- Von Redaktion
- 26.11.2019 um 10:58
Was war geschehen?
Die klagende Versicherung begehrte die Rückzahlung von Krankentagegeld für den Zeitraum von August 2012 bis März 2013, welches sie an den beklagten Versicherten gezahlt hatte. Während dieses Zeitraums bezog der Beklagte eine Berufsunfähigkeitsrente. Nach den Tarifbedingungen der Versicherung war der Beklagte damit nicht mehr versicherungsfähig. Dieser wandte jedoch dagegen ein, er habe nur aufgrund einer fingierten Berufsunfähigkeit Rente erhalten. Deswegen sei eine Versicherungsfähigkeit noch gegeben und führe nicht zum Ende der Versicherungsfähigkeit nach Paragraf 15 Abs. 1b MB/KT.
Das Landgericht Bochum hatte der Klage stattgegeben und war dabei der Begründung der Versicherung gefolgt. Als Vorinstanz stellte das LG Bochum dabei fest, dass auch eine Rente wegen sogenannter fingierter Berufsunfähigkeit eine Rente wegen Berufsunfähigkeit im Sinne der Tarifbedingungen der Versicherung sei. Abzustellen sei dabei auf die Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers, der in diesem Fall bei der Auslegung keine Unterscheidung mache zwischen dem Bezug einer Rente wegen tatsächlicher oder fingierter Berufsunfähigkeit.
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Die rechtliche Wertung des OLG Hamm
Das OLG Hamm wies die Berufung des Versicherten zurück (Beschluss vom 10. Februar 2016, Aktenzeichen I-20 U 204/15). Die Richter argumentierten mit dem Wortlaut der Tarifbedingungen, der Vorschriften der MB/KT und auch mit dessen eindeutiger Auslegung nach Sinn und Zweck. In den Tarifbedingungen (Ziffer 2 Satz 3 zu Tarif V) heißt es:
„Versicherungsfähig ist nicht, wer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit oder Altersruhegeld bezieht.“
Das OLG Hamm argumentierte ebenfalls mit dem „durchschnittlichen Versicherungsnehmer“, welcher bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs auch ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse die Tarifbedingungen so versteht, dass die Versicherungsfähigkeit auch bei Bezug einer Rente wegen fingierter Berufsunfähigkeit entfällt. Dieses Verständnis folge für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer bereits aus dem erkennbaren Umstand, dass der Bezug von Berufsunfähigkeitsrente nicht durch die Tarifbedingungen der Klägerin definiert werden könne.
Ebenso leicht verständlich sei es für den Durchschnitts-Versicherungsnehmer, dass ein Parallellauf von Krankentagegeldleistungen und Berufsunfähigkeitsleistungen nicht beabsichtigt sei. Eine Unterscheidung der beiden Arten der Berufsunfähigkeit sei daher sachfremd und nicht gewollt.
Hinweis für die Praxis
Die Entscheidung des OLG Hamm ist nachvollziehbar. Denn es macht im Ergebnis keinen Unterschied, weswegen der Versicherte eine Berufsunfähigkeitsrente erhält. Die Tatsache, dass er eine Berufsunfähigkeitsrente erhält, reicht aus, um die Versicherungsfähigkeit zu beenden. Ob die Versicherungsbedingungen der Berufsunfähigkeitsversicherung erfüllt sind, betrifft ein anderes Versicherungsvertragsverhältnis. Jedenfalls greifen die Vertragsbeendigungsgründe der Krankentagegeldversicherung.
Über den Autoren
Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und Gewerblichen Rechtsschutz, außerdem Partner und Gründer der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte
Die Kanzlei wird zu dem Bereich des Versicherungsrechts auf dem Jöhnke & Reichow Vermittler-Kongress am 6. Februar 2020 in Hamburg referieren. Informationen zur Agenda finden Sie unter https://vermittler-kongress.de/.
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