherer, stellen heute belastbare Rahmenbedingungen für ein Verfahren dar, das eine möglichst gerechte Leistungsentscheidung für den Einzelnen, vor dem Hintergrund des Kollektivgedankens der Versichertengemeinschaft, ermöglicht. Die mehrfach nachgewiesenen* Leistungsquoten von stabil über 75 Prozent der Leistungsanträge bestätigen das nachhaltig (* Quelle: Analysen von Franke und Bornberg).

Im Rahmen der von uns durchgeführten Qualitäts- und Transparenzinitiative (QTI) 2016 und 2018 zum tatsächlichen Leistungsverhalten der BU-Versicherer hat sich gezeigt, dass die unternehmensindividuellen Leistungsquoten von anerkannten Leistungsfällen zwischen 44,2 und 87,7 Prozent variieren. Dementsprechend gibt es bei einzelnen Unternehmen starke Abweichungen zum Branchendurchschnitt.

Die Varianz zeigt sich beispielsweise auch in der Anzahl der Fälle, in denen der Versicherte gegen den Versicherer klagt, mit einer Klagequote von 0 bis zu 32 Prozent. Nochmals untermauert wird dies durch die Quote der erstinstanzlichen Urteile zugunsten des Versicherten, die zwischen 0 und 83,3 Prozent variieren.

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