- Von Lorenz Klein
- 08.03.2022 um 14:43
Ob und wie der Krieg in der Ukraine die Geschäftserwartungen der Lebensversicherer trübt, bleibt weiter zu beobachten – der Versicherungsverband GDV hatte in einer Einschätzung aus der vergangenen Woche zunächst keine massiven Auswirkungen gesehen.
Doch natürlich vermag niemand zu sagen, welche politischen und wirtschaftliche Verwerfungen infolge des Krieges noch zu erwarten sind und wie tiefgreifend sie auf hiesige Wirtschaftsbranchen durchschlagen. Das alles vorangestellt, lässt sich sagen, dass die Versicherungswirtschaft mit einer gehörigen Portion Optimismus ins Jahr 2022 gestartet ist: „Die Lebensversicherer schauen wieder optimistischer auf ihre Geschäftssituation“, berichtet Lars Heermann, Bereichsleiter bei Assekurata – das gelte zumindest für diejenigen Gesellschaften, die Assekurata im Rahmen ihrer aktuellen Marktstudie zu Überschussbeteiligungen und Garantien, zu Jahresbeginn ihre Einschätzung zur aktuellen Geschäftslage und den künftigen Geschäftserwartungen mitgeteilt hätten.
BU-Experte kontert WDR-„Versicherer-Bashing“
Assekurata startet neues Analyseverfahren für Grundfähigkeitspolicen
„Auch wenn die Pandemie noch nicht überwunden und der Zinsaufschwung an den Kapitalmärkten ein zartes Pflänzchen ist, hat sich die Stimmung Anfang 2022 deutlich aufgehellt“, sagt Heermann. Auf einer Skala von minus 2 (sehr negativ) bis plus 2 (sehr positiv) pendelt sich die aktuelle Geschäftslage der Lebensversicherer im Schnitt bei 0,42 Punkten ein. Gegenüber der Einschätzung vor einem Jahr (0,09) sei dies eine „deutliche Verbesserung und sogar der zweithöchste Wert in den vergangenen zehn Jahren“ (siehe Grafik).
Anlass zur Euphorie biete das allerdings nicht, relativiert Heermann, tendiere doch der Geschäftsindex „insgesamt nur leicht in den positiven Bereich“. So habe kein Versicherer in der Befragung eine sehr positive Einschätzung getroffen, die Antworten verteilten sich größtenteils auf die neutrale und positive Antwortkategorie. Darüber hinaus lasse sich das Gesamtbild für die Lebensversicherung nicht eins zu eins auf die einzelnen Produktsegmente übertragen, heißt es aus Köln.
Licht und Schatten in der bAV
Vielmehr falle das Stimmungsbild je nach Produktsegment deutlich unterschiedlich aus. „Als wesentliche Wachstumstreiber sehen die Lebensversicherer die Fondspolicen sowie Berufsunfähigkeits- und Grundfähigkeitsversicherungen“, lautet eine Erkenntnis der Analysten (siehe Grafik unten). Erholt habe sich auch die Lage in der betrieblichen Altersversorgung (bAV), was unter anderem eine Folge des ab 2022 verpflichtenden Arbeitgeberzuschusses sein könnte, der nunmehr für alle Entgeltumwandlungen und nicht nur für neue Zusagen greife, wie die Autoren erläutern. Gleichwohl sei die Erwartungshaltung für 2022 in der bAV „wieder defensiver“, gibt man bei Assekurata zu bedenken. Dies gelte umso mehr für die Klassik, „die nicht zuletzt durch die zum Jahreswechsel erfolgte Absenkung des gesetzlichen Höchstrechnungszinses extrem in den negativen Bereich tendiert“.
Erstmals schätzen die von Assekurata befragten Gesellschaften auch in der Neuen Klassik die Lage und Erwartung negativ ein, wenn auch nur moderat. „Bei Indexpolicen halten sich Befürworter und Gegner die Waage, so dass Einschätzungen hier auf beziehungsweise nahe dem Nullpunkt herauslaufen“, so Heermann.
Produktwandel „in vollem Gange“
Generell bestätige das Bild einen Trend, der bereits vor vielen Jahren eingesetzt habe, führt der Analyst aus. So reagierten die Anbieter mit neuen Produktofferten auf die Zinsmisere am Kapitalmarkt, indem sie ihren Kunden Alternativen zur traditionellen Lebensversicherung bereitstellen. Der Produktwandel sei damit „in vollem Gange“, wie Heermann feststellt. Der Experte schlussfolgert daraus, dass der Optimismus der Gesellschaften offenbar dahingehend steige, mit ihren (neuen) Produkten bei den Kunden punkten zu können.
Letztlich spielten dabei aber immer auch die Rahmenbedingungen eine Rolle, betont der Assekurata-Manager. „Wie schnell sich diese ändern können, erleben wir aktuell an verschiedenen Stellen – sei es in Form von Mutationen des Corona-Virus, der rapide gestiegenen Inflation oder geopolitischen Unsicherheiten durch die Russlandkrise. Eines ist indes sicher: Die Geschäftsentwicklung der Lebensversicherer wird auch in den kommenden Jahren spannend bleiben“, lautet das Resümee des Experten.
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