Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner und Gründer der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte. © Jöhnke & Reichow
  • Von Redaktion
  • 01.07.2020 um 11:16
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Ein selbstständiger Tennislehrer hat eine Entzündung im Handgelenk, kann deswegen nicht mehr arbeiten und verlangt daher die vereinbarten Leistungen von seinem Berufsunfähigkeitsversicherer. Dieser weigert sich zu zahlen, der Fall landet vor Gericht. Wie das OLG Saarbrücken entschieden hat, erklärt Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke in seinem Gastbeitrag.

LG und OLG Saarbrücken sind einer Meinung

Es sei von einer Sachverständigen festgestellt worden, dass ein Sporttrainer seine Sportart selbst beherrschen und die erforderliche Fitness aufweisen muss, um Übungen demonstrieren zu können. Im Hinblick auf die Arbeitsanforderungen an einen Tennislehrer habe die Sachverständige dargelegt, eine normale Funktionstüchtigkeit der Arme und Hände zähle zu den wesentlichen gesundheitlichen Eignungsvoraussetzungen. Insbesondere werde das Handgelenk stark und intensiv beansprucht.

Aufgrund der beim Kläger vorliegenden Befunde sei der Beruf des Tennislehrers daher nicht mehr auszuüben. Auch bestehe aus der Sicht des Senats kein Zweifel daran, dass ein Tennislehrer, der wegen einer chronisch entzündlichen, fortschreitenden Erkrankung des rechten Handgelenks nicht einmal mehr zu einem einzigen längeren Ballwechsel imstande ist, seinen Schülern das Tennisspiel nicht mehr beibringen kann. Ob er sie einzeln oder in Gruppen unterrichtet und ob sie jünger oder älter sind, sei hierfür entgegen der Ansicht der Beklagten nicht maßgeblich.

Lässt eine Unternehmensbeteiligung den Leistungsanspruch entfallen?

Die Versicherung hatte in der Berufung vorgetragen, dass dem Kläger, der an einer Grundstücksgesellschaft beteiligt ist, eine Berufsausübung ungeachtet von Gesundheitsbeeinträchtigungen weiterhin möglich sei. Das Vorbringen des Versicherers sei jedoch substanzlos, so das Gericht.

Erzielen Berufstätige zusätzliche Einkünfte aus ihrem Vermögen, insbesondere etwa aus vermieteten Immobilien, sei das zunächst keine Berufsausübung. Etwas Anderes könne ausnahmsweise gelten, wenn der Umfang einen planmäßigen Geschäftsbetrieb erfordert, da es sich dann nicht mehr um eine reine Freizeitbeschäftigung handelt. Sind unter diesem Gesichtspunkt mehrere Berufe des Versicherten zu bewerten, kann der erforderliche Grad der Berufsunfähigkeit, der etwa im „Hauptberuf“ mit körperlicher Tätigkeit vorläge, unter Umständen „herab gedrückt“ werden, wenn die verwaltende Tätigkeit noch voll möglich ist, da es dann auf die Gesamtbetrachtung ankommt.

Vorliegend gebe es aber keine Anhaltspunkte für die Mutmaßung des Versicherers, dass der Kläger seinen beruflichen Schwerpunkt von der Tätigkeit als Tennistrainer offenbar auf das Betreiben eines Squashcenters verlagert habe. Der Kläger habe substantiiert dargetan, an der Grundstücksgesellschaft bloß beteiligt gewesen zu sein.

Hinweis für die Praxis

Diese Entscheidung zeigt deutlich, dass die Aufarbeitung der Tätigkeiten eines Versicherten zwingend notwendig sind und einen Schwerpunkt des Prüfungsverfahrens bei Berufsunfähigkeit darstellen. Werden hierbei Fehler gemacht, ziehen sich diese durch das gesamte Leistungsprüfungsverfahren. Bei Berufsunfähigkeit ist stets anzuraten, sich kompetente Unterstützung zu suchen. Gerade Leistungsablehnungen von Berufsunfähigkeitsversicherungen sollten juristisch überprüft werden.

Daher ist es für Vermittler und Versicherte von Vorteil, sich mit dem Ablauf eines typischen BU-Verfahrens mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung vertraut zu machen, bevor Leistungsansprüche geltend gemacht werden. Auch an dieser Entscheidung ist zu erkennen, dass es sinnvoll ist, frühzeitig anwaltliche Expertise in Anspruch zu nehmen, um etwaige Anspruchsvereitelungen zu vermeiden.

Über den Autoren

Björn Thorben M. Jöhnke ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, außerdem Partner und Gründer der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte.

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