- Von Redaktion
- 04.11.2013 um 15:20
Alexandra Kallmeier, Versicherungskauffrau und Inhaberin der Makleragentur Morgenroth Versicherungsmakler, über Frauen als Fach- und Führungskräfte im Versicherungsvertrieb.
Das Gespräch führte Svetlana Kerschner, Redakteurin bei unserem Schwestermagazin DAS INVESTMENT.
DAS INVESTMENT.com: „Frauen im Versicherungsvertrieb ? was sagen die Kunden dazu?“ Das war der Titel eines Vortrags, der auf der DKM 2013 im Rahmen des Kongresses „Triple F: Frauen.Finanzen.Führung.“ gehalten wurde. Ist das nicht diskriminierend? Schließlich setzt sich die Bevölkerung zu jeweils rund 50 Prozent aus Männern und Frauen zusammen. Da sollten doch auch in der Versicherungsbranche beide Geschlechter selbstverständlich sein.
Alexandra Kallmeier: Das stimmt. In der Realität sind wir aber weit davon entfernt. Der Versicherungsvertrieb ist nach wie vor männerdominiert. Schuld daran sind aber sehr viele Faktoren. So hat die Branche in der Bevölkerung nach wie vor mit einem negativen Image zu kämpfen. Hinzu kommen die allgemeinen Probleme im Vertrieb. Ich denke schon dass Frauen generell eher Schwierigkeiten mit „Ablehnung“ haben als Männer ? egal ob bei Kunden, Kollegen oder im allgemeinen sozialen Umfeld. Viele Frauen haben darüber hinaus die Befürchtung, in einem männerdominierten Beruf schlechtere Aufstiegschancen zu haben als in einem Job, in dem das Geschlechterverhältnis einigermaßen ausgewogen ist.
DAS INVESTMENT.com: Anscheinend zu Recht. Denn schaut man auf die Chefetagen der größten Finanz- und Versicherungsgesellschaften, finden sich dort kaum weibliche Manager.
Kallmeier: Das liegt aber nicht nur an den Gesellschaften. Auch Frauen selbst sind jetzt gefragt.
DAS INVESTMENT.com: Inwiefern?
Kallmeier: Frauen fühlen sich oft für alles verantwortlich, insbesondere in der Familie beziehungsweise in ihrer Mutterrolle. Daher trifft sie die Doppelbelastung von Beruf und Familie besonders schwer. Denn allen Absprachen und Gleichberechtigungsparolen zum Trotz sind es meist Frauen, die die liegen gebliebenen Hausarbeiten erledigen und ihre beruflichen Termine für die Familie zurückstellen ? selbst wenn sie beruflich genauso viel leisten wie ihre Partner. Selbst wenn der Partner hier vieles „mitmacht“ bleibt häufig das schlechte Gewissen, die Familie zu vernachlässigen. Selbst in der Karriereplanung oder der Zusage zu größeren Projekten wägen Frauen oft zu intensiv ab oder denken zu viel nach.
DAS INVESTMENT.com: Das ist doch gut.
Kallmeier: Natürlich wollen wichtige Entscheidungen auch gut überlegt sein. Wenn aber zu lange nachgedacht und alle Argumente mehrfach abgewogen, oder sich beispielsweise bereits vorab genau darüber Gedanken gemacht werden, ob und wie ein Projekt erledigt werden kann, und welche Auswirkungen eventuelle Änderungen oder Schwierigkeiten für die Familie mit sich bringen könnten, wird „Frau“ schlicht und einfach zu langsam und bekommt das Projekt am Ende nicht. Denn bis eine Frau ‚Ich‘ schreit, haben sich oft schon drei Männer gemeldet.
DAS INVESTMENT.com: Aber der geringe Anteil der weiblichen Führungskräfte kann doch nicht an den Frauen alleine liegen. Schließlich braucht jede Nachwuchsführungskraft Förderer und gut funktionierende Netzwerke.
Kallmeier: Ja, das ist schon richtig. Auch in Sachen Netzwerke haben Frauen oft Nachholbedarf. Aber es ist ja nicht so, dass sie schlechter Kontakte knüpfen und pflegen als ihre männlichen Kollegen. Nur wenn es darum geht, diese Netzwerke für eigene Zwecke einzusetzen, schrecken Frauen häufig zurück. Es fällt ihnen eben selbst in relativ neutralen Netzwerken schwerer, um Rat oder Hilfe zu Fragen, als den Männern. Dabei funktionieren berufliche Netzwerke nach einem einfachen Prinzip ? jeder nutzt seine Kontakte zu seinem Vorteil und so ergibt sich ein Geben und Nehmen. Hier fehlt es den Frauen noch ein bisschen an Selbstbewusstsein.
DAS INVESTMENT.com: Gibt es auch Bereiche im Finanz- und Versicherungsvertrieb, wo Frauen den Männern überlegen sind?
Kallmeier: Überlegen ist vielleicht der falsche Ausdruck, aber ich denke schon, dass sich Frauen generell leichter tun, ein „Vertrauensverhältnis“ zum Kunden oder vor allem zu Neukunden aufzubauen. Auch in der Beratung haben sie häufig eine andere natürlichere Umgangsart. Dies ist in dieser Branche sicherlich kein Nachteil. Ein Kernproblem der Branche ist aber sicher der Vertriebsdruck. Wie eingangs schon erwähnt halte ich Männer diesem eher gewachsen. Je nach Intensität oder Charakter passt man(n) seine Arbeitsweise entsprechend an. Ich hatte schon einen Gewerbekunden, der sehr überrascht war, als ich die Zeit für das Jahresgespräch auf drei Stunden ansetzte. Bei meinem ? männlichen ? Vorgänger ginge das viel schnelle, erklärte er. Vertrieblich gesehen eventuell sogar besser, unterm Strich aber wohl abhängig vom Einzelfall.
Generell ist sicherlich weder jeder Mann noch jede Frau zum „Vertriebler“ geboren, aber mit den richtigen Voraussetzungen und dem entsprechenden Willen brauchen sich die Damen der Branche nicht hinter Ihren Kollegen zu verstecken.
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