- Von Redaktion
- 15.04.2015 um 11:43
Mittlerweile gibt es bereits neun Anbieter einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) am Markt, deren Tarif auch bei Arbeitsunfähigkeit (AU) leistet. Auf den ersten Blick wird bei jeder dieser sogenannten AU-Klauseln die Rente durch Vorlage von Krankschreibungen über einen zusammenhängenden Zeitraum von mindestens sechs Monaten ausgelöst.
Auf den zweiten Blick sind alle neun Klauseln unterschiedlich. Auch alle Schneeflocken sind unterschiedlich und dennoch lassen sich alle verschiedenen Formen in die begrenzte Anzahl von gerade mal 80 Typen einordnen. Dies ist der Versuch einer Systematisierung der bisher am Markt vorhandenen AU-Klauseln. Die Einordnung erfolgt anhand des Nachweises, der Beantragung und der Überprüfbarkeit.
Eine Frage der Definition
AU-Klauseln der 1. Generation definieren den Begriff der Arbeitsunfähigkeit selbst, sodass der Versicherer bedingungsgemäß die Möglichkeit hätte, das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit anhand seiner Definition zu prüfen. Das ist generell nicht im Kundensinne. Erschwerend kommt hinzu, dass beide Anbieter, deren Klauseln zur 1. Generation gehören, den Begriff nur unzureichend und sehr zum Nachteil des Versicherungsnehmers definiert haben.
Es ist beispielsweise in beiden Definitionen kein Grad der Arbeitsunfähigkeit angegeben, sodass im Zweifel eine hundertprozentige Arbeitsunfähigkeit vorliegen müsste. In der derzeitigen Regulierungspraxis wird allerdings bei Vorlage einer Krankschreibung von sechs Monaten geleistet.
Probleme bei der Beantragung
Für die Beantragung des Leistungsfalles sind neben dem Nachweis der Arbeitsunfähigkeit auch alle Unterlagen einzureichen, die für den Leistungsantrag einer regulären Berufsunfähigkeit notwendig sind. Dadurch entfällt ein bedeutender Vorteil für den Kunden. Ein großer Teil der Anträge kommt deswegen nicht zur Leistung, weil die vom Versicherer benötigten Formulare nicht beigebracht werden können.
Das liegt häufig schlicht daran, dass der Versicherte in seinem Zustand mutmaßlicher Berufsunfähigkeit nicht in der Verfassung ist, die Formulare auszufüllen. Selbst in gesunden Tagen ist es wenigstens zweifelhaft, ob ein Laie überhaupt begreifen kann, welche Informationen der Versicherer braucht.
Diese Unterlagen sind aber für den Versicherer wichtig, da er ohne diese, nur mit einer Krankschreibung, unmöglich die vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung prüfen könnte, da auf einer Krankschreibung weder Diagnose noch ein genaueres Krankheitsbild beschrieben steht.
Leistung bei Vorlage der Krankschreibung
AU-Klauseln der 2. Generation verzichten auf eine Definition der Arbeitsunfähigkeit und leisten bei Vorlage einer Krankschreibung. Hier ist zu unterscheiden, ob in den Bedingungen ausdrücklich Selbständige und Beamte mit einbezogen werden oder ob es im Ermessen des Versicherers liegt, wie er die Formulierung bezüglich des Nachweises gemäß § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz auslegt. Es sind ebenfalls alle Unterlagen zur Prüfung einer regulären BU einzureichen.
Klauseln der 3. Generation werden derzeit von 3 Versicherern angeboten. Diese haben keine eigene Definition, leisten bei Vorlage der Krankschreibung und verzichten auf eine gleichzeitige Beantragung der Leistung wegen BU. Einer von diesen drei Versicherern behält sich vor, die erforderlichen Unterlagen zur Beantragung einer BU-Leistung einzufordern. Dies wird auch notwendig sein, da er keine andere Möglichkeit hat, die vorvertragliche Anzeigepflicht zu überprüfen.
Diese Problematik umgehen die anderen beiden Anbieter, indem sie neben der Krankschreibung auch eine Diagnose des Arztes verlangen, wodurch wenigstens eine oberflächliche Prüfung stattfinden kann.
Leistungsdauer ist meist begrenzt
Grundsätzlich darf man ja nicht vom Versicherer erwarten, dass er bei der Prüfung der vorvertraglichen Anzeigepflicht nur oberflächlich operiert. Immerhin ist eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung für den Versicherer die einfachste Art, um aus der Leistungspflicht zu kommen. Allerdings haben die meisten Anbieter der AU-Klausel die Leistungsdauer begrenzt.
Dadurch ergibt sich dann, dass die zu bildenden Rückstellungen im Leistungsfall deutlich geringer ausfallen. Es müssten ja für den schlimmsten Fall gerade mal 18 Monatsrenten reserviert werden. Wäre die Dauer unbegrenzt, müsste bei einem 37-Jährigen – etwas milchmädchenmäßig gerechnet – das 20-fache auf die Seite gelegt werden.
Setzt man diese Kosten in Relation zu dem finanziellen Aufwand, den ein Versicherer bei der Überprüfung der vorvertraglichen Anzeigepflicht betreibt, scheint dieser angemessen. Bei einer Rückstellung von gerade mal 18 Monatsrenten ist das Verhältnis ein deutlich anderes, weshalb man hier dem Versicherer durchaus glauben darf, dass er es bei einer oberflächlichen Prüfung anhand der Diagnose belässt. Zumal einer der beiden Versicherer, die anhand der Diagnose prüfen, bei der AU-Klausel nur 30 Prozent der Rente leistet. Und dann reden wir von nicht einmal von sechs Monatsrenten.
Nur am Rande: Eine geringe Leistung von 30 Prozent könnte interessant sein, wenn auch ein Krankentagegeld versichert ist. Inwiefern nämlich die Leistungen aus der AU-Klausel hier angerechnet würden, ist noch nicht abschließend geklärt.
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