BU-Experte Philip Wenzel © Doris Köhler
  • Von Oliver Lepold
  • 06.07.2020 um 12:14
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lesedauer Lesedauer: ca. 02:45 Min

Die Dienstunfähigkeitsklausel spielt in der Berufsunfähigkeitsversicherung für Beamte eine große Rolle. Insbesondere für Berufsanfänger kann eine unvollständige Klausel problematisch sein. Pfefferminzia befragte BU-Experte Philip Wenzel zu Qualität und Fortschritten in dieser Frage.

Pfefferminzia: Wie ist der generelle Branchenstandard bei Dienstunfähigkeitsklauseln in BU-Tarifen für Beamte?

Philip Wenzel: Von den rund 20 Anbietern am Markt sind die meisten Klauseln fast echt und vollständig. Das klingt zunächst gut. Auffällig ist, dass sich hier nahezu alle Versicherer finden, die nicht oder nur eingeschränkt mit Maklern zusammenarbeiten. Und tatsächlich sind viele Allgemeine Versicherungsbedingungen, kurz AVBs, inhaltsgleich, weil die Versicherer über die gleiche Bank vermitteln. Viele Versicherer haben die DU-Klausel anscheinend nur für ein besseres Rating aufgenommen.

Woran machen Sie das fest?

Das zeigt sich daran, dass die Obliegenheiten nicht entsprechend angepasst wurden. Wenn etwa der Versicherer in den AVBs schreibt, er würde die Leistung einstellen, wenn sich bei Beamten auf Widerruf und Probe die Krankheit, die zur DU führte, verbessert hat. Das suggeriert, der Versicherer könne sich hier ohne ein ordentliches Nachprüfungsverfahren aus der Leistungsverantwortung lösen. Teilweise behält sich der Versicherer in den Obliegenheiten aber fast eine vollständige Prüfung zur BU vor. Das führt dann den Nutzen der Klausel ad absurdum.

Nimmt die Verwendung unechter und unvollständiger DU-Klauseln branchenweit ab?

Unvollständige Klauseln habe ich in meiner Untersuchung nur bei zwei Anbietern gefunden. Das hat deutlich abgenommen. Die wirklich echte DU-Klausel gibt es heute nicht mehr. Kein Versicherer hängt sich vorbehaltlos an die Entscheidung des Dienstherrn. Alle verlangen eine Versetzung in den Ruhestand aus gesundheitlichen Gründen. Die meisten verlangen sogar eine DU allein aus gesundheitlichen Gründen, um sicherzugehen, dass es keine betrieblichen Gründe gibt. Im Extremfall könnte der Versicherer versuchen, Einblick in die Personalakte zu erlangen, um das nachzuprüfen. Da es noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu gibt, entscheiden die Gerichte noch unterschiedlich.

Sind sich Makler über die Bedeutung der DU-Klausel insbesondere für angehende Beamte im Klaren?

Ich glaube, dass Makler und Versicherer hier sogar überreagieren. Der Vorteil der DU-Klausel liegt im einfacheren Leistungsantrag. Der Nachweis über die Ruhestandsversetzung und das amtsärztliche Zeugnis sind eine unwiderlegliche Vermutung. Es bedarf keiner Tätigkeitsbeschreibung oder irgendwelcher Nachweise, ob jetzt 50 Prozent Einschränkung zeitlich oder über das Arbeitsergebnis erreicht sind.

Wie häufig kommt es vor, dass Versicherte zwar als dienstunfähig von ihren Dienstherren, nicht aber als berufsunfähig im Sinne der BU-Vertragsdefinition anerkannt werden?

Das kann nur dann der Fall sein, wenn der Dienstherr nicht richtig geprüft hat. Nach  Paragraf 26 Beamtenstatusgesetz oder  Paragraf 44 Bundesbeamtengesetz kann der Dienstherr den Beamten zu einer Umschulung zwingen, um ihn verweisen zu können. Außerdem muss der Beamte immer nachweisen, dass er auch noch die kommenden sechs Monate dienstunfähig ist, während bei der BU-Versicherung nach sechs Monaten Berufsunfähigkeit davon ausgegangen wird, dass man dauerhaft berufsunfähig bleibt. Die BU-Definition ist auf dem Papier also leichter zu erreichen. Deshalb ist es unmöglich dienstunfähig, aber nicht berufsunfähig zu sein. Umgekehrt ginge das allerdings schon.

Welche Rolle spielt das Endalter in den Verträgen, das bei einigen Beamtenberufen wie Polizisten und Feuerwehrleuten weit vor 67 endet?

Da Beamte einen Anspruch auf 1.800 Euro Mindestversorgung haben, fallen sie eigentlich immer vergleichsweise weich. Der volle Anspruch von 71,75 Prozent des letzten Solds ist nach 40 ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten erreicht. Dazu zählt bereits der Wehr(ersatz)dienst und die Ausbildung. Mit 60 Jahren sollte man also die vollen Ansprüche erreicht haben. Danach ist eine Absicherung nicht mehr so dringend notwendig. Denn wer es in der Rente nicht schafft, mit knapp 30 Prozent weniger klarzukommen, muss ohnehin anders vorsorgen. Und wenn wir dagegenhalten, dass Angestellte eher eine Rentenlücke von 60 Prozent haben, ist das alles halb so wild. Hinzu kommt, dass Polizei und Feuerwehr körperlich herausfordernde Berufe sind. Aktuare könnten also das Risiko bis Endalter 67 sicherlich kalkulieren. Aber das wäre vermutlich sehr, sehr teuer.

Welche Veränderungen erwarten Sie bezüglich der DU-Klausel bei der Produktkonzeption der Versicherer?

Ich würde mir zeitlich begrenzte Klauseln wünschen, die den Kunden unterstützen, um in einem anderen Beruf Fuß zu fassen oder wieder gesund zu werden. Und da der Trend allgemein hin zu Klauseln geht, die keine zusätzliche Leistung versprechen, sondern einen einfacheren Leistungsantrag, kann ich mir schon vorstellen, dass auch einige Versicherer diesen Weg gehen werden.

Philip Wenzel ist Versicherungsmakler und unabhängiger Experte für die Berufsunfähigkeitsversicherung. Er ist einer der Experten auf www.worksurance.de, wo er über aktuelle Themen aus der Welt der Arbeitskraftabsicherung schreibt.

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Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

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