- Von Lorenz Klein
- 10.12.2018 um 16:54
Immer wieder kommt es vor, dass Versicherer bunte Flyer an Vermittler verschicken, in denen sie sich für ihre vermeintlich hohe Annahmequote in der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) rühmen.
Von scheinbar eindrucksvollen 88,4 Prozent (Allianz) oder auch 84,87 Prozent (HDI) ist da die Rede. Die Makler Tobias und Stefan Bierl halten von derlei Werbebotschaften überhaupt nichts. „Vorsicht, wenn Dein Versicherungsvermittler damit hausieren geht und die Annahmequote als sehr wichtig herausstellt!“, warnen die Brüder in ihrem Blog. Aber von vorn.
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Worum geht es?
Die Annahmequote sagt aus, wie viel der gestellten Anträge zum Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung von einem Versicherer angenommen wurde. Liegt sie bei 100 Prozent bedeutet das also, dass jeder eingereichte Antrag vom Versicherer genehmigt wurde. Liegt der Wert nun nahe 100 Prozent soll das dem (unkundigen) Leser des Flyers folgendes suggerieren: Wir nehmen fast alle Antragsteller auf – selbst dann, wenn sie womöglich an schweren Vorerkrankungen leiden oder einem gefährlichen Hobby nachgehen.
Doch dieser Schluss wäre ein Trugschluss, warnen die Makler – und zwar aus mehreren Gründen: Zum einen wird aus der Annahmequote nicht ersichtlich, wie jemand versichert wird. „Es kann auch zu erheblichen Risikozuschlägen kommen“, geben die Bierls zu bedenken, oder auch zu einer Ausschlussklausel, etwa für die BU-Ursache „Wirbelsäule“, weil dem Versicherer die Abdeckung dieses Risikos aufgrund etwaiger Vorerkrankungen zu heikel erscheint. (Gleichwohl betonen die Makler, dass ein Risikozuschlag oder eine Ausschlussklausel immer noch besser sei als gar keine BU-Absicherung).
Die Hauptkritik der beiden Makler zielt jedoch darauf ab, dass sich eine hohe Annahmequote eigentlich automatisch ergeben müsste, wenn alle Vermittler und Versicherer sauber arbeiten würden. „Unsere Annahmequote liegt bei 100 Prozent in der Berufsunfähigkeitsversicherung“, berichten die Makler.
Wie ist das zu erklären?
Ganz einfach. Das Zauberwort lautet „Risikovoranfrage“. Mit Hilfe einer anonymen Voranfrage beim Versicherer prüft ein Makler, ob sein Kunde überhaupt eine Chance hätte dort unter zukommen. Der Clou: Lehnt der Versicherer nach Durchsicht der Voranfrage einen BU-Vertrag ab, taucht die Ablehnung in keiner Statistik auf – es hat sie gewissermaßen gar nicht gegeben.
Gibt der Versicherer hingegen auf Basis der Voranfrage grünes Licht, werde der darauf folgende Antrag in der Regel ohne Rückfragen so wie gewünscht policiert, schildern die Makler aus ihrer Berufspraxis.
„So erreicht man eine 100 Prozent Annahmequote in der Berufsunfähigkeitsversicherung und wir wundern uns immer noch, wie man sich mit einer hohen Annahmequote rühmen kann“, fassen die BU-Experten zusammen.
Da bekanntlich jeder Vermittler mit Voranfragen arbeiten sollte, stellen sich die Bierls vielmehr die Frage, warum die Annahmequote der Versicherer eigentlich nicht immer bei 100 Prozent liegt?
Nun, den Maklern fallen hierfür drei Gründe ein:
- Der Versicherungsvermittler stellt direkt einen Antrag: In diesem Fall ist das Risiko natürlich viel größer, dass der Versicherer direkt nein sagt. Dieses Vorgehen kommentieren die Makler entsprechend kritisch: „Wie man so arbeiten kann, entschließt sich zwar unserer Kenntnis, aber wir haben es selber schon öfters erlebt.“
- Der Interessant/Verbraucher versucht es auf eigenem Wege: Auch das komme wohl gar nicht so selten vor, befinden die Makler. Sie begründen dies vor allem damit, dass Verbraucherzeitschriften, genannt wird hier das Beispiel Finanztest, ihre Leser dazu anhielten, die Gesellschaften auf eigene Faust anzuschreiben. Nun ja, viel Glück dabei.
- Eine unsaubere Risikoprüfung der Gesellschaft: „Nach intensiver Prüfung Ihrer Antragsunterlagen müssen wir leider zur Erkenntnis kommen, dass wir Sie nicht versichern können. Sorry“ – zum Glück würden aber nur wenige Versicherer trotz einer zuvor genehmigten Voranfrage so handeln, heißt es im Blog. „Selbstredend werden diese aber von uns links liegen gelassen“, versichern die Makler.
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